Schwellenländer durch Corona besonders stark von Rezessionen und Finanzkrisen betroffen – Emerging Markets hängen der Markterholung hinterher
Die Folgen der Corona-Pandemie erhöhen einer Studie zufolge vor allem für Schwellenländer das Risiko einer starken Rezession oder sogar einer Staatspleite.
Mehr als 90 Prozent der Sonderwirtschaftszonen weltweit seien bereits spürbar von den Auswirkungen der Virus-Krise betroffen, teilte das Kieler IfW-Institut am Dienstag zu einer Umfrage unter rund 80 Sonderwirtschaftszonen in 41 Ländern mit. Die negativen Folgen dürften in den kommenden Monaten voraussichtlich noch zunehmen. Besonders schlecht seien die Aussichten für Sonderwirtschaftszonen in Asien und Lateinamerika.
„In den Schwellenländern hat sich das Risiko von Finanzkrisen stark erhöht, nachdem internationale Anleger in den vergangenen Wochen in großem Umfang Kapital abgezogen haben“, sagte Klaus-Jürgen Gern, IfW-Experte für Weltkonjunktur und Rohstoffmärkte. „Ausländische Direktinvestitionen könnten insgesamt um rund 30 bis 40 Prozent zurückgehen.“
Probleme bei den Lieferketten und der Nachfrage
Sonderwirtschaftszonen sind ein meist räumlich abgegrenztes geografisches Gebiet innerhalb eines Staates, für das oft zoll- und steuerrechtliche sowie andere rechtliche Sonderbestimmungen und administrative Erleichterungen für Investoren gelten. Die Pandemie trifft diese Wirtschaftsräume über verschiedene Kanäle. Neben der Behinderung der Produktion durch eigene Maßnahmen zur Verlangsamung der Epidemie spielt der weltweite Nachfragerückgang eine starke Rolle. „Aber auch Probleme in den Lieferketten führen zu Stockungen der Produktion, besonders häufig in Asien sowie in Afrika und im mittleren Osten.“ Die weltweit rund 5000 sogenannten Sonderwirtschaftszonen exportieren laut IfW zusammen Güter im Wert von rund 3,5 Billionen Euro und stehen für rund 20 Prozent des weltweiten Handels. Rund 250 davon sind in Industrieländern wie den USA oder den Mitgliedsländern der EU. „Ein Einbruch des Welthandels wird nicht zuletzt in Ländern mit einem hohen Außenhandelsanteil wie Deutschland deutlich zu spüren sein“, sagte Gern.
Jedoch nicht nur im wirtschaftlichen Bereich, sondern auch bei der Bekämpfung des Virus selbst sieht es für viele der Schwellenländer schlecht aus, denn in vielen Fällen sind das Gesundheitssystem und der Finanzsektor nicht stark genug, um die massiven Auswirkungen der Pandemie wirksam bekämpfen zu können. Konjunkturhilfen und medizinische Versorgung wie in Industrieländern wie Deutschland sind in diesen Wirtschaftszonen größtenteils nicht vorhanden.
Das bedeutet im Gegenzug auch, dass diese Länder wesentlich länger für die Bekämpfung und eine anschließende Erholung brauchen werden, die es überhaupt wieder möglich machen wird, am Wiederaufschwung der Weltwirtschaft teilzunehmen.
Die Lage kann man bereits anhand der Kursentwicklungen von ETFs sehen, die Schwellenländer abbilden. Während sich die US-Märkte, der Dax, sowie der MSCI World Index nach dem Corona-Crash bisher bereits recht stark erholt hatten, hängt der hier beispielhaft genommene Emerging Markets ETF noch hinterher. Das Minus aus Sicht von drei Monaten beträgt noch knapp 20 Prozent.
onvista/reuters
Titelfoto: kentoh / Shutterstock.com
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