Dax erneut unter Feuer – Zinssorgen und Tech-Sektor treiben Anleger in die Flucht – Deutsche Bank und Commerzbank stechen positiv hervor

onvista · Uhr

Die Anleger haben deutschen Aktien am Donnerstag wegen aufgefrischter Zinssorgen und einem herben Rückschlag im globalen Tech-Sektor wieder den Rücken zugedreht. Vor allem nach der Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) war der Dax <DE0008469008> am Nachmittag stärker unter Druck geraten. Der Leitindex schloss 1,57 Prozent tiefer bei 15 368,47 Punkten. In der zweiten deutschen Börsenreihe büßte der MDax <DE0008467416> 1,16 Prozent auf 33 643,13 Punkte ein.

Schwache US-Börsen nach erschreckenden Zahlen des Facebook-Konzerns Meta <US30303M1027> trieben die Anleger ebenso um wie die wieder größer gewordenen Zinssorgen. Ungeachtet einer im Januar rekordhohen Teuerung in der Eurozone hält die EZB zwar an ihrem ultralockeren geldpolitischen Kurs fest. Im geldpolitischen Rat herrsche aber durchweg Besorgnis wegen der Entwicklung, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde nach der Zinssitzung.

Für die nächste Sitzung im März kündigte sie eine genauere Untersuchung an, laut der NordLB wird danach eine zügigere Straffung der Geldpolitik wahrscheinlich. Wie Chefvolkswirt Christian Lips von der Landesbank betonte, wiederholte Lagarde auch nicht die Aussage, dass eine Zinserhöhung in 2022 sehr unwahrscheinlich sei. Damit habe sie „letztlich die Tür für einen ersten Zinsschritt noch in diesem Jahr aufgestoßen“, so der Experte.

Auch Jan Viebig, Investmentstrage bei der Oddo BHF Bank, rechnet damit, dass die EZB ihren geldpolitischen Kurs irgendwann in diesem Jahr korrigieren muss. Ähnlich war es zuvor schon den US-Währungshütern gegangen. „Die Ratsmitglieder haben das abschreckende Beispiel der Fed vor Augen, die deutlich hinter die Kurve gerutscht ist und nun früher und drastischer gegensteuern muss als lange Zeit von ihr kommuniziert“, sagte der NordLB-Experte Lips.

Werte aus der Online-Branche gerieten auf beiden Seiten des Atlantiks mit der Facebook-Mutter Meta <US30303M1027> schwer unter Druck. Während deren Titel in New York um ein Viertel einbrachen, büßten hierzulande die Papiere der Internet-Werte Delivery Hero <DE000A2E4K43>, Zalando <DE000ZAL1111> und Hellofresh <DE000A161408> am Dax-Ende zwischen 4,7 und 9,5 Prozent ein.

Mit Meta geriet der ganze internationale Tech-Sektor wieder in einen Ausverkauf. Hierzulande traf dies auch die Papiere von Infineon <DE0006231004> mit einem Abschlag von 4,9 Prozent, obwohl der Chipkonzern bei der Zahlenvorlage seine Umsatzprognose für das Geschäftsjahr anhob. Analyst Sandeep Deshpande von JPMorgan riet dennoch davon ab, längerfristig auf Infineon zu setzen.

Eine positive Dax-Ausnahme waren vor allem die Aktien der Deutschen Bank <DE0005140008>, die mit einem Anstieg um 4,9 Prozent erstmals seit 2018 wieder über 13 Euro gehandelt wurden. Die Commerzbank <DE000CBK1001>-Aktien hielten im MDax Schritt mit einem Anstieg um 5,2 Prozent, während sich der Bankensektor europaweit zumindest robust zeigte. Er gilt als Profiteur möglicher Zinserhöhungen, die das Alltagsgeschäft zum Beispiel mit Krediten lukrativer machen können.

Außerdem zogen die Aktien der Deutschen Telekom <DE0005557508> um 2,6 Prozent an. Hier galten starke Zahlen und ein gefeierter Ausblick von T-Mobile US <US8725901040> als Kurstreiber. Laut einem Händler erwiesen sich die Bedenken von Investoren, dass sich das Mobilfunkwachstum bei der US-Tochter abschwächen könnte, als unbegründet. Die T-Mobile-Aktien waren an der New Yorker Nasdaq-Börse um mehr als zehn Prozent angezogen.

Der EuroStoxx 50 <EU0009658145> sackte am Donnerstag um 1,9 Prozent auf 4141,02 Punkte ab und auch der Pariser Cac 40 <FR0003500008> verzeichnete deutliche Verluste. Der Londoner FTSE 100 <GB0001383545> schlug sich mit einem Abschlag von 0,7 Prozent etwas besser. In New York büßte der Dow Jones Industrial <US2605661048> zuletzt 0,8 Prozent ein, während der Nasdaq 100 dort um 2,7 Prozent absackte.

Der Euro <EU0009652759> legte nach den EZB-Signalen stark zu. Mit 1,1426 US-Dollar wurde die Gemeinschaftswährung erstmals seit Mitte Januar wieder über der Marke von 1,14 Dollar gehandelt. Die EZB hatte den Referenzkurs vor den Kursausschlägen auf 1,1286 (Mittwoch: 1,1323) Dollar festgesetzt.

Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von minus 0,10 Prozent am Vortag auf minus 0,09 Prozent. Der Rentenindex Rex <DE0008469107> fiel um 0,08 Prozent auf 142,79 Punkte. Der Bund-Future <DE0009652644> kam stärker unter Druck, zuletzt büßte der Kontrakt gut ein Prozent auf 166,95 Zähler ein.

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onvista/dpa-AFX

Titelfoto: H-AB/Shutterstock.com

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