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APA ots news: Überwiegend gute Treffsicherheit der Stützungsmaßnahmen für die Haushaltseinkommen im Rahmen der COVID-19-Krise im Jahr 2020

Pressemitteilung des Büros des Fiskalrates

Wien (APA-ots) - Der makroökonomische Schock, der durch die Lockdown-Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie ausgelöst wurde, führte im Jahr 2020 zu einem Einbruch des BIPs. Dies führte wiederum zu einem Rückgang der Selbstständigeneinkommen, zu kurzfristig mehr als einer Million Arbeitnehmern in Kurzarbeit und über 400.000 Arbeitslosen im Jahres-durchschnitt und damit zu signifikanten Ein-nahmenverlusten der unselbstständig Erwerbstätigen.

Die Einkommensverluste der Haushalte im Jahr 2020 wurden durch die gegensteuernden fiskalischen Maßnahmen sowie die automatischen Stabilisatoren im Aggregat betrachtet kompensiert (Fussnote 1), sodass das Wachstum der aggregierten verfügbaren Haushaltseinkommen - ohne die volatilen (und sehr ungleich verteilten) Vermö-genseinkommen - etwas über 3% betrug.

(Fussnote 1): Ausgeblendet wird hier vorläufig noch der sehr große Effekt auf die Vermögenseinkommen und empfangene Bonuszahlungen (die v. a. für das 5. Quintil relevant sind) sowie der Wegfall von Überstunden und Trinkgeldern.

Allerdings waren die Unterschiede in der finanziellen Betroffenheit der Haushalte groß. Eine Analyse der Verteilungswirkungen des makroökonomischen Schocks und der Maßnahmen zur Stützung der Haushaltseinkommen auf Basis des Mikrosimulationsmodells des Büros des Fiskalrates (FISKSIM) ergibt in zweifacher Hinsicht eine gute Treffsicherheit für die Mehrheit der COVID-bedingten Transferzahlungen an die Haushalte: Niedrigere Einkommen haben, wie von politischer Seite intendiert, relativ stärker profitiert; und innerhalb der verschiedenen Einkommensgruppen profitierten jene Haushalte stärker, die durch den COVID-Schock stärkere Verluste erlitten hatten.

Die Ergebnisse der Simulation werden im Verhältnis zu hypothetischen Haushaltseinkommen ohne COVID-Schock und nach Quintilen (von den untersten zu den obersten 20%) der nach Haushaltsgröße gewichteten Haushaltseinkommen (Haushaltsäquivalenzeinkommen) dargestellt. Die analysierten Maßnahmen um-fassen direkte Transfers an Haushalte (u. a. Familienbeihilfe, Härtefallfonds, Erhöhungen bei Arbeitslosengeld und Notstandshilfe), das Vorziehen der Einkommensteuersenkung sowie die Reform der Kurzarbeit im Jahr 2020 (Fussnote 2). Die Analyse geht auf Susanne Maidorn (Büro des Fiskalrates) und Lukas Reiss (OeNB) zurück und spiegelt weder die Meinung des Fiskalrates noch der OeNB wider.

(Fussnote 2: Inklusive Kurzarbeit wird damit in etwa die Hälfte der budgetsaldowirksamen COVID-19-Maßnahmen in Betracht gezogen; sonstige Subventionen (v. a. Fixkostenzuschuss und Lockdown-Umsatzersatz) sowie steuerliche Entlastungen für Unternehmen werden hingegen nicht analysiert.)

Ohne fiskalische Maßnahmen hätte der COVID-19-Schock laut dieser Simulation das durchschnittliche Haushaltseinkommen in allen Quintilen um jeweils etwa 2% reduziert. Diese Reduktion ergibt sich unter Beachtung der Wirkung der automati-schen Stabilisatoren (Transferzahlungen im Falle von Arbeitslosigkeit, Kurzarbeitsgeld ge-mäß Regelung vor der COVID-19-Pandemie und eine Reduktion der Abgabenlast bei Einkommenseinbußen).

Innerhalb der Quintile gibt es jedoch große Unterschiede: Den Einkommenseinbrüchen vieler Selbstständiger und von krisenbedingter Arbeitslosigkeit betroffener Haushalte steht eine große Anzahl von Haushalten gegenüber, deren Einkommen vom Pandemie-Schock nicht direkt betroffen ist (Arbeitnehmer, die nicht von Kurzarbeit oder COVID-bedingtem Jobver-lust betroffen waren und Pensionisten). Insbesondere im untersten Quintil war der durch-schnittliche prozentuelle Einkommensverlust etwas stärker als in den anderen Quintilen, aber gleichzeitig der Anteil der von Verlusten betroffenen Erwerbstätigen geringer; diese haben aber besonders starke Verluste erlitten.

Durch die umfangreichen fiskalpolitischen Maßnahmen ist der Net-toeffekt auf die Haushaltseinkommen in den unteren Quintilen sogar positiv, nur im höchsten Quintil sind die Einkommen vergleichsweise stärker zurückgegangen. Insgesamt wirkten die diskretionären Maßnahmen sehr treffsicher: Haushalte mit niedrigeren Einkommen profitierten relativ stärker; und vom COVID-Schock stärker betroffene Haushalte erhielten im Verhältnis zu ihrem Einkommen deutlich mehr Transfers als weniger betroffene Haushalte, und diese erhielten wiederum mehr, als Haushalte, deren Einkommen durch den Corona-Schock überhaupt nicht zurückgingen.

Die Treffsicherheit der Maßnahmen in Bezug auf die Einkommenshöhe ergibt sich vor allem durch die Maßnahmen bei Arbeitslosengeld und Notstandshilfe wegen ihres größeren Anteils am Haushaltseinkommen in den unteren Quintilen. Zudem wirkten die Einmalzahlung der Familienbeihilfe prozentuell für niedrigere Einkommen stärker und die veränderten Ersatzraten des Kurzarbeitsentgelts waren für niedrigere Einkommen höher. Die Einkommensteuersenkung hatte hingegen geringere Effekte fürs unterste Einkommens-Quintil als für Haushalte mit mittleren und höheren Einkommen, die von einer Absenkung des Eingangssteuersatzes stärker profitieren. Die Treffsicherheit in Bezug auf die Betroffen-heit von Einkommensverlusten wird durch den Unterschied der Effekte deutlich, die sie auf die Einkommen der stärker betroffenen Haushalte im Vergleich zu Haushalten ohne Einkommensverluste hatten. Die Zahlungen aus dem Härtefallfonds und dem Familienhärteausgleich dienten gezielt der Kompensation von Einkommensverlusten, wobei sie bedingt durch die Einkommensgrenzen in den unteren Quintilen stärker wirkten. Die Einmalzahlungen in der Arbeitslosenunter-stützung zielten ebenfalls auf von der Krise besonders betroffene Haushalte. Aber auch von der Einmalzahlung für die Familienbeihilfe profitierten von der Krise betroffene Haushalte relativ stärker, weil Haushalte mit Kindern eher Einkommensverluste erlitten als jene ohne Kinder (v. a. wegen Pensionisten-Haushalten).

Ein besonderes Augenmerk kam bei den Berechnungen der COVID-19-Kurzarbeit zu, die im Vergleich zu den Kurzarbeitsregelungen vor der Corona-Pandemie für die Arbeitgeberseite deutlich attraktiver ausgestaltet wurde, um stärkere Anreize zur Arbeitsplatzerhaltung zu setzen (u.a. volle Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge und größere Flexibilität in der Arbeitszeitreduktion). Das dem Arbeitnehmer zustehende Mindestentgelt im Rahmen der COVID-19-Kurzarbeit kann in bestimmten Fällen (v. a. wenn das Ausgangsgehalt und die geleistete Arbeitszeit relativ hoch sind) niedriger sein als in der alten Kurzarbeitsversion vor der COVID-19-Krise, weshalb der Effekt der veränderten Ersatzraten teilweise sogar leicht negativ wirkt (insbesondere im 4. Quintil). Allerdings ist der beschäftigungserhaltende Effekt der COVID-19-Kurzarbeit für alle Haushaltseinkommensgruppen sehr hoch. Dieser wird durch ein kontrafaktisches Szenario illustriert, in dem die Inanspruchnahme der Kurzarbeit ohne Re-form um die Hälfte reduziert und damit die Arbeitslosigkeit deutlich höher wäre. Die schraf-fierten Balken zeigen, dass in diesem Fall die durchschnittlichen Haushaltseinkommen um ½ bis 1 Prozentpunkt niedriger gewesen wären (Grafik 4a) bzw. dass die Einkommensunterschiede zwischen von der Krise stark betroffenen und von der Krise nicht betroffenen Haushalten um 2 ½ bis 3 Prozentpunkte größer ge-wesen wären.

Anmerkungen zu den Berechnungen: Das Mikrosimulationsmodell FISKSIM baut auf den Daten des AT-SILC der Jahre 2017 bis 2019 auf und beinhaltet die wichtigsten Elemente des österreichischen Steuer- und Transfersystems. Für die Berechnung des Corona-Schocks wur-den die Daten als Ausgangspunkt an ein kontra-faktisches Szenario angepasst, wie es sich aus der WIFO-Prognose vom Dezember 2019 ergeben hätte. Für das Szenario des Corona-Schocks erfolgte eine umfassende Kalibrierung, jeweils disaggregiert auf Wirtschaftsbereiche, an aktu-elle Arbeitsmarktdaten, eine Auswertung des AMS zur Kurzarbeit und Statistiken der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, der Leistungs- und Strukturerhebung und der Umsatzsteuervoranmeldungen. Durch die Gegenüber-stellung der beiden Szenarien ergibt sich der Effekt des Corona-Schocks auf der Ebene des Haushaltsäquivalenzeinkommens. Das Haushaltsäquivalenzeinkommen gewichtet das Haushaltseinkommen nach Haushaltsgröße laut OECD-Skala, bei der der Haupteinkommensbezieher ein Gewicht von 1 erhält, andere Haushaltsmitglieder ab 14 Jahren ein Gewicht von 0,5 und Kinder bis 13 Jahre ein Gewicht von 0,3.

Der Rückgang der Selbstständigeneinkommen wurde nach Wirtschaftsbereichen aus den Quartalsdaten der volkswirtschaftlichen Gesam-trechnung hergeleitet und z. T. mittels Beschäftigungs- und Umsatzsteuervoranmeldungsdaten weiter zerlegt. Für die Höhe der erhaltenen Subventionen, die noch nicht im erforderlichen Detailgrad veröffentlicht sind, wurden Daten zu Umsatzersatz und Kurzarbeit nach Wirtschafts-bereichen verwendet. Kurzarbeit und höhere Arbeitslosigkeit wurde einem Teil der abhängig Beschäftigten im kontrafaktischen Szenario jeweils nach Wirtschaftsbereichen durch Simulation zugeteilt. Die Wahrscheinlichkeit von Arbeitslosigkeit wurde derart modelliert, dass sie für höhere Bruttoeinkom-men niedriger war. Für die Wahrscheinlichkeit von Kurzarbeit hat eine Auswertung der Mikro-zensus-Arbeitskräfteerhebung im 2. Quartal 2020 jedoch keinen Zusammenhang mit der Stellung im Beruf, und damit per Annahme mit der Höhe der Bruttoeinkommen, ergeben.

Zur Evaluierung der Effekte der fiskalischen Maßnahmen wurden die Transferleistungen und die Einkommensteuersenkung, wie sie in den Grafiken 4 aufgelistet sind, implementiert. Für einige Transferleistungen ergibt sich eine volle Inanspruchnahme, wie z. B. bei den Einmalzahlungen im Bereich der Familienbeihilfe, der Arbeitslosenunterstützung und dem Familienkrisenfonds. Auch für den Familienhärtefonds wurde eine Inanspruchnahme unterstellt, so-weit eine Berechtigung vorlag (Bezug von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe nach Februar 2020 oder von Leistungen aus dem Härtefall-fonds) und das Haushaltseinkommen innerhalb der vorgegebenen Einkommensgrenzen lag. Daraus ergibt sich eine simulierte Summe der Auszahlungen, die den tatsächlichen Auszahlungen weitgehend entspricht. Anträge an den Härtefallfonds wurden auf Basis der simulierten Einkommensverluste der Selbstständigen und dem vorangegangenen Einkommen zugeteilt, wobei aus dem vorangegangenen Einkommen unter Zuhilfenahme der Leistungs- und Struk-turerhebung Annahmen zur Größe des Unternehmens abgeleitet wurden. Die Summe der simulierten Auszahlungen beim Härtefallfonds der WKÖ erreicht die Summe der tatsächlichen Auszahlungen jedoch nur zu etwas über 60%. Für weitere Ausführungen siehe: Maidorn und Reiss (2021): Treffsicherheit und Verteilungswirkung der Corona-Maßnahmen - Kurzbericht zur Methode.

Rückfragehinweis: Büro des Fiskalrates +43-1-404 20-7473 office@fiskalrat.at www.fiskalrat.at

Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/16539/aom

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OTS0076 2021-04-15/10:06

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