Institute senken Prognosen - "Regierung hat an Krise mitgewirkt"

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Berlin (Reuters) - Führende Wirtschaftsforschungsinstitute blicken trotz sinkender Inflation und steigender Reallöhne pessimistischer auf die deutsche Konjunktur.

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln) rechnet auch wegen der Haushaltskrise für 2024 sogar mit einem weiteren Rezessionsjahr. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde wie schon im zu Ende gehenden Jahr voraussichtlich um 0,5 Prozent schrumpfen, heißt es in der am Mittwoch veröffentlichten Prognose des arbeitgebernahen Instituts. Die anhaltende Unsicherheit um den Bundeshaushalt drückt die Wirtschaftsleistung demnach um ein halbes Prozent nach unten, weil Unternehmen ihre Investitionsentscheidungen zurückstellen würden. Mit diesen trüben Aussichten stehe Deutschland unter den großen Industriestaaten alleine da: So dürfte die US-Wirtschaft um etwa 1,25 Prozent wachsen, Frankreich um 0,75 Prozent. "Die schlechten Bedingungen im Welthandel sind nicht der einzige Grund für die fortgesetzte Rezession", sagte IW-Direktor Michael Hüther. "An dieser Krise hat die Bundesregierung entscheidend mitgewirkt."

Nicht ganz so düster blickt das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) auf 2024. Das BIP werde nur um 0,9 Prozent statt der bisher erwarteten 1,3 Prozent wachsen, heißt es in der Winterprognose. Für 2025 wurde die Vorhersage ebenfalls gestutzt, und zwar von 1,5 auf 1,2 Prozent. Dafür dürfte Europas größte Volkswirtschaft im zu Ende gehenden Jahr nur um 0,3 und nicht um 0,5 Prozent schrumpfen. "Die deutsche Wirtschaft müht sich aus der Stagnation", erklärten die IfW-Forscher. "Eine große konjunkturelle Dynamik ist nicht absehbar."

"HOCHINFLATIONSPHASE IST AUSGESTANDEN"

Positive Impulse sollen in erster Linie von den Verbrauchern kommen. "Vor allem die recht kräftigen Zuwächse des real verfügbaren Einkommens werden den privaten Konsum anschieben", hieß es beim IfW. So dürfte die Inflationsrate im kommenden Jahr mit 2,3 Prozent deutlich geringer ausfallen als 2023 mit 5,9 Prozent und 2025 weiter auf 1,8 Prozent sinken. "Die Hochinflationsphase ist ausgestanden." Die Löhne dürften deutlich stärker steigen, weshalb die verfügbaren Einkommen im nächsten Jahr um vier Prozent und 2025 um weitere 2,7 Prozent zulegen dürften.

Gegenwind erwartet das IfW für den Bau und für die Exportwirtschaft. "Die Zinswende belastet weiterhin die Baubranche", erklärten die Forscher. "Größere Impulse seitens der Weltwirtschaft lassen auf sich warten." Zudem werde die sich nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil abzeichnende Konsolidierung des Staatshaushalts die wirtschaftliche Expansion belasten. "Die geringe wirtschaftliche Dynamik hinterlässt Spuren am Arbeitsmarkt", hieß es zudem. "Der demografische Wandel und damit verbunden der Fachkräftemangel wirken dem aber entgegen." So dürfte die Arbeitslosenquote im kommenden Jahr auf 5,8 Prozent stiegen, sie soll 2025 aber mit 5,6 Prozent wieder knapp unter dem Niveau des laufenden Jahres liegen.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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