„Uns fehlt der Fokus auf das Wesentliche“

HANDELSBLATT · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Edward Snowden  wird so schnell keinen Fuß auf amerikanischen Boden setzten. Doch am Montag war der NSA-Whistleblower immerhin virtuell anwesend. Per Video-Konferenz wurde er aus Russland ins Startup-Festival „South by Southwest“ zugeschaltet.

Es ist einer der wenigen live Video-Auftritt des 30-Jährigen. Er hätte mit jedem großen Nachrichtensender der Welt sprechen können. Doch der ehemalige CIA-Mitarbeiter entschied sich für einen anderen Weg. Er wendet sich direkt an die Gemeinde von Programmierern, App-Entwicklern und Tech-Experten, die sich seit Tagen auf dem Festival austauschen.

Snowden hat die Internet-Welt verändert. Seine Enthüllungen über die massiven Abhörprogramme der NSA haben eine Welle der Empörung ausgelöst, bei der Bundesregierung ebenso wie in anderen Ländern in Europa und Südamerika und in den Konzernzentralen von Google, Facebook und anderen Internet-Unternehmen, deren Daten ebenfalls von der NSA abgefangen werden.

„Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem die Mehrheit der amerikanischen Telefonkommunikation für Jahre gespeichert wird. Dabei haben zwei unabhängige Studien des Weißen Hauses belegt, dass das gar keinen Wert hat“, sagt Snowden. Attacken wie zuletzt der Terroranschlag bei dem Marathon in Boston im vergangenen Jahr seinen trotzdem passiert. „Uns fehlt der Fokus auf das Wesentliche“, kritisiert Snowden.

„Wir brauchen eine bessere öffentliche Aufsicht“

„We the people“ steht in großen geschwungenen Lettern auf der Leinwand hinter ihm. Es ist der Anfang der amerikanischen Verfassung, die er zu schützen versucht. Snowden wirkt gut vorbereitet. Seine Stimme ist klar und fest als er über das spricht, wofür er sein Leben riskiert.

„Wir brauchen eine bessere öffentliche Aufsicht“, fordert er, „wir brauchen Persönlichkeiten, denen wir vertrauen können, einen Watchdog, der den Kongress beaufsichtigt. Wenn wir nicht informiert werden, können wir keine informierten Entscheidungen über diese Programme treffen."

Interviewt wird Snowden von seinem Anwalt Ben Wizner von der Menschenrechtsorganisation ACLU. Per Twitter beantwortet er zudem Fragen aus der ganzen Welt. Wie können sich Internet-Nutzer vor dem Einblick der NSA schützen? Wie können wir die Daten besser verschlüsseln? Werden sich andere Regierungen am Vorgehen der NSA ein Beispiel nehmen.

Snowden fordert von Konzernen wie Google und Facebook, ihre Daten besser zu verschlüsseln. Seit dem seine Dokumente n die Öffentlichkeit gelangt sind, habe sich einiges getan. Doch das sei noch längst nicht genug. „Es muss eine Antwort aus der Welt der IT geben“, sagt er. „Technologiekonzerne können weitere Sicherheitsebenen einführen, damit Geheimdienste nicht mehr so einfach Daten durchforsten können“, fordert der Whistleblower. „Verschlüsselung funktioniert“, stellt er klar. Bis heute wisse die US-Regierung nicht, welche Dokumente er an Journalisten weitergegeben habe.

Bis zum Schluss wussten Snowden und Wizner nicht, ob die Übertragung gut gehen würde, oder ob sich nicht vielleicht die NSA wie von Geisterhand einmischen und für technische Störungen sorgen würde. Für den Notfall hatte Snowden bereits ein Interview aufgenommen, das dann von der Konserve hätte abgespielt werden können. Doch die Verbindung hält und Snowden gibt sich kämpferisch. „Die Verfassung wurde im großen Stil verletzt und die Menschen hatten ein Recht, das zu erfahren“, sagt er pathetisch und der Saal jubelt. Würde er es wieder tun? „Auf jeden Fall.“

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