Experten - Brückeneinsturz im Baltimore-Hafen könnte deutschen Handel verzögern

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Berlin/Washington (Reuters) - Die Sperrung des Hafens von Baltimore im US-Bundesstaat Maryland nach dem Einsturz einer Autobrücke kann Experten zufolge den Warenaustausch mit Deutschland beeinträchtigen.

"Der Handel mit Deutschland dürfte von Umleitungen betroffen sein", sagte Commerzbank-Handelsexperte Vincent Stamer am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters angesichts der erwarteten Störungen im Handel der Metropolregion Washington. "Denn der Hafen von Baltimore hat sich auf das Löschen von Pkw spezialisiert." Vermutlich müssten die entsprechenden Schiffe nach New York und Florida umgeleitet werden, was zu Verzögerungen führen könnte.

Nach Angaben der Hafenverwaltung von Maryland wurden 2023 mehr als 750.000 Autos und Kleinlaster über die staatlichen Terminals abgefertigt. "Baltimore gehört neben mehreren anderen Häfen in den USA, darunter New Brunswick und Charleston, zu den Häfen, die von Mercedes-Benz für Fahrzeugimporte genutzt werden", teilte Mercedes auf Anfrage mit. Man stehe in engem Kontakt mit Logistikdienstleistern und beobachte die Situation. Der Vorfall dürfte aber keine Folgen für den Export von Fahrzeugen haben.

Größere Störungen der Lieferketten erwarten Experten nicht. "Insgesamt hat der Hafen von Baltimore eine geringe Bedeutung für den Handel der USA", sagte Stamer. "Der Hafen fällt nicht einmal unter die drittgrößten der US-Ostküste." Die Häfen von New York/Newark, Savannah und der Port of Virginia seien teils deutlich bedeutender. Logistikexperten gehen davon aus, dass konkurrierende Häfen an der US-Ostküste reichlich freie Kapazitäten haben. "Wir sind bereit zu helfen", sagte der Sprecher des Port of Virginia, Joe Harris, zu Reuters. "Wir verfügen über ausreichende Kapazitäten, um jeden Anstieg im Containerverkehr aufzufangen."

FOLGEN FÜR MEHR ALS 2000 HAFEN-BESCHÄFTIGTE

Am Dienstag war die vierspurige Autobrücke eingestürzt, nachdem ein Containerschiff sie gerammt hatte. Sechs Menschen werden immer noch vermisst. Es ist unklar, wie lange die Hafeneinfahrt blockiert bleiben wird. Der Hafen in Norfolk gilt aufgrund seiner Nähe zu Baltimore als Hauptnutznießer. Aber auch die Anlagen in Savannah und Brunswick seien bereit, einen Teil des Verkehrs aufzunehmen, sagte ein Sprecher der Georgia Ports Authority. Die Häfen an der Ostküste haben in den vergangenen zehn Jahren Milliarden von Dollar in den Ausbau ihrer Kapazitäten investiert.

"Der Einsturz der Francis-Scott-Key-Brücke in Maryland ist eine weitere Erinnerung an die Anfälligkeit der USA für Schocks in der Lieferkette", betonte Volkswirt Ryan Sweet von Oxford Economics. "Aber dieses Ereignis wird größere wirtschaftliche Folgen für die Wirtschaft in Baltimore haben als auf nationaler Ebene." Unterbrechungen im Handel dürften sich kaum auf die Inflation auswirken.

Die Folgen für die mehr als 2000 Beschäftigten des Hafens von Baltimore, die Frachtschiffe be- und entladen, könnten allerdings erheblich sein, sollte die Schließung länger als ein paar Tage andauern. Die Hafenarbeiter seien Tagelöhner, sagte Logistikexperte Scott Cowan. Nach Angaben des Büros des Gouverneurs von Maryland, Wes Moore, sind über 15.000 Arbeitsplätze direkt im Hafen angesiedelt, weitere 140.000 Jobs hängen von der Hafenaktivität ab.

(Bericht von Rene Wagner, David Lawder, redigiert von Sabine Wollrab - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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