Trotz Fed-Zinssenkung bleibt der September eine Herausforderung für Bitcoin
Die Federal Reserve hat in dieser Woche die Erwartungen der Märkte tatsächlich erfüllt und einen großen Zinsschritt um 0,5 Prozent vorgenommen – zur Überraschung einiger Analysten, denn die Entscheidung beinhaltet durchaus einige Widersprüche.
Die Fed geht davon aus, dass die Inflation in Richtung des gewünschten Zwei Prozent-Ziels weiter sinken wird und die Arbeitslosenquote bis 2026 stabil bleibt. Der Vorsitzende der Fed, Jerome Powell, betonte, dass die US-Wirtschaft weiterhin einen robusten Eindruck macht.
Er bekräftigte zudem, dass die Fed nicht in Eile ist, die Zinsen weiter zu senken, sondern dass die Notenbank weiterhin datenabhängig agieren wird. Der Fed Dot Plot weist jedoch auf zwei weitere kleine Zinssenkungen in den zwei verbleibenden Sitzungen in diesem Jahr hin, sowie auf Senkungen um insgesamt 100 Basispunkte in 2025 und weitere 50 Basispunkte für 2026.
Dies ist das übliche strategische Gerede, um eine zu große Volatilität an den Märkten zu verhindern. Tatsache ist jedoch, dass die Fed in einem Umfeld senkt, in der die Wirtschaft immer noch ein solides Wachstum aufweist, während die Inflation weiterhin deutlich über der gewünschten Zwei Prozent-Marke notiert.
Warum spricht man von einer robusten Wirtschaft, wenn man mit einer großen Zinssenkung so agiert, als würde man sich in einer kritischeren Lage befinden? Entweder machen sich die Notenbanker doch größere Sorgen um die US-Wirtschaft als öffentlich kommuniziert oder die Maßnahmen sind politisch motiviert, um das wirtschaftliche Bild (und die Bewertungen an den Finanzmärkten) für die US-Wahl positiv zu halten.
An den Märkten zeigt sich der Widerspruch
Die unmittelbare Reaktion der US-Aktienmärkte zeigt recht gut, dass der Spalt zwischen Kommunikation und Handeln der Fed nicht unbedingt für Klarheit sorgt. Nach einer initialen Rally hat der S&P 500 seine Gewinne am Mittwochabend komplett wieder abgegeben und ist ins Minus gerutscht. Zum Ende der Woche zeichnet sich jedoch ein neues Rekordhoch ab, nachdem die Entscheidung verdaut wurde.
Der Bitcoin-Kurs hat ebenfalls eine Rally hingelegt und konnte zurück über sein Bullmarket-Supportband und über die Marke von 63.000 Dollar klettern. Nun tritt der 200-Tage-Trend als nächster entscheidender Widerstand auf.
Auf den ersten Blick signalisiert eine Zinssenkung ein positiveres Umfeld für Risk-On-Assets, da die Liquiditätsbedingungen sich verbessern. Auf den zweiten Blick könnte man den Anstieg von Bitcoin – genauso wie den Anstieg von Gold nach dem Fed-Entscheid – jedoch durchaus als Sorge vor einer Rückkehr der Inflation bewerten.
Während die lockere Fiskal-Politik der US-Regierung seit der Pandemie ungehemmt Geld in die Wirtschaft und in die Märkte schleust, wechselt nun auch die Geldpolitik in eine lockere Richtung. Die Zeichen stehen auf einer weiteren Runde massiver Geldmengenausweitung. Das ist perspektivisch auch notwendig, um die Schuldenkrise der US-Regierung auffangen zu können. Während Assets wie Bitcoin und Gold davon profitieren, spricht dies jedoch dafür, dass die Gefahr der Inflation langfristig noch nicht vorbei sein könnte. Das verspricht weiteren Druck für den US-Konsumenten und möglicherweise eine erneute Trendumkehr der Fed.
Der Yen bleibt ein Problem
Ein weiterer Fallstrick, der sich durch die größer als erwartet ausgefallene Zinssenkung ergibt, ist der immer noch unter der Oberfläche brodelnde Yen-Carry-Trade. Durch die große Zinssenkung sinkt der Abstand zwischen dem japanischen und dem US-Zinsniveau und damit potenziell auch der Abstand zwischen der Bewertung des Yen und des Dollars noch schneller. Das macht eine weitere Auflösung des Yen-Carry-Trades und damit eines Verkaufs von diversen Vermögenswerten, die mit dem Carry-Trade gekauft wurden, wahrscheinlicher. Anfang August hatte diese Dynamik bereits zu einem Beben an den globalen Märkten geführt.
Derzeit zeigt sich hier ein uneinheitliches Bild. Während der Dollar nach dem Fed-Entscheid zunächst weiter abgewertet ist, konnte er seinen charttechnischen Support bei 100 Punkten jedoch halten und zeigt sich seitdem volatil.
Der Yen hingegen ist zunächst sogar gegenüber dem Dollar abgewertet. Der Markt versucht derzeit anscheinend noch, die neue Situation zu bewerten. Hilfreich war, dass die Bank of Japan am Freitag den Leitzins nicht weiter erhöht, sondern auf einem Niveau von 0,25 Prozent belassen hat. Ökonomen erwarten jedoch weitere Zinserhöhungen bis Jahresende.
Der September liefert weiterhin Korrektur-Potenzial
Trotz der Erholungsrally bleibt der September eine kritische Phase für die Bitcoin-Kursentwicklung, einerseits aufgrund der Saisonalität, die eher für Kursschwäche spricht, andererseits aufgrund der Unsicherheit an den Finanzmärkten, die auch Bitcoin beeinflusst. Sollte der Yen-Carry-Trade erneut ein Thema werden, dann dürfte darunter auch Bitcoin leiden, da die Kryptowährung als besonders liquides Asset eher abverkauft wird, wenn Marktteilnehmer entsprechend zum Verkauf gezwungen sind, um genügend Liquidität zur Schließung des Trades aufzubringen.
In meinen Augen bleibt ein mögliches Worst Case Szenario ein Test der Ausbruchszone bei 48.000 Dollar, bevor es im vierten Quartal wieder in einen neuen Aufwärtstrend gehen kann, da die fundamentalen Bedingungen in Sachen Liquidität sich wieder in die richtige Richtung bewegen. Eine mögliche Eskalation des Yen-Dollar-Problems wird ohne Zweifel mit geldpolitischen Interventionen beantwortet werden.
Currency Swaplines zwischen der Fed und der BoJ, um die Abwicklung des Yen Carry Trades direkt über das Balancesheet der BoJ abzuwickeln, bleiben eine denkbare Option. Dies würde neue Dollars in die Finanzmärkte spülen und damit die Liquidität weiter erhöhen.
Denken Sie langfristig!
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