Norwegen, Spanien und Irland wollen Palästinenserstaat anerkennen

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Oslo/Madrid/London (Reuters) - Norwegen, Spanien und Irland wollen einen unabhängigen Staat Palästina anerkennen.

Formell soll der Schritt am 28. Mai vollzogen werden, wie die Regierungschefs der drei europäischen Staaten am Mittwoch ankündigten. "Heute geben Irland, Norwegen und Spanien bekannt, dass wir den Staat Palästina anerkennen", sagte der irische Ministerpräsident Simon Harris. "Jeder von uns wird nun die notwendigen nationalen Schritte unternehmen." Ähnlich äußerte sich der norwegische Ministerpräsident Jonas Gahr Stoere in Oslo. Die israelische Regierung rief aus Protest die Botschafter aus den drei Ländern zurück. Die USA und Deutschland lehnen eine einseitige Anerkennung indes ab.

US-Präsident Joe Biden sei "ein starker Befürworter einer Zwei-Staaten-Lösung und hat dies während seiner gesamten Karriere getan", sagte ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates des Weißen Hauses in Washington. "Er glaubt, dass ein palästinensischer Staat durch direkte Verhandlungen zwischen den Parteien und nicht durch eine einseitige Anerkennung erreicht werden sollte." Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin sagte: "Ein eigenständiger Staat Palästina bleibt festes Ziel deutscher Außenpolitik." Aber die Frage einer Anerkennung werde sich erst in einem politischen Prozess auf dem Weg dorthin stellen. Auch das Außenamt in Paris äußerte sich entsprechend.

Damit ist die Europäische Union in der Frage gespalten. Neben den EU-Staaten Irland und Spanien hatten auch Slowenien und Malta signalisiert, dass sie einen Staat Palästina anerkennen könnten. Irlands Ministerpräsident Harris zeigte sich überzeugt, dass weitere Länder folgen werden. Von 193 UN-Staaten erkennen bislang mehr als 130 Palästina als unabhängigen Staat an.

Sowohl die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) als auch die rivalisierende radikal-islamische Hamas begrüßten die Entscheidung Irlands, Spaniens und Norwegens. Aus Israel kam indes scharfe Kritik: Außenminister Israel Katz sagte, die Entscheidung, einen palästinensischen Staat anzuerkennen, untergrabe das Recht Israels auf Selbstverteidigung und die Bemühungen um die Freilassung der 128 Geiseln, die noch von der Hamas nach ihrem Überfall am 7. Oktober im Gazastreifen festgehalten werden.

In Deutschland kamen auch aus dem Bundestag kritische Stimmen. "Das Vorgehen der Regierungen von Spanien, Irland und Norwegen ist in höchstem Maße problematisch", sagte der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Johann Wadephul. Es fehlten die Grundlagen für eine palästinensische Staatlichkeit. "Der Schritt hilft nicht, einen politischen Prozess zu befördern und so einer verhandelten Zwei-Staaten-Lösung näherzukommen." Auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth, äußerte Kritik. "Ein weiterer Sieg für brutale und zynische Terroristen", schrieb der SPD-Politiker auf der Online-Plattform X mit Hinweis auf den Hamas-Überfall auf Israel im Oktober.

"RECHTE UND PRIVILEGIEN"

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat sich mehrfach gegen einen eigenen Palästinenserstaat ausgesprochen, den die USA und die Europäer aber prinzipiell befürworten. Bisher existiert nur die Palästinensische Autonomiebehörde mit sehr eingeschränkten staatlichen Rechten, die im Westjordanland sitzt. Im Gazastreifen herrschte die Hamas. Israel hat den Ausbau jüdischer Siedlungen in den besetzten Gebieten im Westjordanland trotz internationaler Kritik beschleunigt und führt seit dem Hamas-Überfall auf Israel vor über sieben Monaten im Gazastreifen Krieg gegen die Hamas.

Dabei sind Zehntausende Palästinenser getötet worden. Auch die Bundesregierung hat Israel für eine zu zögerliche Versorgung der palästinensischen Zivilbevölkerung kritisiert. Der Chefankläger des Internationale Strafgerichtshofs (IStGH) hat deshalb nicht nur internationale Haftbefehle gegen drei Hamas-Anführer im Zusammenhang mit dem Überfall auf Israel beantragt, sondern auch gegen Israels Regierungschef Netanjahu und Verteidigungsminister Joaw Gallant wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen im Gazastreifen.

Die UN-Vollversammlung hatte vor wenigen Tagen mit 143 Stimmen beschlossen, den Palästinensern neue "Rechte und Privilegien" in den Vereinten Nationen zu gewähren. Sie forderte den UN-Sicherheitsrat zudem auf, den Antrag der Palästinenser auf formelle Aufnahme in die Vereinten Nationen wohlwollend zu prüfen. Deutschland, Österreich, Großbritannien, Italien und die Ukraine hatten sich bei der Abstimmung enthalten. Die USA, Israel, Ungarn und Tschechien stimmten dagegen.

(Bericht von Nerijus Adomaitis, Inti Landauro, Conor Humphries, Emily Rose, Andreas Rinke und Nidal al Mughrabi; Bearbeitet von Alexander Ratz; redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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