EU-Staaten wollen Militärhilfe für Ukraine absichern

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Brüssel (Reuters) - Die 27 EU-Staaten wollen die Finanzierung der Militärhilfe für die Ukraine auf sicherere Beine stellen und dazu auch die Einnahmen aus eingefrorenem russischem Vermögen nutzen.

Das ging am Donnerstag aus dem Entwurf für eine Erklärung zum Gipfeltreffen in Brüssel hervor. Wie vom EU-Außenbeauftragten Josep Borrell zuvor angekündigt, soll der größte Teil der Zinseinahmen von eingefrorenen Mitteln dafür verwendet werden. Vor Beginn des zweitägigen Gipfels in Brüssel war aber noch unklar, ob Länder wie Ungarn dies ablehnen. Kanzler Olaf Scholz hatte bereits angekündigt, dass er den Vorschlag unterstützt. Diskutiert wird auf dem EU-Gipfel aber auch, wie mehr Geld in die europäische Verteidigungsindustrie gepumpt werden kann, um angesichts der russischen Aufrüstung die Produktion von Waffen und Munition rasch zu erhöhen. 14 EU-Staaten hatten gefordert, dafür auch die Europäische Investitionsbank (EIB) heranzuziehen.

Vor dem eigentlichen Treffen sollte bei einem gemeinsamen Essen mit UN-Generalsekretär Antonio Guterres auch über die Lage im Gazastreifen beraten werden. Der EU-Gipfel will von Israel zumindest eine Feuerpause fordern, um die von den Vereinten Nationen (UN) als katastrophal bezeichnete Versorgungslage der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen zu verbessern.

Am Nachmittag soll dann der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dazugeschaltet werden, um mit den EU-Staats- und Regierungschefs über die Militärhilfe für sein Land zu beraten. In deutschen Regierungskreisen wurde am Mittwoch getont, dass Scholz den Gipfel nutzen werde, um auch bilateral eine Erhöhung der Hilfen für die Ukraine anzuregen. Die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas hatte vorgeschlagen, dass jedes Land 0,25 Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Militärhilfe für die Ukraine zur Verfügung stellen soll. Davon sind die meisten der 27 EU-Staaten aber weit entfernt. Etliche EU-Länder haben mit Budgetproblemen zu kämpfen. Deshalb gilt die Nutzung von mehreren Milliarden Euro jährlich aus den Zinserträgen eingefrorener russischer Vermögenswerte als Möglichkeit, die Hilfe für die Ukraine besser abzusichern.

Der EU-Gipfel will zudem Länder wie Iran auffordern, "unverzüglich" die materielle Unterstützung des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine einzustellen. Man sei äußerst besorgt über Berichte, dass der Iran möglicherweise ballistische Raketen und zugehörige Technologie an Russland zum Einsatz gegen die Ukraine transferiert. "Sollte Iran dies tun, ist die Europäische Union bereit, rasch und in Abstimmung mit internationalen Partnern zu reagieren, unter anderem mit neuen und erheblichen restriktiven Maßnahmen gegen Iran", heißt es in der Gipfelerklärung in Andeutung weiterer Sanktionen.

STÄRKUNG DES VERTEIDIGUNGSSEKTORS

In dem Entwurf der Gipfelerklärung heißt es zudem, dass der Zugang der europäischen Rüstungsindustrie zu öffentlichen und privaten Finanzmitteln verbessert werden soll. Die EU-Kommission und die Fachminister sollen alle Möglichkeiten zur Mobilisierung von Finanzmitteln prüfen und bis Juni darüber Bericht erstatten. Die EIB wird aufgefordert, ihre Politik für die Kreditvergabe an die Rüstungsindustrie und ihre derzeitige Definition von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck für zivile und militärische Nutzung anzupassen. Dabei soll sie aber auch darauf achten, dass sie ihre Bonität erhält. Hintergrund ist unter anderem, dass Investitionen in den Verteidigungssektor nicht als "nachhaltig" eingestuft werden.

Estlands Ministerpräsidentin Kallas sagte im Reuters-Interview, dass sie die Pläne der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen unterstütze, in der nächsten EU-Kommission einen eigenen Kommissar für den Verteidigungssektor zu ernennen. Die Bundesregierung hatte allerdings betont, dass die Verteidigungspolitik weiter nationale Zuständigkeit bleibe.

(Bericht von Jan Strupczewski, Andreas Rinke, Andrew Gray; redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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