Markt Update: US-Inflation bremst Dax-Erholung – Zinserhöhung der Fed gilt als sicher – Euro wieder auf Parität

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Die überraschend hohe Inflation in den USA hat am Dienstag die jüngste Kurserholung am deutschen Aktienmarkt ausgebremst. Weil die frisch veröffentlichten US-Daten für August als Zeichen für weitere deutliche Zinserhöhungen durch die US-Notenbank Fed gewertet wurden, drehte der Dax ins Minus und schloss 1,59 Prozent tiefer bei 13 188,95 Punkten. Der MDax der mittelgroßen Werte verabschiedete sich mit einem noch deutlicheren Abschlag von 3,32 Prozent auf 25 317,44 Zähler aus dem Handel.

Der Stimmungsumschwung an den Aktienmärkten kam abrupt, denn der deutsche Leitindex hatte nach der jüngsten Kursrallye zunächst weiter den Weg nach oben gesucht. Dabei hatte das Börsenbarometer ein weiteres Hoch seit rund drei Wochen markiert. Die US-Daten brachten Anlegern jedoch die Konjunktursorgen wieder stärker ins Bewusstsein. Zudem lassen höhere Zinsen festverzinsliche Wertpapiere wie Anleihen gegenüber Aktien attraktiver erscheinen. "Die Preisentwicklung zeigt nicht die erhoffte Entspannung", kommentierten die Experten der NordLB. Mit einer Inflationsrate von 8,3 Prozent hatte die Dynamik des Preisanstiegs in den USA etwas weniger stark nachgelassen als erhofft.

Es gilt als sicher: Fed erhöht Zinsen am 21. September

Für Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, ist nunmehr in den USA "eine Zinserhöhung um 0,75 Prozentpunkte im September in Stein gemeißelt." Sollte die Inflationsdynamik im Dienstleistungssektor hoch bleiben, werde die US-Notenbank zudem nicht umhinkommen, bei ihren Sitzungen im November und Dezember "deutlicher an der Zinsschraube zu drehen, als bislang erwartet wird".

Einzelwerte im Überblick

An den Aktienmärkten in Europa und auch hierzulande gerieten die besonders stark konjunkturabhängigen Technologiewerte unter Druck - steigende Zinsen gelten für sie als "Gift". Im Dax rutschten Aktien des Kochboxenversenders Hellofresh um gut 6,8 Prozent ab. Noch stärker verloren die Papiere des Online-Einzelhändlers Zalando am Dax-Ende mit 8,3 Prozent. Hier belastete zudem ein erneut gesenkter Ausblick durch den britischen Online-Lebensmittelhändler OCADO .

Auch Werte aus der stark kreditfinanzierten Immobilienbranche gerieten unter die Räder, auch sie sind zinsempfindlich. Für Vonovia ging es um rund fünf Prozent abwärts, ähnlich stark verloren im MDax Branchenvertreter wie Deutsche Wohnen , LEG , Grand City Properties und Aroundtown .

An der Dax-Spitze fanden sich RWE mit einem Aufschlag von 2,9 Prozent wieder. Sie schlugen sich damit noch deutlich besser als der europäische Versorger-Sektorindex, der mit einem dünnen Abschlag das Branchentableau in Europa anführte. Versorger gelten in unsicheren Zeiten als defensiv, gerade jetzt in der Energiekrise. Derweil sieht der JPMorgan-Analyst Javier Garrido bei den RWE-Aktien noch Luft, da ihre Bewertung bislang noch für die Zukunft einen sehr niedrigen Strompreis einpreise.

Bayer -Aktien schlossen knapp ein halbes Prozent tiefer. Sie waren zeitweise um mehr als drei Prozent angesprungen als Reaktion auf einen Bericht von Bloomberg, wonach der Pharma- und Agrarchemiekonzern laut Insidern mit der Suche nach einem Nachfolger für Konzernchef Werner Baumann begonnen haben soll. Allerdings sei nicht klar, ob der Manager schon vor dem Ende seines Vertrages im April 2024 ersetzt werden solle. Viele Anleger kreiden Baumann nach wie vor den Kauf der US-Saatgutfirma Monsanto an, dem kostspielige Rechtsstreitigkeiten rund um den Unkrautvernichter Glyphosat folgten.

Auch in Europa schoben die US-Daten einer weiteren Erholung einen Riegel vor. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 verabschiedete sich mit einem Minus von 1,65 Prozent auf 3586,18 Punkte aus dem Handel. Verluste von mehr als einem Prozent verbuchten auch die Leitbörsen in Paris und London. In New York stand der Dow Jones Industrial zum europäischen Börsenschluss mit rund 2,7 Prozent im Minus.

Am Rentenmarkt gab die Umlaufrendite weiter nach und fiel von 1,58 Prozent am Vortag auf 1,55 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,21 Prozent auf 131,25 Punkte. Der Bund-Future gab um 0,53 Prozent auf 143,29 Zähler nach.

Devisen: Hohe US-Inflation belastet den Euro

Der Euro hat durch die unerwartet hohe Inflation in den USA einen Dämpfer erhalten. Nach anfänglichen Gewinnen rutschte die Gemeinschaftswährung am Nachmittag auf 1,0005 US-Dollar ab. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0175 (Vortag: 1,0155) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,9828 (0,9847) Euro.

Der Aufwärtstrend des Euro fand ein Ende, nachdem die Nachricht über eine unerwartet hohe Inflation in den USA die Märkte in Bewegung gesetzt hatte. Zwar schwächte sich die Jahresinflationsrate von 8,5 Prozent im Vormonat auf 8,3 Prozent ab. Analysten hatten jedoch im Schnitt mit einem noch stärkeren Rückgang auf 8,1 Prozent gerechnet. Volkswirte verwiesen zudem darauf, dass die Kerninflationsrate - also ohne Lebensmittel und Energie - gestiegen sei.

Mit der überraschend hohen Teuerung steigt auch der Druck auf die US-Notenbank Fed, sich mit weiteren deutlichen Zinserhöhungen gegen die Inflation zu stemmen. "Die Fed muss weiter kräftig auf die Bremse treten, auch um den Preis einer etwaigen Rezession", schrieb Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner in einem Kommentar. Eine Zinserhöhung um 0,75 Prozentpunkte auf der Sitzung in der kommenden Woche sei praktisch sicher.

Keine größeren Auswirkungen hatten am Vormittag die deutlich gefallenen ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland. Das Barometer des Mannheimer Forschungsinstituts fiel deutlicher als von Experten erwartet und erreichte den tiefsten Stand seit der Finanzkrise 2008.

Zu anderen wichtigen Währungen legte die EZB die Referenzkurse für einen Euro auf 0,86793 (0,86778) britische Pfund, 144,50 (144,49) japanische Yen und 0,9669 (0,9667) Schweizer Franken fest. Die Notierung für eine Feinunze Gold rutschte zwischenzeitlich auf den tiefsten Stand seit knapp einer Woche. Am Nachmittag wurde die Feinunze in London noch für rund 1703 Dollar gehandelt. Das waren gut 17 Dollar weniger als am Vortag.

Ölpreise fallen nach US-Inflationsdaten

Die Ölpreise sind am Dienstag nach US-Inflationsdaten unter Druck geraten. Am Nachmittag kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 92,97 US-Dollar. Das waren 1,05 Dollar weniger als am Vortag. Der Preis für ein Barrel der US-amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) sank um 0,54 Dollar auf 86,73 Dollar.

Belastet wurden die Ölpreise, durch die in den USA im August höher als erwartet ausgefallene Inflationsrate. Zwar schwächte sich die Jahresinflationsrate auf 8,3 Prozent etwas ab. Volkswirte hatten jedoch einen stärkeren Rückgang erwartet. Die aussagekräftigere Kerninflation (ohne Energie- und Lebensmittel) zog zudem an. Weitere deutliche Zinserhöhungen durch die US-Notenbank Fed wurden noch wahrscheinlicher.

Der daraufhin zu allen wichtigen Währungen gestiegene Dollar-Kurs belastete die Ölpreise. Rohöl wird so für Käufer aus anderen Währungsräumen teurer. Zudem dürften höhere Zinsen die wirtschaftliche Entwicklung in den USA belasten. Dies sollte die Nachfrage nach Rohöl dämpfen.

Redaktion onvista/dpa-AFX

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