Oberste EZB-Bankenaufseherin Buch für erhöhte Wachsamkeit

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Frankfurt (Reuters) - In der Finanzbranche ist aus Sicht der obersten Bankenaufseherin der EZB, Claudia Buch, derzeit erhöhte Wachsamkeit gefordert.

"Wir sind im Moment, wir reden ja häufig von Polykrisen, in einem Umfeld, wo wir wirklich sehr wachsam sein müssen", sagte die deutsche Ökonomin am Montag in Frankfurt auf einer Konferenz des "Handelsblatt" zur Bankenaufsicht. Die Aufgabe der Kontrolleure sei es, dies sehr strukturiert herunterzubrechen und zu überlegen, was das für die einzelne Bank bedeuten könne. Die Unsicherheit sei im Moment sehr hoch.

Die frühere Bundesbank-Vizechefin, die seit Januar die bei der Europäischen Zentralbank (EZB) angedockte Aufsicht über die Großbanken im Euroraum leitet, wies auf das geänderte konjunkturelle und finanzielle Umfeld für die Branche hin. Vor der Pandemie habe es ein relativ stabiles Wachstum und niedrige Zinsen gegeben. Die Gewinne der Banken seien entsprechend geringer gewesen: "Das war noch ein relativ stabiles Umfeld." Die danach eingetretenen starken Schocks seien vielfach gar nicht in Form von Verlusten in den Bankbilanzen angekommen. Denn die Geld- und Fiskalpolitik habe diese Schocks sehr stark aufgefangen. Daher hätten sich Anfälligkeiten entwickelt, die jetzt in gewissem Umfang schon zum Tragen gekommen seien, etwa bei den Gewerbeimmobilien. "Aber zum Teil sind auch die Effekte der gestiegenen Zinsen noch gar nicht wirklich verarbeitet vom Finanzsystem."

Eine Freigabe der zusätzlichen Kapitalpuffer, die Geldhäuser zur Absicherung gegen mögliche Konjunkturrisiken halten müssen, lehnt Buch in diesem Umfeld ab. Es sei gut, diese Puffer - in der Fachwelt 'antizyklische Kapitalpuffer' genannt - zu haben und auch zu halten. Es gelte, angesichts der bestehenden Unsicherheit gewappnet zu sein.

SORGENTHEMA GEWERBEIMMOBILIEN

Was die Resilienz der europäischen Banken angehe, müsse man sich zunächst keine Sorgen machen, sagte Buch. Die Aufsicht habe sich seit einiger Zeit mit dem Thema Immobilien und Gewerbeimmobilien beschäftigt und auch mit den Banken gearbeitet. "Wir haben einen sehr starken Zinsanstieg natürlich gehabt, sehr viel stärker als unsere Stressmodelle, die wir üblicherweise als Aufseher nehmen, es nahelegen würden." Bei Gewerbeimmobilien gebe es viele Finanzierungsstrukturen, die sehr zinsabhängig seien und ein hohes Refinanzierungsrisiko hätten.

Laut Buch ist das gesamte Gewerbeimmobilien-Portfolio der Banken relativ zu deren Aktiva nicht sehr groß. Das seien etwa sechs Prozent relativ zu den gesamten Vermögenswerten. "Man muss aber schon sagen, dass innerhalb dieses Portfolios die notleidenden Kredite fast doppelt so hoch sind wie für das Kreditportfolio insgesamt." Dort seien es um die zwei Prozent, bei den Gewerbeimmobilien vier Prozent. Die Aufsicht achte daher auf diesen Bereich sehr intensiv. Das sei kein systemisches Risiko-Thema. "Aber eines, was wir sehr, sehr eng aufsichtlich im Blick haben", fügte sie hinzu. Mit den Banken, die da dort stark engagiert seien, werde intensiv gearbeitet, so Buch.

Die Gewerbeimmobilienpreise in Deutschland waren vor der Jahreswende im Rekordtempo gefallen. Im Schlussquartal 2023 waren sie zum Vorjahresquartal laut dem Immobilienpreisindex des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (vdp) um 12,1 Prozent gesunken. Mit einer Stabilisierung der Preise rechnet der Verband nicht vor Ende des laufenden Jahres.

(Bericht von Frank Siebelt,; redigiert von Reinhard Becker. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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