Russischer Journalist Sygar in Abwesenheit zu mehrjähriger Haft verurteilt

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Moskau (Reuters) - Ein Gericht in Moskau hat am Dienstag den russischen Journalisten Michail Sygar in Abwesenheit zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt, weil er Falschinformationen über die russische Armee verbreitet haben soll.

Die Anklage gegen Sygar geht auf einen Instagram-Beitrag zurück, den er im April 2022 verfasst hatte und in dem er mutmaßlich von russischen Streitkräften in der ukrainischen Stadt Butscha begangene Kriegsverbrechen beschrieb. Sygar hatte nach Beginn der russischen Offensive gegen die Ukraine im Februar 2022 Russland verlassen. Er werde in eine Strafkolonie überstellt, sollte er in sein Heimatland zurückkehren, teilte das Gericht mit. Der 43-jährige Sygar ist ehemaliger Chefredakteur von Doschd, einem unabhängigen russischsprachigen Rundfunksender, und Autor mehrerer Bücher über Russland.

Die Behörden haben Sygar und seinen früheren Arbeitgeber Doschd zum "ausländischen Agenten" erklärt – eine solche Einstufung bringt für die Betroffenen zahlreiche Probleme mit sich.

Im März hatte sich Sygar in einem Post auf X über das Strafverfahren gegen ihn lustig gemacht. "Die russischen Behörden haben ein Strafverfahren gegen mich eingeleitet. Das Komische ist, dass sie mich beschuldigen, 'Fake News' über die russische Armee zu verbreiten, weil ich über die Gräueltaten in Butscha geschrieben habe – und das vor zwei Jahren. Ok, besser spät als nie."

Nach dem Abzug der russischen Truppen vor Kiew zu Beginn des Krieges wurden Massengräber entdeckt - unter anderem im Vorort Butscha. Dort wurden nach ukrainischen Angaben rund 450 Leichen gefunden, die meisten wiesen Spuren von Folter oder gewaltsamem Tod auf. Fast alle waren Zivilistinnen und Zivilisten. Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen wurden aufgenommen, für die russische Truppen verantwortlich gemacht werden. Russland bestritt eine Beteiligung an gezielten Massakern. Auch nach dem russischen Abzug aus anderen Orten wurden Massengräber mit Zivilisten entdeckt, so im September 2022 in Isjum. Weltweit sorgten Berichte über Massaker an der Zivilbevölkerung für Empörung.

Russische Gerichte haben bereits mehrfach Journalistinnen und Journalisten verurteilt. Erst am Freitag wurde die russisch-amerikanische Journalistin Alsu Kurmasheva zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt. Sie soll falsche Informationen über die russische Armee verbreitet haben. Der US-Journalist Evan Gershkovich wurde unlängst wegen des Vorwurfs der Spionage zu 16 Jahren Lagerhaft verurteilt.

(Reuters-Bericht, geschrieben von Sabine Ehrhardt, redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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