Chemieindustrie wartet weiter auf Nachfragebelebung - "Lage bleibt ernst"
Frankfurt (Reuters) - In der deutschen Chemieindustrie ist die erhoffte Nachfragebelebung im Sommer ausgeblieben. Vor allem die Geschäfte mit Kunden aus dem Ausland seien im zweiten Quartal enttäuschend verlaufen, teilte der Verband der Chemischen Industrie (VCI) am Dienstag mit. Die Erholung, die sich im ersten Jahresviertel noch abgezeichnet habe, habe zuletzt wieder Gegenwind bekommen. "Die Stimmung in unserer Branche hat sich wieder spürbar abgekühlt. Denn die Weltwirtschaft hat nicht wie erhofft Fahrt aufgenommen", erklärte VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup. "Eine nachhaltige Belebung der Nachfrage zeichnet sich daher nicht ab. Gleichzeitig nimmt der Wettbewerbsdruck zu."
Anfang Juli war der Verband noch davon ausgegangen, dass sich die Auftragslage in der Chemie im Jahresverlauf weiter verbessern dürfte. Doch nun rechneten die Unternehmen mit einer Eintrübung der Geschäftslage im zweiten Halbjahr. Zudem dürfte der Preisdruck durch internationale Wettbewerber weiter zunehmen. "Die Lage bleibt ernst", konstatierte der VCI. Die Produktionskapazitäten seien schon seit elf Quartalen nicht mehr rentabel ausgelastet. Doch es bestehe weiterhin Hoffnung, dass die Chemienachfrage im In- und Ausland allmählich anzieht.
Für dieses Jahr bekräftigte der VCI daher seine Prognose, die von einem Anstieg der Produktion um 3,5 Prozent ausgeht und von einem Plus beim Branchenumsatz von 1,5 Prozent. Im zweiten Quartal legte die Produktion in der deutschen Chemie- und Pharmaindustrie um 3,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu. Die Erzeugerpreise sanken dagegen um 2,4 Prozent, zum Vorquartal stand immerhin ein Plus von 0,8 Prozent zu Buche. Der Branchenumsatz sank binnen Jahresfrist um 0,6 Prozent.
"Die strukturellen Probleme am Standort Deutschland sind nach wie vor ungelöst", kritisierte Große Entrup. "Inzwischen erwägen vier von zehn Industrieunternehmen, die Produktion weiter zu drosseln oder gar ins Ausland abzuwandern." Die Unternehmen müssten Preise senken oder Produktionsanlagen dauerhaft stilllegen und sich aus unrentablen Geschäftsfeldern zurückziehen. "Der Anpassungsdruck ist enorm."
(Bericht von Patricia Weiß. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)