ROUNDUP/Ampelstreit über AKW-Weiterbetrieb: Habeck drängt FDP zum Einlenken

dpa-AFX · Uhr

BERLIN (dpa-AFX) - Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) drängt die FDP zum Einlenken im Streit um die drei verbliebenen deutschen Atomkraftwerke. "Wenn man will, dass die Atomkraftwerke nach dem 31. Dezember noch Strom produzieren können, muss man jetzt den Weg dafür frei machen", sagte der Vizekanzler dem Magazin "Spiegel". Wegen der Energiekrise will Habeck zwei Atomkraftwerke für den Fall von Engpässen in der Stromversorgung bis ins Frühjahr einsatzbereit halten.

Die FDP dringt dagegen auf einen Weiterbetrieb aller drei verbliebenen AKW bis ins Jahr 2024 - Parteichef und Finanzminister Christian Lindner bekräftigte dies am Montag noch einmal. Eigentlich war im Zuge des Atomausstiegs vorgesehen, dass die letzten deutschen Kernkraftwerke Ende des Jahres vom Netz gehen.

Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums gab es eine Vereinbarung innerhalb der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP, den Gesetzentwurf zur AKW-Reserve am Montag durchs Kabinett zu bringen, damit der Bundestag im Anschluss darüber beraten kann. Dazu ist es bislang nicht gekommen.

Auch das Bundesumweltministerium von Steffi Lemke (Grüne) bestätigte die Blockade vonseiten des Finanzministeriums und erklärte dazu auf dpa-Anfrage: "Es stimmt, dass das BMF (Bundesfinanzministerium) die Zustimmung zum Gesetzentwurf trotz in der letzten Woche erfolgter Verständigung verweigert."

Wirtschaftsminister Habeck kritisiert: "Man kann nicht längere Laufzeiten wollen und gleichzeitig verhindern, dass die Atomkraftwerke laufen können." Genau das aber passiere gerade, sagte er mit Blick auf Lindner und die FDP.

Auch Grünen-Chefin Ricarda Lang und andere prominente Grünen-Politiker machten am Dienstag Druck. "Wir haben alle Möglichkeiten an der Hand, Versorgungssicherheit und Netzstabilität im Winter zu gewährleisten", sagte Lang der dpa in Berlin. Dazu gehöre auch die in der Koalition vereinbarte Einsatzreserve. Die Betreiber bräuchten aber dringend Gewissheit, um die notwendigen Reparaturen am Kraftwerk Isar 2 vornehmen zu können, betonte Lang.

Beim bayerischen Kraftwerk Isar 2 sind Wartungsarbeiten an einem Ventil nötig, damit es über das Jahresende hinaus weiter laufen kann. Die FDP müsse den Weg für die Einsatzreserve jetzt freimachen, sagte Lang. Ein Sprecher von Eon , Mutterkonzern des Isar-2-Betreibers Preussen Elektra, erklärte auf Anfrage, dass der Betreiber nach wie vor von einer zeitnahen Kabinettsentscheidung ausgehe. Der für den 21. Oktober geplante Kurzstillstand des Meilers zum Zwecke von Wartungsarbeiten sei weiter in Planung.

Die Grünen verweisen bei ihrer Kritik am Koalitionspartner auch auf die Einigung der Ampel-Koalition auf den so genannten Abwehrschirm Ende September. Dort heißt es: "Wir schaffen außerdem jetzt die Möglichkeit, die süddeutschen Atomkraftwerke bis zum Frühjahr 2023 laufen zu lassen." Es handle sich um eine schriftliche Einigung zwischen Kanzler Olaf Scholz (SPD), Habeck und Lindner, sagte Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge. "Und dieser Vorschlag war auch im Kabinett geeint."

Die FDP sieht sich dagegen zu Unrecht kritisiert. FDP-Vize Johannes Vogel erklärte mit Blick auf die Einsatzreserve: "Der schnellstmögliche Zeitplanvorschlag des Ministeriums für Wirtschaft und Energie sah einen Beschluss im Bundestag in der kommenden Woche vor. Dazu sind die Koalitionsfraktionen bis Anfang kommender Woche jederzeit handlungsfähig und in der Lage." Gleichzeitig verteidigte er erneut die Position seiner Partei, die verbliebenen Atommeiler noch länger am Netz zu lassen als bislang geplant. Auch mit Blick auf das Klima sei eine Laufzeitverlängerung besser, als mehr Kohle verstromen zu müssen, erklärte Vogel.

Auf diesen Aspekt wies ausgerechnet auch die schwedische Klima-Aktivistin Greta Thunberg hin. Im Interview mit ARD-Talkmasterin Sandra Maischberger, das am Mittwochabend ausgestrahlt wird und das der dpa vorab vorlag, erklärte Thunberg, dass sie es für falsch halte, die noch aktiven Atomkraftwerke in Deutschland abzuschalten und stattdessen verstärkt auf Kohlekraft zu setzen. "Wenn sie schon laufen, glaube ich, dass es ein Fehler wäre, sie abzuschalten und sich der Kohle zuzuwenden", sagte die Gründerin der Bewegung Fridays for Future./hrz/DP/zb

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