Trumps Krypto-Reserve ist der Albtraum der Bitcoin-Puristen
Donald Trump kündigte am Wochenende an, dass die USA eine strategische Krypto-Reserve anlegen werden. Der Markt überschlägt sich. Aber ob die Pläne wirklich so positiv für den Sektor sind, bleibt offen - und der ursprünglichen Idee von Bitcoin laufen sie zuwider.

Auf diese Nachricht haben Krypto-Fans gewartet: Am Sonntag hat US-Präsident Donald Trump verkündet, eine strategische Reserve an Kryptowährungen aufbauen zu wollen.
Folgende Währungen zählte Trump dabei in einem ersten Post auf seiner eigenen Kurznachrichtenplattform Truth Social auf: XRP, Solana und Cardano. Erst Stunden später stellte Trump klar, dass auch Ether und Bitcoin zur Reserve gehören sollen. „Natürlich“.
Prompt sprangen die Kurse am Kryptomarkt an. Bitcoin als weltgrößte digitale Währung allein schoss von rund 85.000 Dollar auf zuletzt 93.000 Dollar hoch. Auch Optionen für Bitcoin mit einem Basispreis von 100.000 Dollar waren in den vergangenen Stunden wieder gefragt.
Kauft die Regierung gar keine Kryptowährungen?
Worüber genau der Markt sich da freut, bleibt allerdings ein Rätsel. Denn die wirklich wichtigen Details dieser sogenannten Reserve sind noch gar nicht geklärt. Etwa, ob die US-Regierung überhaupt Kryptowährungen kauft.
Die von Trump im Januar kreierte „Digital Asset Working Group“ soll nämlich prüfen, ob die Reserve nicht auch mit Krypto-Beständen aufgebaut werden kann, die aufgrund von Beschlagnahmungen schon im Besitz der US-Regierung sind.
Schon das hatte erste Zweifel daran geweckt, wie positiv diese Reserve wirklich wird. Doch selbst wenn die USA am Markt als Käufer auftreten, könnte der Effekt überschaubar sein.
Gold profitierte jahrelang nicht vom Aufbau von Reserven
Goldanleger kennen dieses Spiel. Seit Jahrzehnten betonen Hardcore-Fans des Edelmetalls, dass Notenbankkäufe endlich die – natürlich absolut gerechtfertigte – Nachfrage nach Gold bringen. Denn nur Gold sei die einzig wahre Währung.
Tatsächlich sind die Notenbanken seit 2010 Netto-Käufer des Edelmetalls, wie Daten des World Gold Council zeigen. Wer damals aus diesem Grund gekauft hat, hat zwar zunächst gute Gewinne gemacht. Dann aber kam ein jahrelanger Seitwärtstrend (siehe Chart unten) - während gleichzeitig Aktien eine ihrer besten Rallys überhaupt hatten.
Sicher, seit 2019 erlebt auch der Goldpreis eine Renaissance. Ob das aber nur an den Notenbanken liegt, darf angezweifelt werden. So könnte es auch bei Bitcoin sein. Die passenderweise als „digitales Gold“ bezeichnete Kryptowährung hat, anders als beispielweise Ethereum, keinen praktischen Anwendungszweck. Dementsprechend gilt auch hier: Die Nachfrage treibt den Preis; nichts anderes.
Als Asset sind Kryptowährungen längst etabliert
Was mit der Reserve aber definitiv kommt, sagen Krypto-Fans, sei mehr Legitimität für Kryptowährungen. Nur: Was bringt die Reserve jetzt noch dem Markt, wenn Blackrock mit dem Bitcoin-ETF schon im vergangenen Jahr – unter der Ägide des laut Trump so krypto-feindlichen Joe Biden – ein Vehikel aufgelegt hat, welches US-Anlegern bequem Zugang zu Bitcoin verschafft?
In Europa gibt es so einen ETF aufgrund der Regularien nicht, dafür aber genügend ETPs ("Exchange Traded Products") auf Kryptowährungen, die teilweise auch „physisch“ von den Emittenten hinterlegt werden. Das heißt, dass die Nachfrage der Anleger nach diesen Produkten sogar direkt auf den Kryptomarkt durchschlägt.
Anders gesagt: Kryptowährungen als Assetklasse sind längst etabliert, auch für Investoren, die weniger technisch versiert sind und keine eigene Wallet pflegen wollen. Viele Käufer, die kommen sollen, wenn Staaten wie die USA Kryptowährungen endlich hundertprozentig legitimieren, sind wahrscheinlich längst im Markt.
Echte Krypto-Fans sind zurückhaltend
Wer jetzt glaubt, ich sei bloß gehässig, sollte einen Blick darauf werfen, was die Krypto-Community selbst von der Ankündigung hält. Beispielsweise diese Diskussion auf Reddit. „Letzte Woche fielen die Coins (während sie kauften), und jetzt steigen sie mit der Ankündigung. Ich hasse diese Manipulation von Insidern“, unkt dort ein Nutzer.
Ein anderer schreibt: „Wenn Leute jetzt noch nicht begriffen haben, dass buchstäbliche Betrüger dieses Land regieren und die US-Staatskasse zu ihrem eigenen Vorteil anzapfen, haben sie es verdient, all ihr Geld zu verlieren.“
Auch Branchenkenner sind zurückhaltend. „Nichts neues hier, nur Worte. Lasst es mich wissen, wenn sie grünes Licht im Kongress haben, um Geld zu leihen. Ansonsten haben sie keine Mittel, um Bitcoin zu kaufen“, zitierte beispielsweise das Branchenportal „Coindesk“ den Branchenkenner Arthur Hayes, Gründer der Bitcoin-Derivate-Plattform Bitmex.
Der US-Ökonom Peter Schiff wiederum kritisierte die Auswahl der Tokens auf der Nachrichtenplattform X: „Wir haben eine Gold-Reserve. Bitcoin ist digitales Gold […] also lasst uns eine Bitcoin-Reserve aufbauen. Aber was ist das Argument für XRP? Warum zur Hölle brauchen wir das?“. Schiffs Punkt: XRP basiert auf einem Netzwerk, kontrolliert von Ripple Labs, dem Schöpfer des Coins, und ist damit nicht dezentral.
Ohnehin: War es nicht einmal der Gedanke hinter Bitcoin und anderen Kryptowährungen, eben keine zentrale Instanz zu haben, die nach Belieben Coins aufkauft oder den Markt damit flutet? Insofern ist Trumps staatliche Krypto-Reserve sogar das Gegenteil des schönen Traums, den Krypto-Puristen haben. Oder zumindest einmal hatten.