Bahn will nach Drei-Jahres-Sanierung Milliarden-Gewinne abliefern
Nach einem verschärften Sanierungskurs will die Deutsche Bahn internen Dokumenten zufolge in drei Jahren deutlich pünktlicher sein und Milliardengewinne machen.
Am Ende des Programms "S3" im Jahr 2027 werde der Staatskonzern einen Betriebsgewinn von zwei Milliarden Euro ausweisen, heißt es in dem rund 110-seitigen Dokument, das der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt. Derzeit steht die Bahn in Deutschland vor Zinsen und Steuern (Ebit) noch bei einem Minus von 1,3 Milliarden Euro.
In drei Jahren sollen zudem 75 bis 80 Prozent der IC und ICE wieder pünktlich ihr Ziel erreichen. Zuletzt waren es gut 60 Prozent. Eine wichtige Rolle für die Sanierung soll auch der Abbau von mindestens 30.000 Stellen in der Verwaltung spielen. In Konzernkreisen hieß es, dies würden am Ende vermutlich eher mehr werden.
Während derzeit alle vier Hauptsparten Fern- und Nahverkehr, Güterbahn und Netz rote Zahlen schreiben, sollen sie 2027 allesamt profitabel sein. Unter anderem will die Bahn dafür allein im Fernverkehr 2,2 Milliarden Euro an Investitionen vor allem in Züge einsparen. Laut Insidern ist daran gedacht, Zugbestellungen bei Siemens oder Talgo zeitlich zu strecken.
Nachdem der Bund mit Milliarden-Zuschüssen die Sanierung vieler maroder Gleise des rund 33.000 Kilometer langen Netzes angestoßen hatte, hat Verkehrsminister Volker Wissing auch die wirtschaftliche Sanierung des mit über 30 Milliarden Euro verschuldeten Konzerns verlangt. Dies wird umso schwerer, da die Bahn sich in Kürze von der internationalen Spedition Schenker trennen will. Sie war zuletzt der einzige größere Gewinnlieferant im Konzern und hatte zeitweise sämtliche Verluste der Bahn in Deutschland ausgeglichen.
Die Deutsche Bahn erklärte auf Anfrage: "Der Vorstand wird ein Gesamtprogramm zur Sanierung der DB in den nächsten drei Jahren auf den Weg bringen und am 18. September dem Aufsichtsrat vorlegen." Details würden aber zunächst dem Gremium vorgelegt.
FERNVERKEHR IM FOKUS - "VOLLES FUNKTIONIEREN"
Während der Nahverkehr bereits nah an der Gewinnzone ist, ist der Fernverkehr zuletzt immer mehr zum Problem geworden. In diesem Jahr liegt er mit deutlich über 200 Millionen Euro im Minus und soll 2027 fast eine halbe Milliarde Gewinn machen. Dazu hat die Sparte bereits ihr eigenes Programm "Volles Funktionieren" auf den Weg gebracht.
Sie leidet nicht nur unter Verspätungen, sondern auch unter der Konkurrenz des 49-Euro-Tickets im Nahverkehr. Auf kürzeren Strecken nehmen Kunden daher eher einen Regionalzug als einen ICE. Zudem sind nur ein Drittel der Zugverbindungen laut Bahn-Dokumenten profitabel, im Wesentlichen das Kernnetz. Im sogenannten Ergänzungsnetz könnte es "Anpassungen an die Nachfrage" geben. Eine Ausdünnung des Fahrplans hat aber Wissing abgelehnt. Sowohl im Fern- als auch Nahverkehr setzt die Bahn auf die Umsetzung von "3S" durch die bisherige Führung: Die Verträge von Michael Peterson und auch Evelyn Palla sollen Konzernkreisen zufolge um fünf Jahre verlängert werden.
Das Schienenetz wiederum soll schon dieses Jahr wieder in die Gewinnzone. Obwohl derzeit noch über 800 Millionen Euro Verlust zu Buche stehen, erwartet das Netz (Infrago) eine milliardenschwere Zahlung des Bundes. Die Bahn war für die Sanierung von Strecken in Vorleistung gegangen, die eigentlich der Bund bezahlt.
Ein Sonderfall stellt die seit Jahren krisengeschüttelte Güterbahn als vierte große Bahn-Sparte dar. Die EU hat dem Konzern untersagt, die Verluste dauerhaft auszugleichen, da damit Konkurrenten benachteiligt würden. Die Sparte muss daher 2026 unterm Strich schwarze Zahlen schreiben. Für die Sanierung wird ihr ein Aufpasser der EU, ein sogenannter Treuhänder, zur Seite gestellt. Das heißt: DB Cargo erhöht die Preise und fährt nur noch Züge, die sich rechnen. Aufträge werden an günstigere und flexiblere Untergesellschaften ausgelagert. Für den Hafenverkehr wird ein Investor gesucht. Die Gewerkschaften leisten Widerstand gegen die Pläne. Sie entsprächen auch nicht dem Regierungsziel, aus Klimaschutzgründen mehr Güter auf die Schiene zu bekommen.
Insgesamt sollen Ende dieses Jahre bereits Personenverkehr, Netz und Cargo keinen Betriebsverlust machen. Der Konzern will insgesamt sogar einen Betriebsgewinn von einer Milliarde Euro ausweisen, der aber dann im Wesentlichen noch von Schenker geliefert wird.
(Redigiert von Thomas Seythal. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)