BMW, Daimler und VW: Konjunkturpaket bringt nicht die erhoffte Förderung ++ Bayer und BASF: Ärger mit Unkrautvernichter Dicamba ++ Nel: Aktie gibt einen Großteil der Gewinne wieder ab

onvista · Uhr

Die Gewinner der vergangenen Tage müssen heute wieder Federn lassen. Sowohl die Aktien der deutschen Autobauer, als auch die Papiere der Lufthansa gehören heute nicht zu den Favoriten der Anleger. Bei der Kranich Airline sorgt ein möglicher Dax-Abstieg, der heute beschlossen werden könnte, für trübe Stimmung. BMW, Daimler und VW leiden heute unter dem beschlossenen Konjunkturpaket der großen Koalition.

Marktteilnehmer werten die geplanten Hilfen als Enttäuschung für die deutschen Autobauer – vor allem die Entscheidung gegen Kaufprämien auch für neuere Verbrennungsantriebe. Dies sei eine negative Überraschung, auch wenn eine starke Opposition dagegen klar gewesen sei, kommentierte Autoanalyst Jose Asumendi von JPMorgan.

Senkung der Mehrwertsteuer zusätzliche Hilfe

Der bayerische Ministerpräsident, der eigentlich für eine breitere Förderung der Autobauer gewesen war, versucht dem beschlossenen Konjukturpaket trotzdem gute Punkte für die Autobauer abzuringen. Söder sagte, mit der Senkung der Mehrwertsteuer für alle Motoren und Klassen und Preiskategorien könnten nicht nur die Hersteller, sondern auch die Gewerkschaften gut leben.

Experten und Anleger sehen es etwas anders

Fachleute sehen in den geplanten Hilfen der großen Koalition für die Autoindustrie in der Corona-Krise Licht und Schatten. „Bei der Elektromobilität sind die 6000 Euro für die rein batteriegetriebenen Autos ein sehr kräftiger Impuls“, schrieb Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer vom Duisburger Auto-Forschungsinstitut CAR am Donnerstag zum Paket der Koalitionsspitzen. „Mal sehen, inwieweit die Autobauer ihre heutigen Zuschüsse zu den Elektroautoprämien zurückfahren. Das würde ich nicht ausschließen.“ Mit dem staatlichen Rabatt fördere man zudem nur einen kleinen Teilmarkt. „Es fehlt der große Schub für die restlichen 90 Prozent, und genau die 90 Prozent bewegen unsere Wirtschaft und unser Sozialprodukt“, schrieb Dudenhöffer. Die Elektroprämie sei ein Selbstläufer in der politischen Umsetzung, weil man damit zu „Everybody’s Darling“ werde.

Die Papiere der deutschen Autobauer stehen heute zu Handelsstart kräftig unter Druck. Die Aktien verlieren alle um die 4 Prozent. Was die große Koalition noch alles in dem 130 Milliarden Euro schweren Konjunkturpaket beschlossen hat, können Sie hier nachlesen:

# Gipfeltreffen: Riesiges Konjunkturpaket beschlossen - Mehrwertsteuer runter und Kinder-Bonus - nur Autobauer gucken leicht in die Röhre

Dax gibt ein Stück Boden wieder ab

Die teils kräftigen Verluste der deutschen Autobauer lasten heute auf dem deutschen Leitindex und lassen ihn zäh in den Handelstag starten. Nachdem die Aktien von BMW, Daimler und VW zuletzt die starke Erholung im deutschen Börsenbarometer angetrieben hatten, treten sie heute auf die Bremse. Zudem möchten sich die Anleger vor dem heutigen EZB-Entscheid auch nicht so weit aus dem Fenster lehnen. Packt Christin Lagarde heute auf das bereits beschlossene Hilfsprogramm von 750 Milliarden Euro noch einmal 500 Milliarden Euro oben drauf, dann könnte sich die Stimmung auch schnell wieder aufhellen.

# EZB: 750 Milliarden Euro nicht genug? - packt die Europäische Zentralbank noch einmal 500 Milliarden Euro oben drauf?

Der Dax startet heute mit einem Minus von 0,75 Prozent und 12.393,18 Punkten in den Handelstag.

Bayer und BASF: Wieder steht ein Unkrautvernichter im Fokus

Ein US-Gericht hat eine unter Einschränkungen erteilte Zulassung des Unkrautvernichters Dicamba von Bayer aufgehoben. Auch unter Abwägung der Fehler der US-Umweltschutzbehörde EPA bei der Zulassung im Verhältnis zu den Folgen einer Aufhebung werde dem Mittel die Registrierung entzogen, hieß es in der Begründung des Gerichts vom Mittwoch (Ortszeit) in San Francisco. Die Entscheidung bedeutet, dass Landwirte Dicamaba nun nicht mehr verwenden dürfen, wenngleich sie womöglich viel Geld für Saatgut ausgegeben haben, das gegen den Wirkstoff resistent ist. Von dem Urteil ist auch der Chemiekonzern BASF betroffen, der ebenfalls Dicamba-Produkte vertreibt. Bayer will laut einem Sprecher nun seine Optionen in dem Fall prüfen.

Erst im Februar hatte eine US-Jury Bayer und BASF in einem anderen Rechtsstreit um Dicamba zu millionenschwerem Schadenersatz verurteilt. Insgesamt sollen die beiden Unternehmen einem Pfirsichbauern aus Missouri 265 Millionen US-Dollar zahlen. Er beschuldigt die Konzerne, dass er durch den Einsatz von Dicamba auf benachbarten Feldern Ernteverluste erlitten habe, da Teile des Unkrautvernichters auf seine Plantagen geweht worden sein sollen. Sowohl Bayer als auch BASF kündigten Rechtsmittel gegen das Urteil an.

Lufthansa: Adieu Dax?

Die Kranich-Airline wird in diesem Monat sehr wahrscheinlich ihren Platz im Dax für den Immobilienkonzern Deutsche Wohnen räumen müssen. Auslöser ist der Kurseinbruch der Airline-Aktie im Sog der Corona-Krise. Die staatliche Rettung des Unternehmens hat das Ruder wohl nicht mehr herumreißen können, zumal es zahlreiche Auflagen gibt, die Aktionären kaum schmecken dürften. Die nächste außerordentliche Dax-Überprüfung findet an diesem Donnerstagabend, 4. Juni, statt.

Nach fast 32 Jahren Mitgliedschaft im deutschen Leitindex, zu dem sie seit dessen Gründung gehört, befindet sie sich aktuellen Berechnungen von Index-Experten zufolge nach wie vor auf einem „Fast-Exit“-Platz. Das bedeutet im Fall der Lufthansa, dass ihr am Streubesitz orientierter Börsenwert von aktuell rund 4,2 Milliarden Euro nicht mehr die Verbleibe-Kriterien für eine Dax-Mitgliedschaft erfüllt und sie noch im Juni ihren Platz im Dax wird räumen müssen.

Zum Vergleich: Der erst im März vom SDax in den MDax aufgestiegene Kochboxen-Hersteller Hellofresh kommt auf einen an der Zahl frei handelbarer Aktien orientierten Börsenwert von knapp 5,2 Milliarden Euro.

Mit der Deutsche Wohnen indes stiege nun das zweite Immobilienunternehmen in die erste deutsche Börsenliga auf. Es hofft schon seit geraumer Zeit auf eine Aufnahme, liegt die Streubesitz gewichtete Marktkapitalisierung doch bei etwa 14,4 Milliarden Euro. Bisher sind diese Träume jedoch zum einen am Börsenumsatz des MDax-Unternehmens gescheitert. Zum anderen gab es auch kein Dax-Mitglied, das – wie nun wohl die Lufthansa – die Verbleibe-Regeln nicht mehr erfüllte.

Sollte es zu einem Austausch kommen, würden sich ab Montag, 22. Juni, die Lufthansa im MDax und die Deutsche Wohnen im Dax wiederfinden.

Wichtig sind Index-Änderungen vor allem für Fonds, die Indizes exakt nachbilden. Dort muss dann entsprechend umgewichtet werden, was Einfluss auf die Aktienkurse haben kann.

Kurz und knapp:

Nel: Die Aktie des Wasserstoff-Spezialisten aus Norwegen ist heute kräftig in die Höhe gesprungen und dann auch kräftig wieder zurück gekommen. Hintergrund für die Berg- und Talfahrt ist ein Auftrag des langjährigen Partners Nikola. Die Einzelheiten zu der Bestellung des amerikanischen Wasserstoff-Truck Herstellers können Sie hier noch einmal nachlesen:

# Nel: Da ist das Ding! - Nikola Corporation gibt Bestellung über 30 Millionen Dollar ab - Aktie nachbörslich klar im Plus

Adidas: Der Sportartikelhersteller kommt in China nach dem Lockdown in der Corona-Krise wieder gut aus den Startlöchern. Zwar sei auch im Mai das Kundenaufkommen geringer gewesen als im Vorjahresmonat, teilte der Dax-Konzern am Donnerstag in Herzogenaurach mit. Da die Kunden aber mehr kauften sowie der Onlinehandel außerordentlich wuchs, konnten die Franken das mehr als ausgleichen. „Infolgedessen konnte in China für den Monat Mai ein Umsatzwachstum erzielt werden“, hieß es weiter. Wegen der unerwartet schnellen Rückkehr zu Wachstum geht das Unternehmen jetzt davon aus, dass der Umsatz in China im zweiten Quartal in etwa auf Höhe des Vorjahres liegen wird.

Auch außerhalb von China seien in Asien und den Schwellenländern fast alle Läden wieder in Betrieb. Die Region Asien-Pazifik war für Adidas im vergangenen Jahr der nach Umsatz größte Markt, der zudem stärker zulegen konnte als Nordamerika und Europa. In Europa sind nach derzeitigem Stand rund drei Viertel der Geschäfte offen, wenn auch meist mit verkürzten Geschäftszeiten. Während in Russland rund die Hälfte der Shops geöffnet hat, sind es in Nord- und Lateinamerika noch deutlich weniger als 50 Prozent.

Tiffany: Der französische Luxuskonzern LVMH hat erneut Spekulationen zurückgewiesen, er wolle Aktien des Übernahmeziels Tiffany am freien Markt kaufen. Der Verwaltungsrat habe sich in seiner Sitzung am Dienstag vielmehr auf die Auswirkungen der Coronavirus-Krise konzentriert, hieß es am Donnerstag in einer Stellungnahme des Pariser Konzerns. Dabei sei es auch um den möglichen Einfluss der Pandemie auf die Geschäftszahlen und Perspektiven von Tiffany im Lichte der Vereinbarung beider Unternehmen gegangen. Ob es die Möglichkeit für eine Nachverhandlung des Übernahmepreises gibt, dazu machte LVMH keine Angaben.

Von Markus Weingran / dpa-AFX

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