Affirm – Teure Wette auf die eCommerce-Zukunft

Klaus Brune · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Max Levchin ist ein Serientäter. Der Ukrainer, der 1991 als 16-Jähriger Kiew in Richtung Chicago verließ, erregte erstmals Aufmerksamkeit, als er seine erste Firma Fieldlink im Jahre 2000 mit X.com von Elon Musk verschmolz - Paypal war geboren.Als der Zahlungsdienstleister später an eBay verkauft wurde, hatte Levchin das Startkapital, um sich nach einem Zwischenspiel bei Yelp an eigenen Startups zu versuchen. So entstand 2012 das Fintech-Unternehmen Affirm, das am Mittwoch (13.1.) ein fulminantes Börsendebüt an der Nasdaq feierte: Rd. 24,6 Mio. Aktien des Ratenzahlungsspezialisten für Online-Käufe wurden Anlegern zu 49,00 US-Dollar je Anteilschein zugeteilt. Inzwischen hat das Papier den glücklichen Aktionären der ersten Stunde einen Zugewinn von 123% beschert.Ähnlich wie Klarna oder Afterpay bietet Affirm Online-Shoppern die Möglichkeit, ihre im Netz getätigten Käufe per Ratenzahlung abzustottern, wobei alle drei Fintechs ihren Kunden versprechen, günstiger und transparenter zu sein als etwa die klassischen Kreditkartenanbieter. Affirm kann mittlerweile auf mehr als 6,2 Mio. Kunden verweisen, die inzwischen 17,3 Mio. Transaktionen zu einem Bruttobarwert von 10,7 Mrd. Dollar bei 6.500 Händlern abgewickelt haben. Etwa 64% der Kunden sind wiederkehrend. Natürlich kostet der Aufbau des Unternehmens Geld: Im Gj. 2019/20 (per 30.6.) konnte der Umsatz zwar kräftig gesteigert werden, der Nettoverlust wurde aber nur geringfügig auf 112,6 Mio. Dollar eingegrenzt. Je Aktie schultern Eigner derzeit einen Verlust von 2,63 (Gj. 2018/19: 2,84) Dollar, der sich nach unseren Erwartungen auch in den kommenden Jahren nur allmählich wird abbauen lassen.Sicherlich gehört Unternehmen wie Affirm die eCommerce-Zukunft: Die „Generation Z“ und die Millenials werden sich in wenigen Jahren weltweit zu einer der kaufkraftstärksten Konsumentengruppen mit zugleich großer Affinität zum eCommerce entwickeln. Der Handel im Netz hat derweil die besten Wachstumsjahre noch vor sich: Schätzungen zufolge soll er von 3,4 Bio. Dollar (2019) bis auf 5,8 Bio. Dollar im Jahr 2023 klettern. Dennoch erscheint uns die Bewertung von Affirm nach dem rasanten Börsendebüt zu hoch. Weil in den kommenden Jahren weder Gewinne noch Dividenden ein Thema sein werden, fallen klassische Bewertungskennziffern wie das KGV oder eine Dividendenrendite zur Beurteilung zwar weg.Einen guten Anhaltspunkt bietet aber, welcher Kundenwert je Nutzer sich aus dem aktuellen Marktwert ableiten lässt: Bei Afterpay sind das bei einer Marktkapitalisierung von 24 Mrd. Dollar und 13 Mio. Nutzern etwa 1.850 Dollar je Kunde; bei Klarna sogar nur rd. 975 Dollar (Marktwert: 10,7 Mrd. Dollar; Zahl der Nutzer: 11 Mio.) - bei Affirm ist angesichts eines Marktwertes von 43,5 Mrd. Dollar jeder der 6,2 Mio. Nutzer mit 7.015 Dollar eingepreist. Das erscheint uns zu hoch gegriffen.

Affirm landet auf der Beobachtungsliste.

Haftungsausschluss:

Dieser Bericht ist keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren. Für Richtigkeit und Vollständigkeit der Informationen sowie für Vermögensschäden wird keine Haftung übernommen.

 Sie möchten erfahren, welche Wertpapiere die PLATOW Redaktion aktuell beobachtet?Im kostenlosen onvista Experten-Musterdepot „PLATOW Börse“ sehen Sie eine exklusive Auswahl aus dem renommierten, gleichnamigen Börsenbrief übersichtlich für Sie zusammengestellt.Aktien, die PLATOW empfiehlt, zeichnen sich im Normalfall durch ein bewährtes Geschäftsmodell, eine moderate Bewertung und einen stabilen Newsflow aus. Als Beimischungen werden auch „Fallen Angels“ mit starkem Kurserholungspotenzial oder kurzfristige Spekulationen mit entsprechend höherem Risiko eingesetzt. Die Börsenredaktion fokussiert sich nicht auf bestimmte Branchen oder Segmente, sondern analysiert den kompletten deutschen Kurszettel, um die jeweils interessantesten Anlagestorys präsentieren zu können.

Jetzt das Experten-Musterdepot „PLATOW Börse“ kostenlos bei onvista ansehen

Meistgelesene Artikel