Insider - Ölkonzern Adnoc an Übernahme von Covestro interessiert

Frankfurt (Reuters) - Der Ölkonzern Abu Dhabi National Oil Company (Adnoc) streckt Insidern zufolge die Fühler nach dem Kunststoffunternehmen Covestro aus.
Adnoc sei mit einem Übernahmeangebot an Covestro herangetreten, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag von mehreren mit der Sache vertrauten Personen. Der staatliche Energieriese habe ein informelles Angebot mit einem Preis von etwa 55 Euro je Aktie vorgelegt. Damit wäre die Offerte mehr als zehn Milliarden Euro schwer. Covestro und Adnoc wollten sich zu den Informationen nicht äußern.
Covestro-Aktien legten im Leitindex Dax um mehr als 17 Prozent auf ein Jahreshoch von 47,44 Euro zu. Die ehemalige Bayer-Tochter war an der Börse zuletzt gut 7,8 Milliarden Euro wert. Adnoc mit Sitz in Abu Dhabi wurde 1971 gegründet und befindet sich vollständig in Staatsbesitz.
Bayer hatte seine ehemalige Kunststofftochter abgespalten und Covestro 2015 an die Börse gebracht. Größte Anteilseigner bei dem Leverkusener Unternehmen sind laut Refinitiv-Daten die Investmentbank Goldman Sachs und der Vermögensverwalter BlackRock mit je über fünf Prozent.
Analyst Markus Mayer von Baader Helvea hält eine Übernahme von Covestro bereits seit längerem für wahrscheinlich und hatte den österreichischen Ölkonzern OMV als möglichen Interessenten gesehen. "Um die 60 Euro je Aktie muss Adnoc mindestens bieten, um erfolgreich zu sein", glaubt er.
Eine Übernahme von Covestro würde dem Ölkonzern, der auch Raffinerieprodukte und petrochemische Erzeugnisse herstellt, Zugang zu fortschrittlicheren Materialien verschaffen, die in Elektrofahrzeugen, Wärmedämmung für Gebäude sowie Beschichtungen, Klebstoffen und technischen Kunststoffen zum Einsatz kommen. Adnoc-Chef Sultan al-Jaber leitet den Vorstoß des Unternehmens in neue Energien, kohlenstoffarme Brennstoffe sowie Flüssigerdgas und Chemikalien.
Andere Energie- und Petrochemieunternehmen aus dem Nahen Osten sind bereits bei europäischen Material- und Kunststoffunternehmen eingestiegen. So erwarb Saudi Aramco 2018 vom deutschen Miteigentümer Lanxess für 1,4 Milliarden Euro die Anteile, die es noch nicht an dem Synthesekautschukhersteller Arlanxeo besaß. SABIC, ebenfalls aus Saudi-Arabien, erwarb im gleichen Jahr einen Anteil von fast 25 Prozent am Schweizer Chemieunternehmen Clariant und konkurriert seit der Übernahme der Kunststoffsparte von GE im Jahr 2007 bei Polycarbonaten mit Covestro.
(Bericht von Ludwig Burger, Patricia Weiß, Emma-Victoria Farr und Christoph Steiz, unter Mitarbeit von Hadeel Al Sayegh in Dubai, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)