Kolumne von Alexander Mayer

Bitcoin im Bann des Yen Carry Trades – Ist das Schlimmste bereits vorbei?

decentralist.de · Uhr
Quelle: Overearth/Shutterstock.com

Die Märkte sind im Krisenmodus. Ende letzter Woche hat ein schwächer als erwartet ausgefallener US-Arbeitsmarktbericht bereits eine Korrektur in Gang gesetzt. Das richtige Börsenbeben erreichte uns jedoch am Montag, als eine drastische Aufwertung des japanischen Yen gegenüber dem US-Dollar die Auflösung des Yen-Carry-Trades in Gang gesetzt und für extreme Marktturbulenzen gesorgt hat. Die Bank of Japan erhöhte letzten Mittwoch die Zinsen, was den Yen gegenüber dem Dollar hat aufwerten lassen.

Der Yen Carry Trade hat in den letzten Jahrzehnten funktioniert, indem Trader sich zu niedrigen Zinsen in Yen verschuldet haben, diese in Dollar umgetauscht und in höher verzinste US-Vermögenswerte investiert haben, um mit einer positiven Gesamtrendite aus dem Trade herauszukommen. Mit der Zinserhöhung in Japan und der damit verbundenen Aufwertung des Yen wird dieser Trade nun jedoch weniger rentabel – beziehungsweise für viele Marktteilnehmer bereits zu einem Verlustgeschäft.

Marktteilnehmer müssen ihre Positionen auflösen, was zu Verkaufswellen bei US-Aktien und einem weiteren Aufwertungsdruck im Yen führt. Der Nikkei erlebte daraufhin seinen größten Tagesverlust seit 1987 mit einem Minus von 12 Prozent, da der steigende Yen auch viele japanische, in Yen verschuldete Marktteilnehmer unter Druck gesetzt hat.

Auswirkungen auf den Krypto-Markt

Der Krypto-Sektor wurde von der Volatilität am Montag und dem allgemeinen Deleveraging besonders heftig durchgeschüttelt. Spekulationen zufolge könnte ein großer Akteur wie Jump Trading, ein bedeutendes US-Investmentunternehmen welches auch als Market Maker im Krypto-Sektor agiert, zu stark im Krypto-Sektor oder im Yen Carry Trade engagiert gewesen sein und nun dringend Liquidität benötigen.

Diese Notverkäufe von Bitcoin und Ethereum könnten auch am Wochenende erfolgt sein, als das Handelsvolumen niedrig war. Dies berichten zumindest einige Marktbeobachter auf Twitter, die entsprechende Wallets verfolgen, die mit Jump Trading in Verbindung gebracht werden. Laut diesen wurden unter anderem Ether im Wert von 500 Millionen Dollar bewegt. Im Zuge dieser Marktturbulenzen ist der Bitcoin-Kurs am Montag kurzzeitig bis unter die Marke von 50.000 Dollar gecrasht. Allerdings konnte er sich im Einklang mit der starken Erholung an den Gesamtmärkten mittlerweile wieder über die Marke von 60.000 Dollar absetzen.

Quelle: Tradingview

Derzeit liegt eine charttechnische Hürde beim 200-Tage-Trend, den der Kurs im Zuge der Korrektur bereits letztes Wochenende eingebüßt hatte.

Ist die Gefahr schon vorbei?

Die Bank of Japan hat sich schnell mit beschwichtigenden Worten an die Märkte gewandt und versichert, dass sie die Zinsen nicht weiter erhöhen werden, solange die Märkte diese Art von Fragilität zeigen. Das hat, in Kombination mit der nun wieder sehr starken Erwartungshaltung der Märkte daran, dass die Fed die Zinsen deutlich senken wird, zu einer schnellen Erholung geführt. Direkt nach den Marktverwerfungen am Montag wurden bereits Notfallzinssenkungen diskutiert.

Für das nächste offizielle Meeting geht ein Großteil des Marktes nun von einer Zinssenkung um mindestens 0,5 Prozent aus. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass die Fed vor ihrem nächsten Treffen im September die Zinsen senkt – und auch eine Senkung um 0,5 Prozent ist nicht gegeben. Die jüngsten Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe, die besser ausgefallen sind als erwartet, deuten darauf hin, dass die Wirtschaft nicht schwach genug ist, um eine sofortige Zinssenkung zu rechtfertigen. Hinzu kommt, dass eine Notfall-Zinssenkung die Auflösung des Yen Carry Trades weiter befeuern könnte, da dadurch der Yen gegenüber dem Dollar weiter aufwertet und die Dynamik erneut in Gang setzt.

Unmittelbar könnte also Enttäuschungspotenzial bestehen. Hinzu kommt, dass nach den Verwerfungen am Montag weitere Risse an die Oberfläche kommen könnten. Die Auflösung des Yen Carry Trades könnte nur der erste Dominostein gewesen sein, der durch nun aufgerissene Löcher in den Balancesheets verschiedener Marktteilnehmer zu einer Kettenreaktion führen könnte. Seit der Extremsituation durch die Pandemie und die damit einhergehenden, drastischen geldpolitischen Maßnahmen sind die Finanzmärkte in einem fragilen Zustand. Wie beispielsweise die US-Bankenkrise im März 2023 gezeigt hat, reicht oft nur ein kleiner Windstoß, um die Probleme erneut in Gang zu setzen.

Wie geht es weiter?

Ich traue der starken Erholung noch nicht ganz, dafür ist zu viel Sand im Getriebe der Finanzmärkte. Allein der Spike des Volatilitätsindex auf den dritt höchsten Wert seit der Finanzkrise 2008 und dem Covid-Crash zeigt, dass unter der Oberfläche noch eine Menge Fragilität in den Finanzmärkten herrscht.

Quelle: Tradingview

Ein möglicher BlackSwan ist derzeit nicht die größte Gefahr für die Märkte, sondern die vielen Baustellen, von denen man weiß, dass sie da sind, nur nicht, welche davon die Märkte wann durch einen Einsturz belasten werden. Der Yen Carry Trade wurde auch bereits seit Monaten wieder als potenzielle Gefahr diskutiert, nun ist er ein reales Ereignis an den Märkten. Eines ist jedoch sicher: Auch wenn die Federal Reserve vielleicht sogar mit einer Zinssenkung von „nur“ 0,25 Prozent im September enttäuschen könnte – und damit im schlimmsten Fall weitere Marktturbulenzen hervorruft.

Die mittelfristige Antwort auf diese Probleme wird geldpolitische Lockerung sein. Sprich: Zinssenkungen und im Falle von schweren Marktverwerfungen auch wieder direkte Liquiditätsinjektionen in die Märkte. Das wird die Märkte erneut antreiben und vor allem der Bitcoin-Kurs, der besonders sensibel auf Liquidität reagiert, wird davon profitieren. Zum Schluss noch ein Gedankenanstoß für Investoren, die sich vielleicht fragen, warum Bitcoin immer am meisten crasht, obwohl er doch eigentlich ein Wertspeicher sein soll. Bitcoin ist der einzige wirklich freie Markt.

Während die Finanzmärkte bestimmte Handelszeiten haben, ist Bitcoin 24/7 verfügbar. Zudem waren am Montag diverse große Handelsplattformen wie Schwab, Vanguard und Co. zwischenzeitlich nicht verfügbar. An der Börse in Südkorea wurde der Handel ausgesetzt. Die Bitcoin-Blockchain läuft immer. Marktakteure, die durch einen drohenden Margin Call an einem Wochenende Liquidität brauchen, sind gezwungen zu verkaufen und verkaufen das Einzige, dass verkauft werden kann, ob sie wollen oder nicht.

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