VW muss Gehaltskürzung von Betriebsräten zurücknehmen

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Hamburg (Reuters) - Im Streit über die Bezahlung von Betriebsräten muss Volkswagen Gehaltskürzungen zurücknehmen.

Das Arbeitsgericht Braunschweig gab am Mittwoch zwei freigestellten Betriebsräten des Autobauers in vollem Umfang recht, die gegen eine geringere Bezahlung geklagt hatten. In einem Fall hatte das Unternehmen das Monatsgehalt eines Betriebsrats aus Wolfsburg um 640 Euro herabgesetzt, ein Arbeitnehmervertreter aus Salgitter erhielt monatlich 280 Euro weniger. In einem weiteren Fall in Emden entschied das dortige Arbeitsgericht nach Betriebsratsangaben ähnlich. Volkswagen hatte die Kürzungen mit einem Urteil des Bundesgerichtshofs begründet, der eine an "hypothetischen Karrieren" orientierten Bezahlung freigestellter Betriebsräte ins Wanken brachte.

Die 3. Kammer des Arbeitsgerichts Braunschweig entschied, in dem ersten Fall habe es sich um eine tatsächlich zu besetzende Stelle gehandelt, für die sich der Kläger nicht aufgrund seiner Tätigkeit im Betriebsrat, sondern durch zuvor übertragene Aufgaben qualifiziert habe. Der zweite Kläger hatte damit argumentiert, seine Höhergruppierung habe auf einer bereits vor der Übernahme des Betriebsratsmandats vollzogenen Erweiterung seines Tätigkeitsbereichs beruht.

Der VW-Betriebsrat begrüßte die Urteile als erste Klarstellung. Generell bleibe aber zunächst die rechtliche Unsicherheit für Unternehmen bundesweit. VW erklärte in einer ersten Einschätzung, die Möglichkeit einer hypothetischen Karriereentwicklung werde von den Arbeitsgerichten im Grundsatz gestützt. Man müsse weitere Urteile abwarten.

Der BGH hatte die bei VW, aber auch anderen Unternehmen geltende Praxis sogenannter "hypothetischer Karrieren" infrage gestellt. Nach diesem Prinzip wird unterstellt, dass sich Betriebsräte, wären sie nicht freigestellt worden, in ihrem alten Job beruflich weiterentwickelt und entsprechend mehr verdient hätten. Das hatte dazu geführt, dass führende Betriebsratsmitglieder bei Volkswagen hohe Gehälter erhielten. Ex-Betriebsratschef Bernd Osterloh etwa verdiente in einem Spitzenjahr knapp 750.000 Euro.

Sollte die Entscheidungen der Arbeitsgerichte Bestand haben, dürfte dies die Unsicherheit bei der Bezahlung von Betriebsräten verringern. Auch Mercedes-Benz und Porsche sind betroffen. Betriebsräte und Gewerkschafter dringen seit längerem auf eine Reform des Betriebsverfassungsgesetzes. Sie befürchten, dass freigestellte Betriebsräte ihre Mandate zurückgeben, wenn sie weniger verdienen. Bei Volkswagen ist dies in einigen Fällen schon geschehen.

(Bericht von Jan C. Schwartz; Redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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