Wirecard: Nächstes Eigentor? – Hedgefonds reicht Klage ein – Aktie bleibt relativ gelassen
Eigentlich sollte der KPMG-Sonderbericht ein solches Szenario ja aus der Welt schaffen. Aber das dieser Schuss nach hinten losgegangen ist, wird nicht erst seit heute klar. Allerdings reagiert die Aktie auf die heutige Klage von TCI gegen Wirecard nicht sehr stark. Es regt sicherlich zum Schmunzeln an, dass der britische Hedgefonds einen Tag, nachdem die Wirecard-Aktie zu einer größeren Erholung angesetzt hat, die Klage publik macht. Bei Wirecard war zunächst niemand für eine Stellungnahme erreichbar.
Vorwürfe genau so dünn, wie der Sonderbericht?
Der britische Finanzinvestor, der in größerem Stil auf einen Kursverfall der Wirecard-Aktie wettet, reichte Strafanzeige gegen Manager des Zahlungsabwicklers bei der Staatsanwaltschaft München ein, wie TCI heute mitteilte. Aus dem Ende April von KPMG vorgelegten Sonder-Prüfbericht ergäben sich Hinweise, dass bestimmte Geschäfte des Konzerns möglicherweise strafrechtlich relevant seien. Die Anschuldigungen hören sich ein Bisschen nach einem Schuss ins Blaue an. Unangenehm sind sie trotzdem und für Wirecard – bedeutet die Klage doch eine weitere Baustelle, die aufgemacht wird. davon gibt es in Aschheim schon wahrlich genug. So muss sich der Dax-Konzern ja auch noch mit der Frankfurter Wertpapierbörse, der Bafin und einer Schadensersatzklage eines Anlegers auseinandersetzen:
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Viele Bemühungen bisher im Sand verlaufen
Nach der Veröffentlichung des Sonderberichts hat Wirecard so einiges unternommen, um die Wogen wieder zu glätten. Der Vorstand wird umgebaut und Markus Braun hat sich entschuldigt. Unterm Strich hat das alles aber nicht die Gemüter beruhigen. Sogar der Start ins neue Geschäftsjahr konnte den Kursverfall nicht stoppen.
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Experten kehren Wirecard den Rücken zu
Auch die Analysten haben nachdem Sonderbericht das Vertrauen in den Dax-Konzern ein gutes Stück verloren. Vor dem KPMG-Bericht votierte der überwiegende Teil der Gilde für „kaufen“. Nach der Veröffentlichung sind einige Analysten von dieser Ansicht zurückgetreten und auch die Bafin machte klar, dass es in diesem Fall keine Einschränkung für die Short-Seller gibt, die sich seit dem Sonderbericht kräftig die Finger reiben.
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Unsicherheit bleibt
Wirecard hat eine große Chance für mehr Vertrauen in das Geschäftsmodell verspielt. Das wurde erst wieder vergangenen Freitag deutlich, als die Nachricht, dass die Gesellschaft Al Alam Solutions FZ LLC, ein umstrittener Partner von Wirecard, geschlossen werde, die Aktie in der Spitze um mehr als 13 Prozent einbrechen ließ.
Die Reaktion auf die heutige Klage von TCI zeigt aber auch, dass die Anleger wohl auch gelernt haben zu unterscheiden, wo wirklich etwas dran ist und wo einfach nur auf den Kurs gedrückt werden soll. Das lässt zumindest ein wenig für die Zukunft hoffen. Allerdings dürfte es noch eine ganze Zeit dauern, bis die Aktie wieder an „alte Zeiten“, von denen viele Anleger immer noch träumen, anknüpft.
Von Markus Weingran
Foto: Hompage Wirecard