UBS schluckt die Credit Suisse komplett - 3000 Entlassungen

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Zürich (Reuters) - UBS-Konzernchef Sergio Ermotti macht den bisher weitreichendsten Schritt seit der Notübernahme der Credit Suisse im März: Das Institut integriert auch das Schweizer Geschäft der kleineren Bank, die damit als eigenständiges Institut komplett verschwindet.

Die UBS schraubte am Donnerstag auch das Sparziel hoch: Bis Ende 2026 will der Konzern die Kosten nun um brutto mehr als zehn Milliarden Dollar drücken. Ein großer Teil davon dürfte von Stellenstreichungen kommen. Alleine in der Schweiz will der Konzern 3000 Mitarbeiter entlassen. Dazu kommt ein Stellenabbau in anderen Teilen der Welt, auch durch freiwillige Abgänge und Frühpensionierungen. Zahlen dazu wollte der Zürcher Konzern aber nicht nennen.

"Eine vollständige Integration ist für UBS, unsere Anspruchsgruppen und die Schweizer Wirtschaft die beste Lösung", erklärte Ermotti. Politiker und die breite Schweizer Öffentlichkeit hatten auf eine Abspaltung der CS Schweiz etwa über einen Börsengang gehofft, um für Wettbewerb zu sorgen und ein Klumpenrisiko für das kleine Land zu vermeiden. Doch der Chef des weltweit zweitgrößten Vermögensverwalters für reiche Privatkunden denkt in anderen Dimensionen: "Mit dem erstmaligen Zusammenschluss von zwei global systemrelevanten Banken schreiben wir derzeit Geschichte", schrieb Ermotti in einer Mitteilung an die Mitarbeiter. Zur Jahresmitte beschäftigte der fusionierte Konzern 119.100 Personen, zum Ende des ersten Quartals kamen UBS und CS noch auf insgesamt rund 122.000 Mitarbeiter. Analysten hatten über die Zeit mit einem Abbau von rund 30.000 Stellen gerechnet.

"Die Gruppe bleibt klar eine Baustelle, aber wir glauben, dass diese Ergebnisse und Ankündigungen Vertrauen in die mittelfristige Entwicklung schaffen", erklärte Deutsche-Bank-Analyst Benjamin Goy. Anleger teilten seine Einschätzung. An der Börse kletterten die UBS-Aktien Aktien in der Spitze um mehr als sieben Prozent auf den höchsten Stand seit September 2008.

UBS ZIEHT MEHR GELD VON REICHEN AN

Der erste große digitale Bankensturm der Geschichte hatte die Schweizer Regierung im März zum Handeln gezwungen. Praktisch über Nacht orchestrierte sie eine Übernahme der Credit Suisse durch die UBS. Dies konnte zwar den massiven Abflüssen von Kundengeldern die Spitze brechen. Dennoch zogen die Kunden bei der Credit Suisse von April bis Juni weitere 39,2 Milliarden Franken ab. Unter dem Strich stand im zweiten Quartal ein Nettoverlust von 9,3 Milliarden Franken. "Das Geschäftsmodell und der Geschäftsmix der Credit Suisse waren zutiefst fehlerhaft und ihr Ruf schwer beschädigt", erklärte Ermotti. "Die Bank war nicht mehr in der Lage, aus eigener Kraft weiterzumachen." Nun kehre das Vertrauen aber allmählich zurück.

Die beiden Schweizer Geschäfte werden bis zur für 2024 geplanten rechtlichen Integration separat geführt. Was mit der Marke Credit Suisse in der Schweiz passiere, sei noch nicht abschließend geklärt. Die UBS bemühe sich, die Markanteile in der Schweiz zu halten, sagte Ermotti. Einschränkungen der Schweizer Wettbewerbsbehörden fürchte er nicht.

Die CS Schweiz galt wegen der vergleichsweise hohen und stabilen Gewinne als Kronjuwel der Credit Suisse, Analysten veranschlagten den Wert auf bis zu 16 Milliarden Franken. Die UBS kaufte die gesamte Credit Suisse für lediglich drei Milliarden Franken und damit einen Bruchteil des Eigenkapitals. Der entsprechende Buchgewinn ("Badwill") sorgte dafür, dass die UBS im zweiten Quartal einen Rekordgewinn von 29 (Vorjahresperiode: 2,1) Milliarden Dollar einfuhr. Das Kerngeschäft mit Millionären und Milliardären lief überraschend gut: Im sogenannten Global Wealth Management sammelte die UBS 16 Milliarden Franken an neuen Geldern ein, der beste Wert in einem zweiten Quartal seit über zehn Jahren. In den Monaten Juli und August kamen im kombinierten Vermögensverwaltungsgeschäft von UBS und CS acht Milliarden Dollar hinzu.

ERFOLGE NACH DER ÜBERNAHME DES SORGENKINDS

Zuvor hatten Experten erwartet, dass die Credit-Suisse-Integration auch dem eigenen Geschäft zusetzen könnte. In solchen Fällen kümmern sich Mitarbeiter oft mehr um die Sicherung der eigenen Position als um die Kunden. Reiche und Superreiche, die in der Vergangenheit Konten bei beiden Instituten hatten, könnten zudem ihre Bankbeziehungen wieder breiter aufzustellen.

Doch Konzernchef Ermotti, der eigens für die Credit-Suisse-Integration zur UBS zurückgeholt wurde, hat einen Lauf. Das Mammutprojekt entwickelt sich bisher nach Plan, parallel konnte er mehrere wichtige Rechtsfälle abhaken. Der größte Erfolg war aber wohl, als die UBS kürzlich auf ein staatliches Sicherheitsnetz im Gesamtvolumen von bis zu 209 Milliarden Franken verzichtete. Damit gewann die Bank gegenüber der Politik viel Handlungsspielraum. Das hat es Ermotti wohl erleichtert, die 1856 vom Unternehmer Alfred Escher gegründete Credit Suisse zu Grabe zu tragen. Gleichzeitig honorieren die Anleger, dass die UBS die mit der Credit Suisse verbundenen Risiken im Griff hat und die Staatsgarantien deshalb nicht mehr braucht.

Für das laufende Quartal rechnet der Konzern mit einem bereinigten Vorsteuerergebnis um die Gewinnschwelle, im gesamten zweiten Halbjahr dürfte dann auf bereinigter Basis ein Vorsteuergewinn anfallen. Bis Ende 2026 peilt die UBS ein Aufwand-Ertrags-Verhältnis von unter 70 (Q2: 88,9) Prozent an und will sich einer Rendite auf dem harten Kernkapital von 15 Prozent annähern.

(Bericht von Oliver Hirt und Paul Arnold; redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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