Bahnstreik hilft Konkurrenz - Eurowings mit größtem Plus seit 2020

Reuters · Uhr
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Berlin (Reuters) - Airlines, Autovermieter und Busbetreiber profitieren vom anstehenden längsten Streiks in der Geschichte der Deutschen Bahn.

"Eurowings verzeichnet in diesen Tagen die höchsten Buchungseingänge seit mehr als vier Jahren", sagte ein Sprecher der Lufthansa-Tochter am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. "Dabei stellen wir eine sprunghaft steigende Nachfrage insbesondere auf innerdeutschen Strecken fest." An Flughäfen wie Düsseldorf, Hamburg, Berlin, Köln/Bonn oder Stuttgart verfüge Eurowings aber noch über freie Kapazitäten. Zusatzflüge und der Einsatz größerer Airbus-Flugzeuge würden geprüft. Die Lufthansa selbst verzeichnet für den von Mittwoch bis Montag geplanten Streik "einige zusätzliche Buchungen für ihre innerdeutschen Flugverbindungen und setzt auf verschiedenen Strecken größere Flugzeuge ein, um möglichst vielen Gästen eine Reisemöglichkeit zu bieten", wie ein Unternehmenssprecher sagte.

Das Unternehmen FlixBus, das mit FlixTrain auch einen direkten Bahn-Konkurrenten auf der Schiene hat, berichtete ähnliches. "Wir sehen wie meistens, wenn Wettbewerber bestreikt werden, eine deutlich gestiegene Nachfrage", betonte eine Sprecherin. "So hat sich auch dieses Mal die Nachfrage mehr als verdoppelt." Aktuell seien noch ausreichend Tickets verfügbar. Sofern notwendig, würden nach Möglichkeit zusätzliche Busse eingesetzt.

"Aktuell beobachten wir für diese Woche bundesweit eine deutlich erhöhte Nachfrage", sagte ein Sprecher des börsennotierten Autovermieters Sixt. Zu dessen Netzwerk in Deutschland zählen knapp 350 Stationen. Europcar betonte, grundsätzlich noch viele freie Fahrzeuge zu haben. "Bis einschließlich Mittwoch könnte es allerdings knapp werden, da wir bereits zahlreiche Buchungen erhalten haben", sagte der Geschäftsführer der Europcar Mobility Group Germany, Tobias Zisik. Europcar verfügt über mehr als 300 Stationen in Deutschland.

"BYE BYE BAHNSINN"

Die Lokführergewerkschaft GDL hat zu einem Streik von Mittwoch bis Montag aufgerufen. Vermittlungsportale werben nun offensiv um Umsteiger. "Bye bye Bahnsinn, Hallo Carsharing", heißt es etwa in Rundmails des Anbieters billiger-mietwagen.de, der neben Leihwagen auch Carsharing-Angebote vermittelt.

Der Verband "Die Güterbahnen" - Konkurrenten der Deutschen Bahn - verwies darauf, dass die bestreikte DB Cargo nur noch einen Marktanteil von 40 Prozent halte. "60 Prozent der Züge im Schienengüterverkehr rollen also wie üblich und kommen häufig sogar besser ans Ziel, weil das Netz leerer als üblich ist", sagte Geschäftsführer Peter Westenberger. Im Schienengüterverkehr würden zudem überwiegend keine zeitkritischen Waren transportiert und die privaten Wettbewerber nähmen vereinzelt und im Rahmen ihrer eigenen Kapazitäten Verkehre auf, die DB Cargo nun nicht bedienen könne. Der Streik bei DB Cargo soll schon Dienstagabend beginnen.

Der geplante Ausstand kommt der heimischen Wirtschaft nach Prognose von Ökonomen teuer zu stehen. "Ein eintägiger bundesweiter Bahnstreik kostet etwa 100 Millionen Euro am Tag an Wirtschaftsleistung", sagte der Konjunkturchef des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln), Michael Grömling, zu Reuters. Bei der nun angekündigten Streikdauer von sechs Tagen würden die Kosten nicht mehr linear steigen, sondern sich teils multiplizieren. "Wir sind da schnell bei einer Milliarde Euro Schaden", sagte Grömling.

Für die Chemiebranche - Deutschlands drittgrößten Industriezweig nach der Autobranche und dem Maschinenbau - spielt der Güterverkehr auf der Schiene eine bedeutende Rolle. Im Jahr 2022 wurden nach Angaben des Branchenverbands VCI allein in Deutschland 23,6 Millionen Tonnen chemische Erzeugnisse mit der Bahn transportiert. Damit verantwortete die Branche 6,6 Prozent der gesamten Beförderungsmenge. Für die Chemieindustrie sei der erneute Streik eine große logistische Herausforderung, hieß es beim Verband. Die Unternehmen hätten sich zwar vorbereitet und setzen alles daran, dass ihre Transporte weiterhin möglichst reibungslos verliefen. Mit Kunden und Logistikdienstleistern seien umgehend "flexible Lösungen" entwickelt worden. Diese könnten allerdings die Einschränkungen und Verzögerungen in der Bahnlogistik nur teilweise ausgleichen.

(Bericht von Nette Nöstlinger, Ilona Wissenbach, Markus Wacket, Rene Wagner und Patricia Weiß, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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