Donald Trump feuert Fed-Direktorin

Wieso unabhängige Notenbanken so wichtig sind

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US-Präsident Donald Trump zofft sich mit der US-Notenbank und feuert die Gouverneurin Lisa Cook. Was es mit dem Streit auf sich hat – und wieso er starke Auswirkungen auf den gesamten Kapitalmarkt haben könnte.

Quelle: Melnikov Dmitriy/Shutterstock.com

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien erstmals im April 2025 und wurde nun anlässlich der Entlassung von Fed-Gouverneurin Lisa Cook aktualisiert.

Der Streit zwischen US-Präsident Donald Trump und der US-Notenbank Fed geht weiter. Nachdem Trump bereits angedeutet hatte, Fed-Chef Jerome Powell zu feuern, hat er nun die Fed-Gouverneurin Lisa Cook im Visier.

Wie Trump in dieser Woche erklärte, gebe es Vorwürfe, Cook habe falsche Angaben bei Hypothekenkrediten gemacht. Damit habe er "ausreichende Gründe", um Cook zu entlassen. Trumps Vorgänger Joe Biden nominierte die Wirtschaftsprofessorin 2022 als Gouverneurin des Fed-Direktoriums in Washington D.C.. Regulär endet diese Amtszeit erst 2038.

Trump versucht, über Cooks Entlassung mehr Kontrolle über die Fed zu bekommen. Wiederholt übte der Präsident Druck auf die Notenbank aus, damit die Leitzinsen sinken. Ohne Cook im siebenköpfigen Fed-Direktorium könnte sich Trump eine Mehrheit von vier loyalen Zinshütern sichern, hieß es bei Bloomberg.

"Das ist ein Todesschuss für die Fed-Unabhängigkeit", kommentierte Analyst Aaron Klein von der Denkfabrik Brookings gegenüber Bloomberg. "Trump will, dass die Fed genau das tut, was er fordert, auf Biegen und Brechen."

Eine Notenbank, die nur nach dem Gutdünken des US-Präsidenten agiert, hätte weitreichende Folgen. Wir erklären deshalb, welche Aufgaben eine Notenbank hat und warum Unabhängigkeit ein so elementarer Bestandteil einer funktionierenden Geldpolitik ist.

Was machen Notenbanken?

Notenbanken sind staatliche, beziehungsweise supranationale Institutionen (wie im Falle der Europäischen Zentralbank). Ihre wichtigste Aufgabe ist es, für stabile Preise zu sorgen. Die meisten Notenbanken entstanden zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Mit einer prominenten Ausnahme: Die schwedische Riskbank gibt es schon seit 1664.

Die Preise steuern Notenbanken über die Geldmenge, also wie viel Geld insgesamt im Umlauf ist. Das funktioniert vorrangig über die von den Notenbank festgesetzten Leitzinsen, aber auch über Käufe von Staatsanleihen, wie beispielsweise nach der großen Finanzkrise 2008.

Wie beeinflussen Zinsen und Liquidität die Preise?

Höhere Leitzinsen verteuern Kredite und motivieren dich zum Sparen. Auf der anderen Seite bremsen sie die Nachfrage - denn sich Geld für Anschaffungen oder Investitionen zu leihen, ist nun teurer. Das dämpft die Preise.

Niedrigere Leitzinsen dagegen regen die Kreditvergabe an. Dabei entsteht beispielsweise über die sogenannte "Giralgeld-Schöpfung" neues Geld: Nimmst du zum Beispiel einen Kredit für einen Hauskauf auf, erzeugt die Bank dieses Geld neu.

Neben dieser Liquiditätssteuerung über die Zinsen kaufen Notenbanken unter bestimmten Umständen auch Wertpapiere, um die Geldmenge zu vergrößern. Das war beispielsweise in den USA nach der Finanzkrise oder während der Corona-Pandemie der Fall. Diese "quantitative Lockerung" bleibt als Mittel, wenn die Leitzinsen schon bei null oder im negativen Bereich liegen.

Wann ist Preisstabilität erreicht?

Generell sehen Notenbanken die stabile Preise bei einer Inflation von um die zwei Prozent pro Jahr als gegeben an. Dieser Zielwert orientiert sich unter anderem an den üblichen Wachstumsraten entwickelter Volkswirtschaften.

Bei einer Inflation von null könntest du dir - bei wachsender Konjunktur und Löhnen - real immer mehr leisten. Zudem besteht bei einer solch niedrigen Teuerungsrate die Gefahr einer Deflation, dem Rückgang von Preisen. Das hört sich zwar zunächst gut an. Aber wenn du von immer weiter fallenden Preisen ausgehst, hat du kaum noch Anreize, Geld auszugeben - das wiederum kann die Konjunktur abwürgen.

Was macht die US-Notenbank Federal Reserve besonders?

Anders als die EZB hat die US-Notenbank Federal Reserve, kurz Fed, ein Doppelmandat. Neben der Preisstabilität, auch hier als Inflation von rund zwei Prozent definiert, soll die Geldpolitik der Fed auch eine „größtmögliche Beschäftigung“ erzielen. Allerdings schränkt die Fed selbst ein, dass der Arbeitsmarkt auch durch viele andere Faktoren beeinflusst wird. Es gibt daher keinen festen Zielwert, wie etwa eine bestimmte Arbeitslosenquote.

Zusätzlich bildet die Fed aufgrund ihrer Stellung als Zentralbank der weltgrößten Volkswirtschaft oft die Speerspitze, was geldpolitische Strategien angeht. Ihr Einfluss reicht weit über die Grenzen der USA hinaus, weil beispielsweise Rohstoffe oft in Dollar gehandelt werden, und einige Länder (wie Saudi-Arabien) ihre Währung an den Dollar koppeln.

Warum will Donald Trump Jerome Powell feuern?

Vor seinem Angriff auf Fed-Gouverneurin Cook hatte US-Präsident Donald Trump schon mehrfach erklärt, wie unzufrieden er mit Fed-Chef Jerome Powell selbst ist, den er in seiner ersten Amtszeit zum Kopf der Fed ernannte. „Zu spät“ Powell solle endlich die Zinsen senken, forderte Trump mehrfach auf der Kurznachrichten-Plattform Truth Social. Dabei verweist er auch auf die EZB, die seit der jüngsten Zinswende nun schon sieben Mal die Zinsen gesenkt hat.

Warum Trump niedrigere Zinsen wünscht, obwohl die Inflation in den USA noch über dem Zielwert liegt, ist nicht ganz klar. Eine mögliche Erklärung: Niedrige Zinsen sollen den voraussichtlichen wirtschaftlichen Dämpfer seiner Zollpolitik abfedern. Fed-Chef Powell wiederum will nicht riskieren, dass die Inflation durch Zinssenkungen wieder anzieht.

Wurde jemals ein Notenbankchef gefeuert?

Zumindest nicht in den USA. Es ist zwar üblich, dass hochrangige Minister ihren Posten räumen müssen, wie beispielsweise Außenminister Rex Tillerson während Trumps erster Amtszeit. Ob Trump aber auch den Chef einer unabhängigen Behörde wie der Federal Reserve feuern kann, ist unklar. 

Einen Präzedenzfall gibt es: Den Fall Humphrey gegen die Vereinigten Staaten, 1935. Der damalige Präsident Franklin Roosevelt wollte William Humphrey als Chef der Bundes-Handelskommission FTC entlassen. Humphrey ignorierte die Kündigung. Das oberste Bundesgericht entschied später, dass politische Differenzen allein ein Feuern solcher Staatsdiener nicht rechtfertigen.

Powells zweite Amtszeit als Vorsitzender der Fed läuft im kommenden Frühling aus. Seine Amtszeit als Direktor im Gouverneursgremium der Fed läuft indes noch bis Januar 2028.

Was passiert, wenn eine Notenbank ihre Unabhängigkeit verliert?

Sollte Trumps Regierung die Rechtslage ändern und Powell wirklich als Fed-Präsident feuern, wäre fraglich, ob Powells Nachfolger die Unabhängigkeit der Fed wahrt. Laut Reuters könnte Trump aktuell nur aus den übrigen sechs Direktoren der Fed einen Nachfolger wählen. Davon hat Trump Christopher Waller und Michelle Bowman in seiner ersten Amtszeit nominiert. Beide Fed-Direktoren haben sich aber für die Unabhängigkeit der Fed ausgesprochen.

Die Unabhängigkeit der Notenbanken von der Regierung eines Landes soll sicherstellen, dass politische Ziele nicht über das Mandat der Preisstabilität gestellt werden – wie beispielsweise eine absichtlich herbeigeführte Inflation durch eine drastische Erhöhung der Geldmenge. So könnten Staatsschulden (in eigener Währung) einfach „weginflationiert“ werden – zulasten der Sparer, deren Vermögen real schrumpft. Und zulasten der Verbraucher, deren Kaufkraft schwindet.

Wie schlimm wäre eine nicht mehr abhängige Fed?

Die Auswirkungen wären – vermutlich – nicht auszumalen. Was passiert, wenn eine Notenbank ihre Unabhängigkeit verliert, zeigt sich in der Türkei. Dort erzwingt Präsident Tayyip Erdogan seit Jahren niedrigere Zinsen. Das Resultat: Eine horrende Inflation von teilweise gut 85 Prozent auf Jahressicht. Umgekehrt verliert die Lira seit Jahren an Wert und verteuert so alle importierten Güter für türkische Verbraucher.

Der große Unterschied: Die Fed ist, wie oben erwähnt, nicht einfach nur irgendeine Notenbank. Würde Powell durch einen folgsamen Fed-Chef ersetzt, würde das ohnehin angeschlagene Vertrauen in den US-Dollar und die amerikanischen Finanzmärkte voraussichtlich gänzlich verschwinden – mit möglichen Folgen wie einem Ausverkauf US-amerikanischer Bonds und Aktien, der aufgrund der Größe des US-Markts und seiner Bedeutung bei ETFs und Fonds so gut wie jede und jeden treffen würde.

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