'Wirtschaftsweiser' hält Zinspause in Eurozone für angemessen

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Der "Wirtschaftsweise" Achim Truger sieht angesichts der EZB-Zinspolitik wachsende Risiken für die Wirtschaft in der Euro-Zone. Die Konjunktur im Euroraum trübe sich bereits deutlich ein, sagte Truger in einem am Sonntag veröffentlichten Interview dem "Münchner Merkur" (Online). Auch die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland sieht er mit wachsender Vorsicht.

Die Zinserhöhungen der Notenbank wirkten mit deutlicher Verzögerung. Die Wirkung sei noch nicht eingetreten. "Da noch draufzusatteln, ist riskant", sagte das Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Daher sei eine Zinspause angemessen. Nachdem die Notenbank zu Beginn der Inflation "wahrscheinlich zu lange gezögert und locker gehandelt hat, sollte sie jetzt nicht ins andere Extrem fallen", warnte Truger.

Mit einer Serie von bislang acht Zinserhöhungen seit Sommer 2022 versuchen die Euro-Währungshüter, die Inflation in den Griff zu bekommen. Denn sie bringt die Menschen um ihre Kaufkraft. Höhere Zinsen dagegen verteuern Kredite. Für die nächste Zinsentscheidung am 27. Juli hat die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, eine weitere Erhöhung in Aussicht gestellt.

Der Sachverständigenrat werde im Herbst eine neue Konjunkturprognose erstellen, doch sehe es "im Moment klar nach einem Minus aus", sagte Truger. Viel schlimmer als die konkrete Zahl sei, dass die deutsche Wirtschaftsleistung immer noch unter dem Vorkrisenniveau von 2019 liege. Auch für 2024 zeichne sich nur eine zaghafte Erholung ab.

Die Bundesbank erwartet im laufenden Jahr eine Schrumpfung der deutschen Wirtschaft um 0,3 Prozent. Im Winterhalbjahr war die deutsche Wirtschaft in eine "technische Rezession" mit zwei Minusquartalen in Folge gerutscht. Im Euroraum wird die Wirtschaft nach der jüngsten EZB-Prognose in diesem Jahr um 0,9 Prozent wachsen.

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung berät die Politik. Die Frauen und Männer in dem Gremium werden umgangssprachlich als "Wirtschaftsweise" bezeichnet.

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