Steigende Rhein-Pegel erwartet - Blockierte Fahrrinne bei Oberwesel

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Berlin (Reuters) - Nach Tagen rekordtiefer Pegelstände an der wichtigsten deutschen Wasserstraße Rhein zeichnet sich eine Entspannung ab.

"Innerhalb der nächsten Tage steigen die Wasserstände aufgrund der angekündigten Niederschläge im gesamten Rheineinzugsgebiet wieder an", teilte das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Rhein am Mittwoch mit. Die 14-Tage-Vorhersage deute darauf hin, dass die Wasserstände bis Ende der nächsten Woche "um 50 Zentimeter und mehr steigen". Völlige Entwarnung gibt das Amt allerdings nicht, da die Wasserstände "nach dem Durchlauf der Welle wieder abklingen". Aktuell befänden sich die Wasserstände an Mittel- und Niederrhein auf einem für diese Jahreszeit außergewöhnlich niedrigen Niveau. "Sie sind Folge der fehlenden Niederschläge der vergangenen Wochen und Monate", wie es hieß.

Der Pegelstand am Niederrhein war zuvor in Emmerich unter die Nullmarke gefallen. Bei der Messung am Mittwochmorgen um 05.00 Uhr wurde das Rekordtief von minus zwei Zentimetern gemessen, wie die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) über das Portal Elwis mitteilte. Schifffahrt blieb trotz der Ausnahmesituation bis zuletzt aber weiterhin möglich: Der Pegelstand ist nicht gleichbedeutend mit der für die Schifffahrt entscheidenden Fahrrinnentiefe. Diese lag in Emmerich zuletzt bei knapp unter zwei Metern.

In der Nacht zum Mittwoch musste allerdings auf dem Miitelrhein bei Oberwesel ein mit 1660 Tonnen beladener sogenannter Schubverband aufgrund eines Maschinenausfalls innerhalb der Fahrrinne vor Anker gehen, wie die Wasserschutzpolizei mitteilte. Daher blieb die Schifffahrt zwischen St. Goar und Oberwesel gesperrt. Im Tagesverlauf soll die Fahrrinne aber wieder freigemacht werden.

ZU WENIG INVESTIERT

Bundesverkehrsminister Volker Wissing bereitet das Niedrigwasser Sorge. "Wir sind in einer Situation, in der die Infrastruktur extrem herausgefordert ist", sagte der FDP-Politiker in der ARD. Auf die Frage, ob dies zu Kurzarbeit oder ähnlichen gravierenden Konsequenzen führen könne, antwortete er: "Ich hoffe nicht". In den vergangenen Jahrzehnten sei zu wenig in die Infrastruktur investiert worden - etwa in die Rhein-Vertiefung, mit der auch bei sehr niedrigem Wasserstand die Binnenschifffahrt am Laufen gehalten werden könne. "Das gehen wir jetzt an", sagte Wissing.

Die Industrie warnt angesichts rekordniedriger Pegelstände am Rhein vor schweren Folgen für die Wirtschaft. "Die anhaltende Trockenperiode und das Niedrigwasser bedrohen die Versorgungssicherheit der Industrie", sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Holger Lösch. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis Anlagen in der chemischen oder Stahlindustrie abgeschaltet werden, Mineralöle und Baustoffe ihr Ziel nicht erreichen oder Großraum- und Schwertransporte nicht mehr möglich sein werden. Lieferengpässe, Produktionsdrosselungen oder sogar Stillstände und Kurzarbeit wären die Folge.

Der Rhein ist ein wichtiger Schifffahrtsweg für Rohstoffe wie Getreide, Chemikalien, Mineralien, Kohle und Ölprodukte wie Heizöl. Das seit Wochen anhaltende Niedrigwasser beeinträchtigt bereits die Leistung von zwei deutschen Kohlekraftwerken.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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