Marktreaktionen zum Nahostkonflikt

„Jetzt kommt es ganz darauf an, ob der Iran den Ölpreis als Waffe einsetzt“

onvista · Uhr

Überraschend haben die USA in den Konflikt zwischen dem Iran und Israel eingegriffen - und die Ölpreise sprangen am Sonntag merklich an. Doch schon am Montag zeigen sich die Märkte unerwartet unbeeindruckt von der neuen Eskalation. Die Bewegungen im Überblick.

Kursverläufe sind vor einer Ölbohranlage zu sehen.
Quelle: Adobe.com/Who is Danny

Wenn aus zwei Wochen auf einmal wenige Tage werden: Obwohl er sich noch Zeit lassen wollte, hat US-Präsident Donald Trump am Wochenende unvermittelt in den Konflikt zwischen dem Iran und Israel eingegriffen.

Drei Atomanlagen des Regimes griffen die USA mit Bombern an – eine weitere Eskalation im Nahostkonflikt. Die Märkte nahmen diese Wendung der Ereignisse aber unerwartet gelassen an.

Die Börsen - so gut wie keine Reaktion

So eröffnete der deutsche Leitindex Dax am Montag zunächst schwächer, allerdings nur moderat. Zwischenzeitlich drehte das Börsenbarometer sogar ins Plus, notierte zuletzt aber wieder leicht tiefer bei 23.300 Punkten.

Was hier womöglich eine Rolle spielt: Schon in der Vorwoche hatte der Dax leicht nachgelassen, in der Woche davor ebenfalls. Seit Monatsbeginn tendiert der Index leichter, vom jüngsten Allzeithoch bei rund 24.480 Punkten hat sich der Dax mehr als 1.000 entfernt. Daher war das Potenzial, durch geopolitische Ereignisse zurückgeworfen zu werden, im Vorfeld ohnehin gering.

Auch die Wall Street zeigte zum Wochenauftakt so gut wie keine Reaktion auf den Eingriff der USA in den Konflikt. Die Futures deuteten am Sonntagabend (europäischer Zeit) noch moderate Verluste an, am Montag wiederum lagen die großen Indizes vorbörslich leicht im Plus.

Zum Handelsauftakt am Montagnachmittag bewegten sich Dow Jones, S&P 500 sowie der Tech-lastige Nasdaq 100 erwartungsgemäß nur wenig von der Stelle. Der Volatilitätsindex VIX trat ebenso auf der Stelle - die Nervosität unter den Anlegern ist verglichen zum Freitag also nicht angestiegen. Ölpreis-sensible Werte wie Exxon Mobil und Chevron lagen sogar um jeweils rund ein Prozent im Plus.

So verhält sich der Ölpreis

Umgekehrt fielen die Ölpreise am Montag wieder zurück, obwohl eine Vergeltungsmaßnahme des Irans sein könnte, die Straße von Hormus zu blockieren – eine der Lebensadern des Ölhandels auf See.

Trotz dieser Aussicht rutschte die Indikation für den Brent-Ölpreis am Montag um satte 9,2 Prozent auf 77,83 Dollar je Barrel ab. Damit notiert der Preis etwa auf dem Niveau des Freitags. Erklärt wird der Verlust durch den heftigen Sprung der Öl-Futures in der Nacht auf Montag. Kurzzeitig hatten die Kurse zu diesem Zeitpunkt bei 86 Dollar je Barrel notiert.

Ähnlich sieht es bei der US-Sorte WTI aus. Nach einem deutlichen Sprung in der Nacht fielen die Preise am Montagmorgen zurück. Mit einem Fasspreis von 74,65 Dollar rangiert der Preis auf dem Niveau vor dem Wochenende.

Auch die „sicheren Häfen“ werden nicht nachgefragt

Wie unbesorgt der Markt angesichts der Eskalation bleibt, zeigt auch der Goldpreis. Gegen Mittag kostete eine Feinunze (31,1 Gramm) des Edelmetalls 3.374 US-Dollar und damit etwas mehr als am Freitag. Jedoch hat der Preis in der vergangenen Woche, trotz der geopolitischen Unsicherheit, etwas nachgegeben und sich von der jüngst eroberten Marke von 3.400 Dollar entfernt. Üblicherweise wird Gold in volatilen Marktphasen als „sicherer Hafen“ nachgefragt.

Auch bei Anleihen gab es nur wenig Bewegung. Werden die festverzinslichen Papiere in Krisenzeiten gesucht, steigen die Preise und umgekehrt sinken die Umlaufrenditen deutlich. Tatsächlich aber handelten zehnjährige US-Bonds kaum verändert bei 4,36 Prozent, während sich deutsche Anleihen gleicher Laufzeit mit 2,5 Prozent Umlaufrendite ebenfalls kaum bewegten.

Wie geht es nun weiter?

Alles hängt, wie bereits oben erwähnt, an der Reaktion vonseiten des Irans. "Die Versorgungsrisiken für die Energiemärkte haben angesichts der Unsicherheit über die Vergeltungsmaßnahmen des Iran deutlich zugenommen", kommentierten Experten der ING am Montag und verwiesen dabei auf eine etwaige Blockade des Seewegs im Persischen Golf. Durch die Wasserstraße wird täglich ein Fünftel des globalen Öl-Angebots verschifft.

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Laut dem Rohstoffstrategen Warren Patterson glaubt der Markt aber noch nicht daran, weil die Meerenge vor allem für Transporte nach Asien relevant sei. Damit würde der Iran vor allem China treffen - ein ihm noch näherstehendes Land treffen.

„Es kommt nun wirklich darauf an, ob der Iran den Ölpreis als Waffe einsetzt“, schrieb Jim Reid von der Deutschen Bank am Montag in einem Kommentar. Eine Blockade der Straße von Hormus könnte den Barrelpreis bis auf 120 Dollar treiben. Wie andere Analysten auch verwies Reid aber auf die momentan eher als gering eingeschätzte Wahrscheinlichkeit dieses Szenarios am Markt.

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Ein Öltanker ist aus der Luft zu sehen.

„Bei Polymarket wird eine Blockade vor Juli aktuell mit einer Wahrscheinlichkeit von 32 Prozent bepreist, deutlich über den 10 Prozent am Freitag, aber ebenso deutlich unter den 52 Prozent, die noch am Sonntagnachmittag angesetzt wurden“, merkte Reid an. Polymarket ist ein sogenannter Prognosemarkt, auf welchem Anleger auf bestimmte Szenarien setzen können. Die Nachfrage nach einem bestimmten Ereignis bestimmt dabei den Preis eines Kontrakts, und signalisiert somit eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Eintritts.

Da die USA seit geraumer Zeit ein Nettoexporteur von Energieträgern sind, wäre der ökonomische Einfluss einer Blockade hier nur indirekt gegeben – etwa eine wieder höhere Teuerung, wodurch die US-Notenbank Federal Reserve die Zinsen länger oben halten müsste.

Für Europa jedoch könnte es etwas ernster werden. Ein dauerhafter Anstieg der Ölpreise um zehn US-Dollar je Barrel könnte laut Reid die Inflation um 0,25 Prozentpunkte anheben und gleichzeitig das Wachstum um den gleichen Betrag ausbremsen.

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