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dpa-AFX · Uhr
    Virtù und Fortuna, Kommentar zur Commerzbank von Anna Sleegers
Frankfurt (ots) - Nach der Deutschen Bank ist nun auch die Commerzbank wieder
obenauf. Hier wie da macht es die Mischung interner und externer Faktoren. Als
"Virtù und Fortuna" bezeichnet der Philosoph und frühe Führungskräfte-Coach
Niccolò Machiavelli diese in seinem bekanntesten Werk. Unter "Virtù", das vom
Lexikon unzureichend als "Tugend" ins Deutsche übersetzt wird, versteht der
Renaissance-Denker auch Entschlossenheit, Fleiß, strategische Weitsicht und auch
Tapferkeit.

Eigenschaften also, zu deren Beweis Commerzbank-Chef Manfred Knof und
Finanzchefin Bettina Orlopp bei ihrem Stab zahllose Powerpoint-Folien in Auftrag
gegeben, Investorengespräche geführt und Auftritte vor Journalisten absolviert
haben. Was funktioniert, um einem frisch gebackenen Fürsten im Haifischbecken
der italienischen Kleinstaaterei des 16. Jahrhunderts die Herrschaft zu sichern,
taugt auch, um das Narrativ eines Turnarounds für die Kapitalmärkte zu
entwickeln.

Tatsächlich ist es der Commerzbank in beeindruckendem Tempo gelungen, die
Stimmung zu ihren Gunsten zu drehen. Wer hätte es nach den gescheiterten
Fusionsgesprächen mit der Deutschen Bank, dem polternden Auftritt des
Großinvestors Cerberus und der darauffolgenden Führungskrise für möglich
gehalten, dass das Institut keine zwei Jahre später in der Lage sein würde, ein
glaubwürdiges Szenario für eine eigenständige Zukunft zu entwerfen?

Viel anderes blieb ihr auch nicht übrig. Nachdem die nationale Großbankenfusion
beerdigt war, fand sich auch im europäischen Ausland kein einziger ernsthafter
Interessent. Dafür aber nicht nur ein, sondern gleich zwei pensionierte Banker,
die fest entschlossen waren, die Commerzbank vor dem Untergang zu bewahren. Ohne
den gesundheitsbedingt bald wieder ausgeschiedenen Aufsichtsratschef Hans-Jörg
Vetter und seinen Nachfolger Helmut Gottschalk wäre das Institut vielleicht nur
noch ein trauriges Kapitel der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Stattdessen
ebneten die beiden durch die harte Schule der Verbundbanken gegangenen Strategen
dem neuen Management den Weg für die Sanierung der Commerzbank.

Den Börsenerfolg, der in einem Kursanstieg von fast 70 % innerhalb von zwölf
Monaten zum Ausdruck kommt, allein auf die Restrukturierung zurückzuführen,
greift jedoch zu kurz. Es brauchte wie immer im Leben auch bei der Commerzbank
Fortuna - das Glück, als Bank des deutschen Mittelstands vor der Zinswende in
der Eurozone mit der richtigen Story am richtigen Ort zu sein.

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