Wintershall Dea kämpft mit wachsenden Hindernissen bei Russland-Rückzug

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Frankfurt (Reuters) - Der Öl- und Gaskonzern Wintershall Dea arbeitet an seinem Rückzug aus Russland und hat dabei mit wachsenden Hürden zu kämpfen.

"Wir haben es mit einem wirtschaftlichen und politischen Umfeld zu tun, das in jeder Hinsicht unvorhersehbar und in jeder Hinsicht schwierig ist", sagte Vorstandschef Mario Mehren am Donnerstag. "Täglich werden neue Hindernisse für den Ausstieg geschaffen." Diese reichten von Genehmigungsprozessen über Bewertungsanforderungen bis hin zu Vetorechten, über die die russische Regierung beim Verkauf strategischer Vermögenswerte nachdenke. "Wir machen weiter, aber es ist kein einfacher Prozess." Die ausländischen Kollegen in Russland seien dabei, zurückzukehren, die Schließung des Büros von Wintershall Dea in St. Petersburg sei im Gange.

Das Unternehmen hatte im Januar das Aus seiner Geschäfte in Russland angekündigt - faktisch wurde Wintershall Dea wirtschaftlich enteignet. Die Geschäfte machten zuletzt rund 50 Prozent der gesamten Produktion aus. Mehren hatte bereits im April eingeräumt, dass sich der Rückzug schwierig gestaltet und er nicht abschätzen könne, wie lange es dauere, bis der Konzern dieses Kapitel abschließen könne. Über 30 Jahre war Wintershall Dea in dem Land aktiv und investierte Milliarden. Das Unternehmen ist zusammen mit dem russischen Gazprom-Konzern an drei Förderprojekten am Erdgasfeld Juschno Russkoje sowie der Achimov-Formation des Urengoi-Felds in Sibirien beteiligt. "Der Ausstieg aus diesen Beteiligungen wird ein längerer Prozess sein", sagte Mehren. "Es ist unmöglich, ein genaues Datum dafür vorherzusagen."

Mehren bekräftigte, dass der Vorstand weiter alle rechtlichen Ansprüche prüfe, die das Unternehmen gegen den russischen Staat oder seine Partner in dem Land haben könnte. Dazu gehöre unverändert auch eine mögliche Inanspruchnahme von Investitionsschutzgarantien durch den Bund.

Das Unternehmen, an dem der Chemiekonzern BASF 72,7 Prozent und die ehemalige Dea-Eignerin LetterOne den Rest hält, setzt nun neben dem Ausbau seiner Geschäfte außerhalb Russlands stark auf das Kohlenstoffmanagement- und Wasserstoff-Geschäft. In dieses will Mehren jährlich 50 Millionen Euro investieren. Insgesamt hat er jedoch das diesjährige Investitionsbudget um 200 Millionen auf 1,0 bis 1,2 Milliarden Euro reduziert. "Darüber hinaus überprüfen wir angesichts des Ausstiegs aus Russland und des sich verändernden makroökonomischen Umfelds unsere allgemeinen Verwaltungskosten." Über das Ergebnis wolle Wintershall Dea zum Ergebnis des dritten Quartals berichten. Zukäufe stünden aber weiter auf der Agenda.

Im zweiten Quartal hinterließen deutlich niedrigere Öl- und Gaspreise als noch im Vorjahr Spuren in der Bilanz. Das operative Ergebnis schrumpfte binnen Jahresfrist um 24 Prozent auf 975 Millionen Euro. Der Nettogewinn brach auf 173 Millionen Euro von 668 Millionen vor Jahresfrist ein. Für das laufende Jahr senkte Wintershall Dea das obere Ende seiner Produktionsprognose und erwartet nun eine Produktion von 325.000 bis 340.000 Barrel Öläquivalent (boe) pro Tag statt von 325.000 bis 350.0000 boe. Im vergangenen Jahr waren es 321.000 boe ohne Russland, inklusive kam der Konzern auf 597.000 boe. Von April bis Juni lag die Produktion bei 322.000 boe pro Tag.

(Bericht von Patricia Weiß, redigiert von Hans Seidenstücker. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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