Streit um Marsalek-Brief im Wirecard-Prozess

dpa-AFX · Uhr

MÜNCHEN (dpa-AFX) - Im Münchner Wirecard-Prozess zieht das erste Lebenszeichen des seit drei Jahren untergetauchten mutmaßlichen Drahtziehers Jan Marsalek Streit zwischen Verteidigung und Gericht nach sich. Der Anwalt des früheren Vorstandschefs Markus Braun forderte die Richter am Mittwoch auf, den im Auftrag Marsaleks geschriebenen Brief in die Hauptverhandlung einzuführen.

Brauns Verteidiger Alfred Dierlamm sieht in dem von Marsaleks Anwalt aufgesetztem Schreiben ein maßgebliches Indiz für die Unglaubwürdigkeit des Kronzeugen der Staatsanwaltschaft. "Wollen Sie den Brief in der Schublade verschwinden lassen", fragte Dierlamm in Richtung Richterbank.

Über das von Marsaleks Verteidiger aufgesetzte Schreiben hatte zuerst die "Wirtschaftswoche" berichtet. Dem Vernehmen nach widerspricht der Anwalt darin einerseits den Aussagen des Kronzeugen Oliver Bellenhaus und andererseits der Einschätzung des Insolvenzverwalters, dass ein Großteil der Wirecard-Geschäfte erfunden gewesen sei.

Laut Anklage bildeten Braun und Komplizen eine kriminelle Betrügerbande. Sie sollen Banken und Investoren nicht vorhandene Geschäfte vorgegaukelt haben, um mit Hilfe von Krediten in Milliardenhöhe ihr eigentlich in der Verlustzone gefangenes Unternehmen über Wasser zu halten. Die Staatsanwaltschaft beziffert den Schaden für die Kreditgeber auf über drei Milliarden Euro. Die Anklage stützt sich ganz wesentlich auf die Aussage des Kronzeugen Bellenhaus, ehedem Leiter der Wirecard-Tochtergesellschaft in Dubai.

Braun zufolge jedoch waren die Wirecard-Geschäfte echt. Demnach solle Drahtzieher Marsalek und seine Mittäter an die zwei Milliarden Euro veruntreut haben. Brauns Verteidiger haben Bellenhaus mehrfach der Lüge beschuldigt. Der Marsalek-Brief könnte insofern diese Argumentation stützen./cho/DP/jha

Neueste exklusive Artikel