Mit Telco-Aktien entspannt durch die Krise: 1&1 Drillisch, Telefonica und Freenet im Vergleich
Telekommunikationsaktien verfügen unabhängig von der Konjunktur über stabile Barmittelzuflüsse und zahlen gewöhnlich hohe Dividenden. Damit eignen sie sich möglicherweise gut für defensive Aktiendepots. Zu den Protagonisten hierzulande gehören die Freenet Group, 1&1 Drillisch und Telefonica Deutschland. Wenn du dir überlegst, bei einer der drei einzusteigen, bekommst du hier eine Entscheidungshilfe.
Die Ausgangslage
Auf den ersten Blick haben wir es hier mit drei sehr ähnlichen Unternehmen zu tun. Zum Kerngeschäft gehört jeweils das Verticken von Mobilfunktarifen und der zugehörigen Hardware, fokussiert auf den deutschen Markt. Im Detail ergeben sich dann aber doch erhebliche Unterschiede.
Nachdem 1&1 das DSL-Geschäft von Freenet übernommen hatte, entwickelte sich dieser Bereich zu einem wichtigen Standbein der heutigen 1&1 Drillisch. Freenet wiederum hat sich seither im TV-Bereich verstärkt und sich ansonsten vor allem auf den Mobilfunk und den Vertrieb von vernetzter Hardware konzentriert.
Mit Telefonica wiederum verbindet 1&1 Drillisch das umfassende Infrastrukturnutzungsrecht, das sich im Zuge der E-Plus-Übernahme als Kartellauflage ergab. Was den DSL-Markt angeht, rivalisieren die beiden seit Telefonicas Kauf von HanseNet 2011. Die Geschäftsausrichtung von 1&1 Drillisch und Telefonica Deutschland ist also sehr ähnlich, mit dem Unterschied, dass Letztere bereits ein etablierter Mobilfunkbetreiber ist, während Erstere gerade erst bei den Vorbereitungen zum Aufbau eines eigenen Netzes für 4G und 5G ist.
1&1 Drillisch unterscheidet sich zudem von den beiden anderen dadurch, dass der Vertrieb über Onlinekanäle läuft, während Freenet und Telefonica jeweils ein dichtes bundesweites Filialnetz unterhalten.
Ein Größenvergleich
Alle drei verfügen über viele Millionen Kunden in Deutschland. Wie genau die Größenverhältnisse sind, zeigt die folgende Tabelle auf:
in Mio. EUR | Freenet Group | 1&1 Drillisch | Telefonica Deutschland |
Umsatz 2019 | 2933 | 3675 | 7399 |
Betriebsergebnis | 270 | 529 | -124 |
Freier Cashflow | 249 | 355 | 547 |
Ergebnis je Aktie | 1,49 | 2,12 | -0,07 |
Dividende | 1,65 | 0,05 | 0,17 |
Aktienkurs 27.03.2020 | 15,79 | 17,94 | 2,16 |
Kurs-Gewinn-Verhältnis | 10,6 | 8,5 | neg. |
Dividendenrendite | 10,4 % | 0,3 % | 7,9 % |
Marktkapitalisierung 27.03.2020 | 2030 | 3170 | 6400 |
Eigenkapital 31.12.2019 | 1322 | 4641 | 6534 |
Langfristige Finanzschulden 31.12.2019 | 1428 | 992 | 2153 |
Mitarbeiter | 4238 | 3163 | 8590 |
Kunden Mobilfunk | 6,94 Mio. | 9,99 Mio. | 43,8 Mio. (inkl. Drillisch, Debitel u. a.) |
Kunden TV | 1,43 Mio. | n/a | n/a |
Kunden DSL | 0 | 4,34 Mio. | 2,20 Mio. |
Tabelle erstellt vom Autor auf Basis von aktuellen Investorenunterlagen und den XETRA-Schlusskursen vom 27. März
Wenn wir uns einen Moment Zeit nehmen, diese Zahlen zu studieren, dann ergeben sich einige interessante Beobachtungen:
- 1&1 Drillisch erwirtschaftet dank der schlankeren Vertriebsstrukturen mit weniger Mitarbeitern mehr Umsatz als Freenet.
- Freenet kann die beste Dividende bezahlen, weil keine Sonderausgaben für 5G-Lizenzen und Netzausbau anstehen.
- Trotz viermal so hoher Kundenzahl erwirtschaftet Telefonica nur doppelt so viel Umsatz wie 1&1 Drillisch. Partnerumsätze gehen wohl nur anteilig in die Summe ein.
- 1&1 Drillisch notiert weit unter Buchwert.
- Alle drei erwirtschaften hohe freie Cashflows, aber bei Telefonica verhageln (unter anderem) die hohen Abschreibungen auf die eigene Infrastruktur das Ergebnis.
Eine abschließende Einschätzung
Diese drei Telcos werden auch in Zukunft eng verbandelt sein. 1&1 Drillisch wird noch jahrelang Bandbreite der Telefonica-Infrastruktur mitbenutzen und möglicherweise schon bald auf das stationäre Vertriebsnetz von Freenet zurückgreifen, um bei 5G schneller eine kritische Masse zu erreichen.
Der effiziente Vertrieb, der hohe Bilanzpuffer und die interessanten Wachstumschancen sprechen für die Aktie von 1&1 Drillisch. Ganz ohne Risiken ist der Aufbau des eigenen Netzes aber natürlich nicht, auch wenn ich sehr zuversichtlich bin, dass ein fließender Übergang von der Miete zum Eigentum gelingen wird.
Wer hier Zweifel hat, der ist mit der Freenet-Aktie besser bedient, die durchgehend außergewöhnlich hohe Dividenden bezahlt, sich beim Thema „5G“ risikofrei an die anderen dranhängen kann und zudem mit TV und Smart Home weitere Wachstumschancen aufweist.
Am wenigsten attraktiv finde ich im Moment Telefonica Deutschland. Dividenden, die aus der Substanz bezahlt werden, negative Betriebsergebnisse und ein hoher Investitionsbedarf, das ist ein Mix, der nicht unbedingt Vertrauen einflößt. Allerdings will das Unternehmen in diesem Jahr in eine neue Wachstumsphase eintreten und die Margen steigern. Innovative Tarifstrukturen, eine verbesserte Netzabdeckung mit mehr Bandbreite sowie ein weiterer Vorstoß bei Geschäftskunden sollen dazu beitragen. Ob die Strategie wirklich trägt? Dazu würde ich noch den einen oder andere Quartalsbericht abwarten wollen.
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Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.
Motley Fool Deutschland 2020
Foto: Getty Images