Lindner plant milliardenschweres Steuerentlastungspaket für Mittelstand

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Berlin (Reuters) - Bundesfinanzminister Christian Lindner will wegen der seit längerem schwachen Wirtschaftsentwicklung in Deutschland Unternehmen steuerliche Entlastungen gewähren.

"Die Wirtschaft benötigt Impulse - selten war das so dringlich wie jetzt", twitterte der FDP-Vorsitzende am Mittwoch. Aus dem Finanzministerium verlautete, vorgesehen sei eine Entlastung im Volumen von rund sechs Milliarden Euro pro Jahr. Die Wirtschaft begrüßte den Vorstoß und forderte eine rasche Umsetzung. Ob die Ampel-Partner SPD und Grüne bei den Plänen mitziehen, ist aber noch unklar. Erste Reaktionen, vor allem der Grünen, fielen skeptisch aus.

Mit dem sogenannten Wachstumschancengesetz will Lindner den Standort Deutschland, der zuletzt wegen hoher Energiepreise und viel Bürokratie an Anziehungskraft verloren hat, wettbewerbsfähiger machen. Insgesamt sind knapp 50 steuerpolitische Maßnahmen geplant, vor allem zugunsten kleiner und mittelständischer Betriebe. Im 275 Seiten umfassenden Referentenentwurf heißt es, die Liquiditätssituation von Firmen solle verbessert werden. Das Steuersystem werde mit den Plänen zudem modernisiert, Bürokratie abgebaut. Das angepeilte Entlastungsvolumen von mehr als sechs Milliarden Euro dürfte in den Jahren ab 2026 erreicht werden. 2024 und 2025 wird noch mit deutlich weniger gerechnet.

Kernelement in dem Paket ist eine Investitionsprämie. Sie soll einen Anreiz setzen, damit Unternehmen in mehr Energie- und Ressourceneffizienz investieren. "Die Anrechnung erfolgt auf die Ertragsteuer. Es soll eine gewinnunabhängige Prämie in Höhe von 15 Prozent der Investition, maximal 30 Millionen Euro, im Zeitraum von 2024 bis 2027 gewährt werden", verlautete aus dem Finanzministeriums. Eine noch breitere Förderung werde geprüft. Im Koalitionsvertrag der Ampel-Partner war eine "Superabschreibung" für Investitionen in Klimaschutz, aber auch Digitalisierungsmaßnahmen vorgesehen.

Katharina Beck, die finanzpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, bezeichnete die Investitionsprämie als eher mickrig. Die Pläne seien kein großer Wurf. Es gebe zu wenige Anreize für Investitionen in Zukunftstechnologien. "In Zeiten von knappen Haushalten und empfindlichen Einsparungen - zum Beispiel beim Elterngeld - halte ich es zudem für sehr fraglich, ob wir uns Steuersenkungen mit der Gießkanne leisten sollten."

KOMMUNEN KÖNNTEN AM ENDE DER VERLIERER SEIN

Eine weitere Maßnahme in Lindners Paket ist eine stärkere steuerliche Forschungsförderung. Unternehmen sollen zudem mehr als bisher Verluste mit Gewinnen aus anderen Geschäftsjahren verrechnen können. Bei geringwertigen Wirtschaftsgütern sollen mehr Sofortabschreibungen möglich sein. Außerdem soll eine gesetzliche Regelung zur verpflichtenden Verwendung von elektronischen Rechnungen eingeführt werden. Spendenverfahren werden auch digitalisiert und ein Spendenregister eingeführt.

Der SPD-Finanzpolitiker Michael Schrodi sagte Reuters, Lindner greife einige Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag auf. "Wir werden aber genau darauf achten, dass milliardenschwere Mindereinnahmen nicht mit der Gießkanne verteilt werden. So würden die Vorschläge bei der Verlustverrechnung zu einem deutlichen Rückgang des Aufkommens aus den Unternehmenssteuern in den nächsten Jahren führen und vor allem bei Kommunen für massive Einnahmeeinbrüche sorgen."

Der einflussreiche Industrieverband BDI begrüßte die Pläne. Sie gingen in die richtige Richtung und seien ermutigend. Die Regierung müsse dies nun zügig umsetzen, sagte BDI-Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner. Ähnlich äußerte sich der Großhandelsverband BGA: "Steuervereinfachungen und bessere Abschreibungsmöglichkeiten sind wichtige Anreize für mehr Investitionen in Deutschland", so BGA-Präsident Dirk Jandura. "Ich hoffe sehr, dass sich auch die beiden anderen Koalitionspartner dahinter versammeln." Der Maschinenbauverband VDMA betonte, hier werde einfach, unbürokratisch und fair in der Breite geholfen.

(Bericht von Christian Krämer, Maria Martinez und Rene Wagner.; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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