Run auf "Yeezy"-Schuhe macht Adidas zuversichtlicher

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- von Alexander Hübner

München (Reuters) - Das abrupte Ende der Partnerschaft mit dem US-Skandal-Rapper Kanye West geht für Adidas glimpflicher aus als gedacht.

Das erste Fünftel der Restbestände von "Yeezy"-Schuhen, die West designt hatte, fand bei einer Online-Verkaufsaktion reißenden Absatz. Bei einem geschätzten Umsatz von 400 Millionen Euro brachten sie 150 Millionen Euro Gewinn, so dass der fränkische Sportartikel-Konzern in diesem Jahr mit deutlich weniger Verlust rechnen muss als bisher gedacht. Wenn weitere Verkaufsaktionen ähnlich erfolgreich laufen, könnte Adidas rote Zahlen sogar ganz vermeiden. Adidas-Aktionäre reagierten erleichtert: Das Papier stieg am Dienstag um fünf Prozent auf ein Jahreshoch von 183,60 Euro.

Der neue Adidas-Chef Björn Gulden hatte die Anleger im Frühjahr auf den ersten Verlust seit 31 Jahren vorbereitet: Bis zu 700 Millionen Euro könnten es sein, wenn man die bereits produzierten, nach dem Aus für Kanye West aber nicht verkauften Millionen "Yeezy"-Sneaker wegwerfen und eine halbe Milliarde Euro darauf abschreiben müsse. Adidas hatte sich im Herbst von West - der sich inzwischen "Ye" nennt - getrennt, nachdem dieser oft verbal ausfällig geworden war. Antisemitische Äußerungen brachten das Fass zum Überlaufen. Doch vernichten wollte Gulden die Ware dann doch nicht: Stattdessen kündigte er an, sie nach und nach auf den Markt zu werfen und einen "beträchtlichen" Teil des Erlöses an Organisationen zu spenden, die gegen Rassismus und Antisemitismus kämpfen.

Das zahlte sich aus: Nun muss Adidas allenfalls noch mit 450 Millionen Euro operativem Verlust rechnen: 150 Millionen Gewinn brachte die erste Verkaufsaktion Ende Mai, die Spenden bereits eingerechnet, und abschreiben muss der Konzern maximal noch 400 Millionen. Nach einem Bericht der "Financial Times" übertraf die Nachfrage nach einzelnen Modellen und Größen das Angebot bei weitem. Viele Fans nutzten eine der letzten Chancen, sich mit den Modellen einzudecken. "Sollten sich potenzielle zukünftige Yeezy-Verkäufe als erfolgreich erweisen, würde dies die Geschäftsergebnisse des Unternehmens weiter verbessern", teilte Adidas am Montagabend mit.

ANALYST: GULDEN STAPELT ZU TIEF

Auch das normale Geschäft laufe "leicht besser" als gedacht, hieß es. Im zweiten Quartal war der Umsatz mit 5,34 Milliarden Euro währungsbereinigt stabil, für das Gesamtjahr rechnet Adidas nur noch mit einem Rückgang um rund fünf statt um bis zu neun Prozent. Das Betriebsergebnis fiel mit 176 (2022: 392) Millionen Euro positiv aus - auch ohne die "Yeezy"-Aktion hätte Adidas schwarze Zahlen erreicht, rechnete Stifel-Analyst Cedric Lescable vor. Er hält die Prognose für zu konservativ. Danach müsste Adidas im zweiten Halbjahr wieder rote Zahlen schreiben, fünf Prozent weniger Umsatz erwirtschaften und auf dem Rest der "Yeezy"-Lagerbestände sitzenbleiben - "ein extrem konservativer Ansatz", meint Lescable.

Das würde zu Gulden passen, der schon als Puma-Chef vorsichtig plante. Andererseits könnte er die Chance nutzen, in dem ohnehin als "Übergangsjahr" verloren gegebenen 2023 zu investieren, um Adidas dann wieder strahlen zu lassen. 200 Millionen Euro hat er ohnehin für die Überprüfung der Strategie und deren Folgen zurückgestellt. Die französische Bank BNP Exane hält die Adidas-Aktie schon wieder für einen "Outperformer", nachdem sie sie bisher als "neutral" eingestuft hatte.

DER "SAMBA" IST WIEDER SCHWER IN MODE

Was Adidas kurzfristig noch in die Hände spielen könnte, ist der Trend zu den flachen Sportschuhen mit Gummisohlen aus den 1970er- und 1980er-Jahren, die in diesem Sommer wieder schwer in Mode sind. Die beiden Herzogenauracher Traditionsunternehmen Adidas und Puma haben immer wieder alte Modelle aus den Archiven geholt und als kultige "Ikonen" neu aufgelegt. Nach dem "Adidas Samba" wurde nach Daten von Google Trends Mitte Juni im Internet so häufig gesucht wie nie. Deutsche-Bank-Analyst Adam Cochrane glaubt, dass Adidas von diesem Trend mehr profitieren könnte als Puma, bei deren Klassikern der Wiedererkennungswert nicht so hoch sei. "Aber wenn es dabei einen Verlierer gibt, dann ist es Nike", sagte Cochrane. Der heutige Weltmarktführer hat 1971 seine erste Kollektion aufgelegt, sein Siegeszug begann erst in den 1980er Jahren.

(Bericht von Alexander Hübner; Mitarbeit: Helen Reid und Linda Pasquini; redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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