Dax wieder im Panik-Modus – explodierende Öl-Preise lassen Furcht für Rezession wachsen – Lufthansa, Uniper und RWE im Keller, Ströer, Kion und Merck stark

onvista · Uhr

Aus Furcht vor einer Energiekrise und ihren wirtschaftlichen Folgen machen Anleger einen großen Bogen um europäische Aktien. Dax und EuroStoxx50 fielen am Donnerstag um jeweils mehr als zwei Prozent auf 13.698,40 beziehungsweise 3741,64 Punkte. Der US-Standardwerteindex Dow Jones büßte 0,6 Prozent ein.

„Ein Ende der Invasion in der Ukraine ist trotz laufender Verhandlungen nicht in Sicht und das Schicksal der gesamten Welt scheint in den Händen eines einzigen Mannes zu liegen, Russlands Präsident Wladimir Putin“, sagte Analyst Konstantin Oldenburger vom Online-Broker CMC Markets. Gleichzeitig drohten die explodierenden Ölpreise die Weltwirtschaft in eine Rezession zu stürzen.

Dies bringe vor allem die Europäische Zentralbank (EZB) in die Bredouille, da die räumliche Nähe zum Krieg und die Energiepreis-Rally die heimische Konjunktur abzuwürgen drohe, schrieben die Analysten des Research-Hauses BCA. „Der Ukraine-Krieg verzögert jegliche EZB-Zinserhöhung bis 2023.“ Dies drückte den Euro auf ein Zwei-Jahres-Tief von 1,1036 Dollar. Zur britischen Währung war er mit 0,8273 Pfund zeitweise so billig wie zuletzt vor zweieinhalb Jahren. Bei Anlegern gilt als sicher, dass sowohl die US-Notenbank Fed als auch die Bank von England (BoE) im März die Zinsen anheben.

Gerüchte um Iran-Deal versetzen Rohöl-Anleger in Aufregung

Aus Furcht vor direkten westlichen Sanktionen gegen russische Energielieferungen stieg der Preis für die Ölsorte Brent aus der Nordsee zunächst auf ein Zehn-Jahres-Hoch von 119,84 Dollar je Barrel (159 Liter). Spekulationen auf eine Rückkehr iranischen Öls schickten ihn auf eine Berg- und Talfahrt. Am Abend notierte Brent 0,7 Prozent im Plus bei 113,68 Dollar.

Marktgerüchten zufolge werden die USA ihre Sanktionen gegen Iran bald lockern. „Der Deal ist aber noch nicht in trockenen Tüchern“, warnte Analystin Helima Croft von der Investmentbank RBC Capital Markets. Außerdem reichten die möglichen zusätzlichen Liefermengen nicht aus, um einen drohenden Ausfall der russischen Exporte auszugleichen.

Rubel erneut auf Rekordtief

Unterdessen ging die Talfahrt der russischen Währung weiter. Dadurch stieg der Dollar im Moskauer Handel zeitweise auf ein Rekordhoch von 118,35 Rubel. Am Abend notierte er kaum verändert bei 106,01 Rubel, während Russland und die Ukraine wieder über einen Waffenstillstand verhandelten. Da der russische Aktienmarkt weiter geschlossen blieb, mussten die im Ausland börsennotierten Fonds auf russische Werte Federn lassen. Die ETFs von iShares und VanEck fielen an der Wall Street um bis zu 33 Prozent.

In London verdoppelte ein anderer Russland-ETF von iShares allerdings seinen Kurs zeitweise auf 34 Pence, nachdem er in den vorangegangenen beiden Wochen um insgesamt 90 Prozent eingebrochen war. Aktienhändler Jawaid Afsar vom Brokerhause Securequity machte Schnäppchenjäger dafür verantwortlich.

Merck im Dax einsam im Plus

Die Berichtssaison trat angesichts der sich immer weiter zuspitzenden Lage in der Ukraine in den Hintergrund. Dennoch konnte sich die Aktie von Merck <DE0006599905> als einzige im Dax im Plus halten. Sie legte im schwer eingetrübten Marktumfeld um 1,3 Prozent zu und profitierte vor allem vom optimistischen Geschäftsausblick des Pharma- und Spezialchemieherstellers.

RWE und Uniper im Keller

Schlusslicht im Leitindex war die RWE <DE0007037129>-Aktie mit minus 8,6 Prozent, während im MDax zugleich das Uniper <DE000UNSE018>-Papier um 17,6 Prozent absackte und dort die rote Laterne hielt. Der Krieg in Osteuropa hat schwerwiegende negative Folgen für die Geschäftsverbindungen vieler Unternehmen in Russland und der Ukraine. Uniper etwa ist ein bedeutender Importeur von Erdgas aus Russland und hat zudem die nun vor dem Aus stehende Gaspipeline Nord Stream 2 mit knapp einer Milliarde Euro mitfinanziert.

Lufthansa unter Druck

Mit einem Minus von etwas mehr als acht Prozent zeigte sich auch die Lufthansa <DE0008232125>-Aktie sehr schwach. Nach zwei verlustreichen Pandemiejahren stellt sich die Fluggesellschaft wegen des Krieges und damit auch angesichts der rasant steigenden Treibstoffpreise auf weiter schwierige Zeiten ein. Sehr schwach waren zudem ProSiebenSat.1 <DE000PSM7770> und Evonik <DE000EVNK013>, die ebenfalls Zahlen vorgelegt hatten.

Kion und Ströer stemmen sich gegen den Trend

Dagegen konnten sich die Anteile von Kion <DE000KGX8881> und Ströer <DE0007493991> sehr gut im Plus halten mit 4,3 Prozent beziehungsweise 2,3 Prozent. Der Gabelstapler-Hersteller Kion profitierte im vergangenen Jahr von einer großen Nachfrage nach Logistik-Fahrzeugen und blickt zuversichtlich auf 2022. Der Außenwerber Ströer meldete ebenfalls starke Zahlen und rechnet dank dieser Dynamik für das laufende erste Quartal mit einem überdurchschnittlich starken Wachstum.

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onvista/dpa-AFX/reuters

Titelfoto: H-AB Photography / Shutterstock

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