Drei Fragen an Bernecker: Die FED zieht die Zügel straff, die EZB nicht – Was bedeutet das für die Märkte? Ist Thyssenkrupp derzeit ein klarer Kauf?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

In unserer heutigen Ausgabe fragen wir nach einer Einschätzung zu den unterschiedlichen geldpolitischen Entwicklungen diesseits und jenseits des Atlantiks und ob Thyssenkrupp angesichts der amibtionierten Ziele ein klarer Kauf ist.

onvista-Redaktion: Herr Bernecker, die Fed wird wahrscheinlich schneller als erwartet das Tapering beenden und die Zinsen anziehen. Ist die Jahresendrallye damit beendet?

Die Fed ändert ihre Inflationsziele und damit ist der Terminkalender für das Tapering vorgeschrieben. Der Rahmen dafür ist umfangreich und keineswegs spektakulär. Die Rückführung der Geldmenge, am besten erkennbar an der Bilanzsumme der Fed, reduziert den Geldmantel. Das wird sehr vorsichtig geschehen und nicht als Notbremse. Die Fed orientiert sich an der Rendite der langfristigen T-Bonds (10 Jahre), nach der sie anschließend die kurzen Zinsschritte vornimmt. Von 2005 bis 2007 ging dies in Minischritten von jeweils 0,25 % alle 14 Tage. Folgt sie diesem Vorbild, lässt sich dies auf den Dow übertragen. In der genannten Zeit, mit insgesamt 18 Zinsschritten, legten Dow und S&P 500 rund 30 % zu. Das ist das grobe Muster für die nächsten Monate.

Die Jahresendrally fällt deshalb nicht üppig aus, aber angemessen.

onvista-Redaktion: Die EZB wird laut Lagarde 2022 die Zinsen nicht antasten. Wie wird sich dieser Unterschied auf die Märkte in den USA und Europa auswirken.

Die EZB steht vor einer völlig anderen Frage. Ihre Zinspolitik orientiert sich neben den Käufen von Bonds zu 80 % an den Finanzierungsbedürfnissen aller südlichen Staaten. Verweise auf Inflation und sonstige Umstände gehören dazu, sind aber nicht maßgeblich. Es lohnt sich nicht, darüber zu diskutieren. Selbst bei einer Inflation von 4 oder 5 % im Eurorahmen würde sie diese Politik kaum ändern können. Wie ernst dies ist, ergibt sich aus dem neuen Partnerschaftsvertrag zwischen Frankreich und Italien, der vor 10 Tagen beschlossen, in Deutschland kaum beachtet wurde, aber die klare Formulierung enthält: Zusammenarbeit in den Finanzierungsfragen der Haushalte beider Länder. Ausdrücklich steht in diesem Vertrag, der nur in französisch und italienisch formuliert ist, die Bemerkung: Er richtet sich nicht gegen Deutschland. Damit ist alles gesagt. Also: Eine Politik der straffen Haltung ist vorerst seitens der EZB nicht zu erwarten.

onvista-Redaktion: Thyssenkrupp setzt sich ehrgeizige Ziele. Ist die Aktie ein klarer Kauf?

Thyssen bleibt die interessanteste Wette darauf, wie man aus einem alten Konzern eine neue Gruppierung entstehen lässt. Zum einen durch die Aufwertung wesentlicher technischer Reserven, und zum anderen in der neuen Gliederung der einzelnen Sektoren in Richtung moderner Technik. Das gilt sowohl für Stahl wie für Wasserstoff und Marinetechnik und auch Automobilzulieferung und schließlich Werkstoffhandel. Für alle diese Sektoren gibt es bereits gute Vorbilder. Der innere Wert insgesamt dieser Sektoren berechnet sich nach klassischen Mustern der deutschen Wirtschaftsprüfer mit etwa 10,5 bis 11 Mrd. Euro in der Summe gegen aktuell 6,5 bis 7 Mrd. Euro lt. Börsenkurs. In dieser Differenz steckt die Comeback-Wette.

Vielen Dank für Ihre Antworten!

Foto: Bernecker

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