Geldpolitik

EZB-Direktorin Schnabel - Zinswende im Juni "wahrscheinlich"

Reuters · Uhr (aktualisiert: Uhr)
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Die Europäische Zentralbank (EZB) steuert aus Sicht von EZB-Direktorin Isabel Schnabel auf eine erste Zinssenkung im Juni zu, sollte es bis dahin nicht noch zu Überraschungen kommen.

"Wenn die Inflationsprognosen und die neuen Daten unsere bisherige Sicht bestätigen, dann ist eine Zinssenkung im Juni wahrscheinlich", sagte Schnabel am Mittwochabend in der Fernsehsendung "mex. das marktmagazin" des Hessischen Rundfunks (hr). "Wir sehen ja inzwischen eine leichte Belebung der Wirtschaft im Euroraum, gleichzeitig geht die Inflation nach wie vor zurück." Insofern könne man gewisse Hoffnung haben, dass es der EZB gelingen werde, zur Preisstabilität zurückzukehren, ohne dass es zu einer Rezession komme.

Die EZB strebt 2,0 Prozent Inflation als Idealwert für die Wirtschaft der 20-Ländergemeinschaft an. Mit 2,4 Prozent im April lag die Rate zuletzt nicht mehr weit davon entfernt. In den vergangenen Wochen hatten bereits viele Währungshüter der EZB die Erwartung ausgesprochen, dass auf der Sitzung am 6. Juni die Zinsen erstmals wieder gesenkt werden könnten. Die EZB hält seit September 2023 den Einlagensatz - das ist der am Finanzmarkt maßgebliche Zins - bei 4,00 Prozent. Das ist das höchste Niveau seit dem Start der Währungsunion 1999.

Die sich abzeichnende Zinswende hat aus Sicht von Schnabel bereits Auswirkungen auf die Kreditzinsen gehabt. Wenn die Zinsentscheidung jetzt so falle, wie erwartet werde, dann dürfte sich eigentlich nichts ändern, weil das bereits jetzt in den Zinsen enthalten sei, sagte das Mitglied des sechsköpfigen Führungsteams der EZB. "Wenn sie heute einen Immobilienkredit aufnehmen, dann sind die Zinsen bereits geringer als sie es noch vor einigen Monaten waren," führte sie aus. "Weil alle Marktakteure erwarten, dass die Zinsen gesenkt werden im Juni und eventuell dann auch anschließend." Am Finanzmarkt wird aktuell bis zum Jahresende mit bis zu drei Zinssenkungen der EZB gerechnet.

Schnabel mahnte außerdem zur Vorsicht. "Man sollte auf jeden Fall vorsichtig sein, die Daten genau beobachten, um rechtzeitig zu erkennen, wenn die Inflation sich nicht so entwickelt, wie wir es jetzt erwarten", sagte Schnabel im ARD-Magazin "Plusminus." Allerdings sei die Gefahr von Lohn-Preis-Spiralen heute geringer als in den 1970iger Jahren. "In der aktuellen Situation sehen wir, dass die Löhne kräftig angestiegen sind, dass sich aber das Lohnwachstum allmählich verlangsamt."

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