Handelsstreit: Legen die USA wieder los? – Handelsbeauftragte Tai spricht sich für neue Verfahrensweise gegenüber China aus! – Können die Märkte das noch verkraften?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Während alle Augen gebannt auf den Ukraine-Russland-Konflikt gerichtet sind, könnte sich eine andere dunkle Wolke zusätzlich über die Märkte hängen. Ohne große öffentliche Beachtung hat die US-Handelsbeauftragte Katherine Tai den ersten Bericht ihrer Behörde United States Trade Representative (kurz USTR) dem Kongress vorgelegt. Ihr Ergebnis: Die USA brauchen neue Handelsinstrumente, um den staatlich kontrollierten Handel von China zu bekämpfen.

Versäumnisse unter Trump

In dem Bericht der USTR der unter anderem Chinas Einhaltung der Regeln der Welthandelsorganisation untersucht, steht, dass das von der Trump-Regierung vor zwei Jahren unterzeichnete Handelsabkommen „Phase 1“  versäumt habe, grundlegende Bedenken der USA in Bezug auf Chinas Industriepolitik und unterstützende Maßnahmen, einschließlich „massiver finanzieller Ressourcen“, auszuräumen, wie Reuters vergangene Woche berichtete.

China liefert nicht wie ausgemacht

Neben den Versäumnissen der Trump-Regierung wird auch berichtet, dass China seinen Part aus dem „Phase 1“ nicht eingehalten hat. Das US Census Bureau hat einen Tag vor dem Bericht der USTR mittgeteilt, dass das Handelsdefizit der Vereinigten Staaten mit China im Jahr 2021 um 45 Milliarden Dollar oder 14,5 Prozent angestiegen ist. Es erreichte insgesamt ein Volumen von 355,3 Milliarden Dollar – das größte Defizit nach dem Rekord von 2018. Da lag es bei 418, 2 Milliarden Dollar. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet hat eine Analyse der endgültigen Handelsdaten, die von Ökonomen Chad Bown vom Peterson Institute for International Economics zusammengestellt wurde, ergeben, dass China nur 57 Prozent seiner Zweijahresziele für Waren und Dienstleistungen erreicht hat.

China hat anscheinend überhaupt nichts geändert

Für Katherina Tai ist die Volksrepublik trotz der Strafzölle keinen Millimeter von seinem Kurs abgewichen: „China ist nicht dazu übergegangen die marktorientierten Prinzipien anzunehmen, auf denen die WTO und ihre Regeln basieren und dass trotz der Erklärungen, die es bei seinem Beitritt vor 20 Jahren gemacht hat.“ Stattdessen hat  „China seinen staatlich geführten, nicht marktorientierten Ansatz für Wirtschaft und Handel beibehalten und ausgebaut,“ so die Handelsbeauftragte weiter.

Neue Strafzölle im Anmarsch?

Es ist nicht ausgeschlossen, dass die USA bestehende Strafzölle erhöhen oder gar neue verhängen. Katherine Tai führte aus, dass die USA neue Strategien verfolgen und ihre inländischen Handelsinstrumente aktualisieren müssen, um mit Chinas „staatlich geführter, nicht marktbezogener Politik und Praxis“ umzugehen und „gleiche Wettbewerbsbedingungen für US-Arbeiter und -Unternehmen zu gewährleisten“.

Neues Gesetz für neue Strafzölle auf dem Weg

Katharine Tai erklärte weiter, dass ein umfassendes chinesisches Wettbewerbsgesetz auf dem Weg ist. Es wurde bereits vom US-Repräsentantenhaus verabschiedet und wird aktuell im Senat geprüft. Das neue Gesetz macht den Weg frei den Einsatz von Antisubventionszöllen ausweiten, um grenzüberschreitende Subventionen für chinesische Unternehmen zu erreichen, die in Offshore-Produktion investieren, um US-Zölle zu umgehen.

Damit ist es aber noch nicht getan 

Die US-Handelsbeauftragte will anscheinend ordentlich durchwischen bei den Beziehungen zwischen den USA und China. „Es ist auch offensichtlich, dass bestehende Handelsinstrumente gestärkt und neue Handelsinstrumente entwickelt werden müssen“, sagte die USTR in ihrem Bericht. „China verfolgt unfaire Richtlinien und Praktiken, die nicht in Betracht gezogen wurden, als viele der US-Handelsgesetze vor Jahrzehnten entworfen wurden, und wir suchen daher nach Möglichkeiten, unsere Handelsinstrumente zu aktualisieren, um dem entgegenzuwirken.“

Nach der Peitsche kommt ein kleines Zuckerbrot

Katherine Tai betonte in dem Bericht auch, dass die USTR immer noch ein bilaterales Engagement verfolge, „um China für seine bestehenden Verpflichtungen zur Rechenschaft zu ziehen“, auch im Rahmen des Phase-1-Abkommens. Ob der Plan funktioniert? Kaum war der Bericht veröffentlicht, da folgte auch schon eine Reaktion aus dem Reich der Mitte. Gao Feng, Sprecher des chinesischen Handelsministeriums, forderte die USA einen Tag nach Veröffentlichung des Berichts auf, einen vernünftigen und praktischen Ansatz für den Handel mit China zu verfolgen, damit die Gespräche und die Beziehung wieder auf den richtigen Weg zurückkehren können. „Dass die USA China als nicht marktorientiert bezeichnen, hat keinen Beweis in internationalen Wirtschafts- und Handelsregeln und entspricht auch nicht den Tatsachen“, sagte Gao weiter.

USA antwortet mit „Notorious-Market-List“

Freitag gab es dann den nächsten Seitenhieb der USA Richtung China. Die Vereinigten Staaten setzten die beiden chinesischen Konzerne Alibaba und Tencent auf die „Notorious-Market-List“ der amerikanischen Regierung. Die Liste enthält 42 Online-Märkte und 35 physische Märkte, von denen die USA annimmt, dass sie sich an Markenfälschungen oder Urheberrechtspiraterie beteiligen oder diese erleichtern. Auch hier kam umgehen eine Reaktion aus Peking. Die dürfte aber mit Sicherheit auf die gleichen tauben Ohren stoßen, wie die Vorwürfe der USA gegenüber China.

Biden in der Zwickmühle

Bei einer im Januar und Februar 2022 geführten Umfrage des Nachrichtensenders CNN schneidet Jo Biden nicht sehr gut ab. Dem Ergebnis zufolge sind fast sechs von zehn Amerikaner -innen mit der Arbeit ihres Präsidenten unzufrieden. Daher kann es sich Joe Biden mit Sicherheit nicht erlauben von Wladimir Putin oder Xi Jinping am Nasenring durch die Manege geführt zu werden. Um bei der heimischen Bevölkerung zu punkten, muss der amerikanische Präsident jetzt ein starkes Auftreten der USA verkörpern. Das erklärt vielleicht auch, warum Biden so deutliche Worte gegenüber dem russischen Präsidenten gewählt hat. Schlägt der US-Präsident die gleiche Gangart gegenüber dem chinesischen Staatschef ein, dann zieht die nächste sehr dunkle Wolke über den internationalen Märkten auf. Bleibt zu hoffen, dass Biden die Probleme mit Russland und China der Reihe nach angeht. Sollte es jetzt noch im Handelsstreit krachen und neue Strafzöllen ins Spiel kommen, dann dürften die Märkte noch ein gutes Stück tiefer gehen.

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Von Markus Weingran

Foto: Poring Studio / shutterstock.com

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