ROUNDUP: Rufe nach Rüstungsexportstopp für Israel werden lauter

dpa-AFX · Uhr

BERLIN (dpa-AFX) - Immer mehr SPD-Politiker fordern einen Stopp der Rüstungsexporte nach Israel als Konsequenz aus dem militärischen Vorgehen im Gazastreifen. "Ich glaube, es wäre eine richtige Entscheidung, grundsätzlich von Waffenlieferungen jetzt abzusehen", sagte der frühere SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich im Deutschlandfunk. Die Bundesregierung müsse dies mit dem Parlament eingehend besprechen.

Ähnlich äußerten sich Juso-Chef Philipp Türmer und Ex-Parteichef Norbert Walter-Borjans. "Es darf keinen weiteren Bruch des Völkerrechts geben. Das Aussetzen von Waffenlieferungen ist ein wichtiger Hebel der Bundesrepublik, um Druck auszuüben, und ein Baustein zum Lösen der andauernden humanitären Katastrophe in Gaza", sagte Türmer dem "Tagesspiegel".

Walter-Borjans sagte der Zeitung, die deutsche Staatsräson gegenüber Israel erfordere, das Land "von seinem Irrweg abzubringen". Die Einstellung von Waffenlieferungen für völkerrechtswidrige Zwecke gehöre zwingend dazu.

Merz legt sich nicht fest

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte das militärische Vorgehen Israels im Gazastreifen am Montag ungewöhnlich scharf kritisiert. Er hat aber bisher nicht erklärt, ob die schwarz-rote Koalition praktische Konsequenzen daraus ziehen wird - etwa einen Stopp der Rüstungsexporte. Bei seinem Besuch in Finnland ließ er auf einer Pressekonferenz eine Frage danach unbeantwortet.

Außenminister Johann Wadephul (CDU) betonte bei einem Besuch in Spanien am Montag, dass Israels Sicherheit deutsche Staatsräson bleibe. "Dazu gehört selbstverständlich für die Zukunft auch die Bereitschaft, Waffen zu liefern." Wadephul nannte dies allerdings "ein großes politisches und moralisches Dilemma für uns".

Am Dienstag sagte er mit Blick auf künftige Waffenlieferungen an Israel, natürlich gebe es auch hier eine rote Linie. Wo diese liege, könne er derzeit nicht sagen, da aktuell nicht über Waffenlieferungen entschieden werde. Wo die Bundesregierung aber die Gefahr einer Verletzung des humanitären Völkerrechts sehe, "werden wir selbstverständlich dagegen einschreiten und schon gar nicht Waffen liefern", so Wadephul beim "WDR Europaforum 2025" auf der Digitalkonferenz re:publica in Berlin.

Kanzler Merz und er selbst hätten "darauf hingewiesen, dass die Kriegsführung, so wie sie im Gazastreifen stattfindet, von uns sehr kritisch gesehen wird und dass wir dort die große Gefahr der Verletzung sehen", sagte Wadephul mit Blick auf das Völkerrecht. Wenn sich das konkretisiere, werde dies auch bei künftigen Beratungen über Waffenlieferungen im geheim tagenden Bundessicherheitsrat ein Punkt sein.

Israel unter den Top Ten der Empfängerländer

Die Vorgängerregierung von SPD, FDP und Grünen hat während des Gaza-Kriegs weiter Rüstungslieferungen an Israel genehmigt. Mit einem Exportvolumen von 161,1 Millionen Euro war Israel im vergangenen Jahr sogar unter den zehn wichtigsten Empfängerländern der deutschen Rüstungsindustrie.

Die letzten Genehmigungen für Kriegswaffen sind allerdings mehr als ein Jahr her. Zu dieser Kategorie gehören Handfeuerwaffen, aber auch Kampfpanzer und U-Boote. Bei den "sonstigen Rüstungsgütern" handelt es sich zum Beispiel um Helme und Schutzwesten oder unbewaffnete militärische Fahrzeuge. Es können aber auch bestimmte Bauteile für Waffensysteme darunter sein.

Klage beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag

Um die Waffenlieferungen nach Israel gibt es schon lange Diskussionen. Beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag ist eine Klage des lateinamerikanischen Landes Nicaragua anhängig, das Deutschland wegen der Rüstungsexporte der Beihilfe zum Völkermord beschuldigt. Ende April 2024 wiesen die Richter einen Eilantrag zum Stopp der Lieferungen zwar ab. Der Forderung Deutschlands, die Klage Nicaraguas ganz zurückzuweisen, entsprachen sie aber nicht. Das Hauptverfahren kann sich noch über Jahre hinziehen./mfi/DP/jha

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