Gerry Weber: Rette sich wer noch kann – Anleger dürften leer ausgehen!

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Des einen Freud, ist des anderen Leid. In vielen Fällen ist eine abgewendete Insolvenz eines börsenotierten Unternehmens schlecht für die Mitarbeiter und gut für die Aktionäre, da neue Hoffnung entsteht. Beim Modekonzern Gerry Weber dürfte es allerdings anders laufen. Anleger, die auf eine Rettung spekuliert haben, die ja auch eingetreten ist, schauen wohl trotzdem in die Röhre.

Für die bisherigen Gerry-Weber-Aktionäre bedeutet die Rettung des Unternehmens wohl das Ende aller Hoffnungen, noch mit einem blauen Auge davonzukommen. Denn im Zuge des Insolvenzplans ist eine „Kapitalherabsetzung auf voraussichtlich Null Euro“ geplant. Das heißt, die Altaktionäre werden entschädigungslos aus dem Unternehmen herausgedrängt. Das gilt auch für die Gründerfamilie um Gerry Weber. Die im nächsten Schritt herausgegebenen neuen Aktien sollen zunächst vollständig an die Finanzinvestoren Robus und Whitebox gehen.

So sieht der Rettungsplan aus

Robus Capital Management und Whitebox Advisors erklärten sich bereit, dem angeschlagenen Unternehmen eine Finanzspitze in Höhe von bis zu 49,2 Millionen Euro zu geben, wie das Gerry Weber am Montagabend mitteilte. Damit soll es dem Mode-Imperium aus der westfälischen Provinz möglich werden, bereits im Spätherbst das Insolvenzverfahren hinter sich zu lassen.

Der Gerry-Weber-Generalbevollmächtigte Christian Gerloff betonte am Dienstag, dies sei „der entscheidende Schritt in der Sanierung“. Vorstandssprecher Johannes Ehling sagte, mit der verbindlichen Investmentvereinbarung zur finanziellen Sanierung der Gesellschaft im Rahmen eines Insolvenzplans verfüge Gerry Weber wieder über eine „hervorragende Perspektive für die Zukunft“.

Die Entscheidung fiel wenige Tage vor der großen Ordermesse CPD in Düsseldorf. Ohne eine Einigung hätte die Gefahr bestanden, dass viele Modehändler aus Sorge um die Überlebensfähigkeit des Unternehmens ihre Bestellungen gekürzt hätten.

Das Konzept zu seiner Rettung muss nun noch von der Gläubigerversammlung gebilligt werden. Dies dürfte keine unüberwindliche Hürde sein. Der Gläubigerausschuss stimmte der Investmentvereinbarung und den Eckpunkten des geplanten Insolvenzplans, der unter anderem einen partiellen Forderungsverzicht der Gläubiger vorsieht, bereits einstimmig zu. Und auch der vom Gericht eingesetzte Sachwalter Stefan Meyer gab grünes Licht für die Einigung.

Die bereits im Sommer vergangenen Jahres begonnene Neuausrichtung des Konzerns, unter anderem die Schließung von rund 146 Filialen der Modekette in Deutschland vorsieht, zeigt nach Aussage Ehlings inzwischen erste Erfolge. Sie soll unter den neuen Eigentümern fortgesetzt werden. Gerry Weber werde künftig im deutschen Markt deutlich selektiver auftreten, hieß es. Auch der E-Commerce-Auftritt soll zeitgemäßer werden.

Den Gläubigern, deren Forderungen gegen den Modekonzern sich auf rund 300 Millionen Euro summieren, bietet der angedachte Insolvenzplan die Möglichkeit zwischen einer klassischen Barabfindung und verschiedenen Finanzinstrumenten zu wählen, mit denen sie von einer positiven Entwicklung des Unternehmens in Zukunft profitieren könnten.

Vorausgegangen war der Einigung mit Robus und Whitebox ein sehr intensiver Wettbewerb. Bis zuletzt habe es ein Kopf-an-Kopf-Rennen von drei Bietern gegeben, hieß es. Die Gründerfamilie Weber sei allerdings nicht mehr darunter gewesen. Sachwalter Stefan Meyer betonte, letztlich habe sich das Angebot durchgesetzt, „das nicht nur mit Blick auf die Gläubigerbefriedigung, sondern auch hinsichtlich der Transaktionsschnelligkeit und -sicherheit die beste Option darstellt“. Der Finanzinvestor Robus hatte Anfang Juli bereits die Mehrheit an der Gerry-Weber-Tochter Hallhuber übernommen.

onvista/dpa-AFX

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Foto: Ulf Wittrock / shutterstock.com

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