Fondsmanager erklärt: So investieren wir in hochverzinsliche Nachranganleihen

DAS INVESTMENT · Uhr

Das anhaltende Niedrigzinsniveau zwingt Anleiheinvestoren neue Wege zu beschreiten. Hoffähig sind daher auch hochverzinsliche Nachranganleihen geworden. Insbesondere Hybridanleihen von Finanzinstituten profitieren von den regulatorischen Änderungen und bieten attraktive Renditen sowie zusätzliches Kurspotenzial. Aus Risikoüberlegungen ist eine breite Streuung in diesem komplexen Anlagesegment jedoch von entscheidender Bedeutung.

Den vergleichsweise hohen risikoadjustierten Renditen von Nachranganleihen, auch Hybridanleihen genannt, stehen komplexe Ausgestaltungen gegenüber: Nachrangige Schuldverschreibungen haben ein niedrigeres Rating als Senioranleihen. Grund dafür ist der geringere Gläubigerschutz. Zudem können die Laufzeiten lang sein - teilweise ohne Laufzeitbegrenzungen ("Perpetuals"), mindestens jedoch fünf Jahre. Der Anleiheemittent hat meist ein Kündigungsrecht, von dem er frühestens nach fünf Jahren Gebrauch machen kann.

Der Vorteil für den Emittenten: Die lange Laufzeit und der Nachrangigkeitscharakter ermöglichen es, das emittierte Volumen ganz oder in Teilen als Eigenkapital in die Bilanz einzustellen. Bis zur Finanzkrise 2008 war es bei Finanztiteln ein ungeschriebenes Gesetz für den Emittenten, dass die Anleihen zum ersten möglichen Termin gekündigt wurden. Somit war das Durationsrisiko für den Investor kalkulierbar.

Nach der Lehman-Pleite

Das hat sich seitdem geändert: Da sich die Begebung neuer Nachranganleihen nach der Lehman-Pleite für Finanzinstitute sehr schwierig gestaltete, vor allem aber teuer wurde, gibt es seither öfter Anleihen, die über diesen Termin hinaus weiterlaufen. Häufig werden nachrangige Bankanleihen bis zum ersten Kündigungstermin fest verzinst, danach erfolgen variable Zahlungen. Man nennt diese Struktur auch "Fix-to-Float-Anleihe".

Manchmal ist die Zinszahlung an Bedingungen geknüpft: Sie kann zum Beispiel ausfallen, wenn das Unternehmen keine Gewinne erwirtschaftet. Bei bestimmten Anleihetypen kann es sogar zu einer Nennwertreduktion (Verlustteilnahme) kommen. In manchen Fällen müssen die Kuponzahlungen in den Folgejahren, sofern wieder ausreichende Gewinne erwirtschaftet werden, nachgeholt werden. Kurzum: Hybridkapital gibt es in mannigfaltigen Ausgestaltungen (unter anderem auch als Genussscheinkapital) ohne einheitliche Regelungen.

Das sorgfältige Studium des Verkaufsprospekts, in dem die spezifischen Bedingungen der Zahlungen geregelt sind, ist bei Nachranganleihen von zentraler Bedeutung für den Investor. Prospekte, die weit mehr als hundert Seiten umfassen, sind keine Seltenheit.

Auf den zweiten Blick

Auf den zweiten Blick ergibt sich ein deutlich positiveres Bild für ein Investment in Nachranganleihen: Renditen vorrangiger Anleihen ("Senioranleihen") - ganz zu schweigen von Staatsanleihen - ermöglichen nicht einmal einen inflationsbereinigten Kapitalerhalt. Nachranganleihen dagegen bieten risikoadjustiert aktuell noch attraktive Renditen deutlich oberhalb der Inflationsrate. "Nachränge" von Finanzinstituten (Tier 1- und Tier 2-Anleihen) werden aktuell mit Aufschlägen gegenüber den Swapsätzen von 200 bis 400 Basispunkten gehandelt. Vor der Finanzkrise lagen die Spreads im langjährigen Schnitt bei ca. 50 Basispunkten.

>>Vergrößern

Nachranganleihen sind aber nicht nur wegen des Zinsaufschlags, sondern auch wegen der Marktstruktur sehr interessant: Aufgrund der strengen Basel III-Regularien, die das Bankensystem weltweit krisenresistenter machen sollen, werden Finanzinstitute gezwungen, das Eigenkapital quantitativ und qualitativ zu verstärken.

Nachranganleihen alten Formats verlieren für den Emittenten deutlich an Attraktivität. Banken dürfen diese Anleihen dem sogenannten harten Eigenkapital nur noch mit einer ständig fallenden Quote anrechnen. Spätestens 2022 ist nach Basel III keine Anrechenbarkeit mehr möglich. Die Emittenten werden in der Konsequenz diese - dann für sie teuren - Anleihen sukzessive kündigen, was tendenziell zu einer preistreibenden Angebotsverknappung führen dürfte und das Durationsrisiko für den Investor reduziert.

Belastung durch regulatorische Auflagen

Auch die Tatsache, dass Finanzinstitute deutlich mehr Eigenkapital vorhalten müssen als noch vor wenigen Jahren, ist für Anleihehalter aus Risikosichteine gute Nachricht. Systemrelevante Banken - wie zum Beispiel Deutsche Bank und Unicredit - werden gezwungen, bis 2019 ihre Eigenkapitalquoten von 8 Prozent auf bis zu 18 Prozent aufstocken. Die regulatorischen Auflagen, bestimmte risikobehaftete Eigenhandelsgeschäfte zukünftig zu unterlassen, machen Nachranganleihen für den Investor zusätzlich sicherer und damit attraktiver.

Das neue von den Regulierern geforderte Nachranganleihe-Format (AT1) ist eine Art Zwangswandelanleihe (Contingent Convertible Bonds, "CoCos"). Damit soll im Krisenfall der Steuerzahler bei künftigen Bankenrettungen geschont werden. Fällt die Eigenkapitalquote des Emittenten unter einen Eigenkapitalschwellwert, zum Beispiel 5,125 Prozent, bekommen die Bond-Halter Aktiender Bank oder der Nennwert der Anleihe wird dauerhaft oder temporär herabgesetzt.

Höhere Kupons - höheres Risiko

Diese neuartigen "Nachränge" bringen zwar für den Investor höhere Kupons, je nach Emittent zwischen 5,5 Prozent und 9 Prozent jährlich, doch das Risiko für den Anleger ist hier ungleich höher als bei den alten Nachranganleihen. Das Risiko kommt dem der Aktie sehr nahe. Genau das ist auch vom Regulierer so gewollt. Aus Chance-/Risiko-Sicht sind unseres Erachtens die aktuellen noch bestehenden "Nachränge" alten Formats für den Investor vorteilhafter.

Die anhaltend expansive Geldpolitik wie auch die Tatsache, dass Nachränge nur eine geringe bis leicht negative Korrelation gegenüber Staatsanleihen haben, machen dieses Anleihesegment auch perspektivisch zu einer attraktiven Zinsalternative. Die regulatorischen Maßnahmen Basel III und Solvency II, die Banken und Versicherungen in Zukunft deutlich krisenresistenter machen sollen, geben den Nachrängen zusätzlichen Rückenwind.

Dennoch: Eine breite Diversifikation beziehungsweise Fondslösung ist für dieses hochverzinsliche - aber auch risikobehaftete - Anleihesegment von entscheidender Bedeutung: Die Komplexität bei der Ausgestaltung der Nachranganleihen erfordert zudem ein aktives, professionelles Investmentmanagement.

Dieser Artikel wird bereitgestellt von www.dasinvestment.com

Newsletter-Tipp: DER FONDS - Der Newsletter mit den besten Fonds & ETFs-Tipps >> jetzt kostenlos abonnieren

Immobilienfonds in der Krise alles zum Thema

onvista Premium-Artikel

Chartzeit Wochenausgabe vom 18.05.2025
Starke Woche an den Märkten - diese Faktoren sind entscheidend18. Mai · onvista
Starke Woche an den Märkten - diese Faktoren sind entscheidend
Verluste nach Zoll-Schock ausgeglichen
Kann man den Aktienmärkten wieder trauen? Fünf Experten antworten14. Mai · onvista
Ein Aktienkurs ist vor einem Dollar-Schein zu sehen.
onvista Trading-Impuls
Bayer-Aktie mit Freudensprung - wieder nur ein Strohfeuer?13. Mai · onvista
Bayer-Aktie mit Freudensprung - wieder nur ein Strohfeuer?