EU-Kommission verlängert Glyphosat-Zulassung um zehn Jahre

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Brüssel/Frankfurt (Reuters) - Die Europäische Kommission verlängert die Zulassung des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat in der Europäischen Union um weitere zehn Jahre.

Die Verlängerung erfolge auf Grundlage umfassender Sicherheitsbewertungen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sowie der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), erklärte die EU-Kommission am Donnerstag. Sie beschloss zugleich mehrere neue Bedingungen und Einschränkungen. Dazu gehören etwa ein Verbot der Verwendung von Glyphosat als Trockenmittel vor der Ernte, die Notwendigkeit bestimmter Maßnahmen zum Schutz von Nichtzielorganismen sowie eine Festlegung von Höchstausbringungsmengen.

Die EU-Mitgliedsstaaten hatten sich zuvor in einer zweiten Abstimmung im Berufungssauschuss erneut nicht einigen können. Bei der Abstimmung war eine qualifizierte Mehrheit von 15 der 27 EU-Länder, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung vertreten, für die Verlängerung oder Ablehnung der Zulassung von Glyphosat erforderlich. Bereits vor einem Monat konnten sich die Länder nicht zu einer eindeutigen Stellungnahme durchringen. Deshalb war nun die EU-Kommmission am Zug. Sie hatte bereits eine Verlängerung der Zulassung, die noch bis zum 15. Dezember läuft, um weitere zehn Jahre vorgeschlagen.

Deutschland habe sich bei der Abstimmung enthalten, räumte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir bei einer Pressekonferenz ein. Zwar seien die Grünen gegen eine Verlängerung gewesen, der Koalitionspartner FDP habe diese aber befürwortet. Dem sei die Enthaltung gefolgt. In ihrem Koalitionsvertrag hatte sich die Ampel-Regierung 2021 eigentlich darauf verständigt, Glyphosat in Deutschland bis Ende 2023 vom Markt zu nehmen. Die Folgen der EU-Zulassungsverlängerung würden nun daraufhin geprüft, sagte Özdemir.

Kritik kam von Umweltschutzorganisationen. "Diese Enthaltung geht auf das Konto der FDP, die nicht zum Koalitionsvertrag steht", erklärte etwa der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). "Eine konsequente Ablehnung der Ampel wäre ein wichtiges Signal in Europa für mehr Gesundheit und Artenschutz."

Nach Angaben der Kommission sind die Mitgliedstaaten für die nationale Zulassung glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel zuständig. Sie könnten deren Verwendung weiterhin auf nationaler und regionaler Ebene einschränken, "wenn sie dies aufgrund der Ergebnisse von Risikobewertungen für erforderlich halten, insbesondere unter Berücksichtigung der Notwendigkeit, die biologische Vielfalt zu schützen."

Glyphosat zählt zu den weltweit am meisten eingesetzten Herbiziden und wurde vom US-Konzern Monsanto entwickelt, den Bayer 2017 übernahm. Der Leverkusener Agrar- und Pharmakonzern begrüßte die Entscheidung der Kommission. "Diese erneute Genehmigung ermöglicht es uns, Landwirten in der gesamten Europäischen Union weiterhin eine wichtige Technologie für die integrierte Unkrautbekämpfung zur Verfügung stellen zu können." Für Bayer sind seine glyphosathaltigen Roundup-Unkrautvernichter ein bedeutender Umsatzbringer. Mit dem Monsanto-Zukauf handelten sich die Leverkusener allerdings auch eine Klagewelle wegen der angeblich krebserregenden Wirkung des Herbizids ein.

Behörden weltweit, darunter die US-Umweltbehörde EPA und die Europäische Chemikalienagentur, haben Glyphosat als nicht krebserregend eingestuft. Die Krebsforschungsagentur IARC der Weltgesundheitsorganisation WHO bewertete den Wirkstoff 2015 als "wahrscheinlich krebserregend". Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hatte im Juli eine erneute Zulassung des umstrittenen Unkrautvernichters in der Europäischen Union als unkritisch bewertet.

(Bericht von Patricia Weiß und Philip Blenkinsop in Brüssel, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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