Wirtschaftsverbände haben keine Einwände gegen Ehe von Commerzbank/Unicredit
Deutsche Wirtschaftsverbände sehen in der möglichen Übernahme der für den Mittelstand wichtigen Commerzbank durch die italienische Unicredit eine Chance.
Damit könne "die dringend notwendige Transformation des angeschlagenen Geschäfts der Commerzbank angestoßen werden, um sie wieder wettbewerbsfähig zu machen – ein Vorteil auch für deutsche Unternehmen", sagte der geschäftsführende Vorstand des Deutschen Mittelstands-Bundes (DMB), Marc Tenbieg, am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. "Ohne externe Unterstützung wird die Commerzbank langfristig kaum im globalen Finanzmarkt bestehen." Eine Konsolidierung in Europa sei notwendig, um attraktivere Angebote für den Mittelstand zu schaffen.
"In der jetzigen Phase erheblicher wirtschaftlicher Verwerfungen sind starke und solide Finanzpartner für den Mittelstand äußerst wichtig", sagte auch der Chefvolkswirt des Bundesverbandes der mittelständischen Wirtschaft (BVMW), Hans-Jürgen Völz. "Daher ist es richtig, dass Geschäftsbanken Profitabilitätspotenziale heben, ihre Bilanz stärken, wachsen und so am Markt als verlässliche Partner des Mittelstands bestehen können." Wenn dafür im Fall der Commerzbank ein Zusammenschluss mit einem anderen europäischen Bankeninstitut einen Beitrag leiste, "begrüßen wir dies".
"STAAT SOLLTE NICHT EINGREIFEN"
Dem DMB zufolge birgt eine Übernahme auch Risiken. "In unsicheren Zeiten möchten viele Unternehmer auf vertraute, nationale Partner setzen", sagte Tenbieg. Die Sorgen über einen möglichen Stellenabbau und die Verlagerung der Zentrale ins Ausland seien verständlich. "Dennoch könnten gerade diese Maßnahmen das marode Geschäft der Commerzbank stabilisieren." Der Staat sollte daher keine protektionistischen Maßnahmen gegen die Übernahme ergreifen, da eine stärkere Bank letztlich auch dem Mittelstand zugutekommen würde. Dieser sei weder ein guter Unternehmer noch ein guter Bankier. "Deswegen sollten natürliche Marktmechanismen nicht erneut durch staatliche Interventionen gestört werden", sagte der DMB-Vorstand.
Ähnlich sieht das der Verband "Die jungen Unternehmer". "Unabhängig davon, was mit der Commerzbank nun passiert, finde ich es gut, dass der Staat sich als mächtiger Einzelaktionär zurückzieht", sagte dessen Bundesvorsitzender Thomas Hoppe. "Die Entscheidung muss unabhängig von etwaigen Konsolidierungen auf dem Bankenmarkt Bestand haben, die eher ökonomischer als politischer Natur sind." Der Staat sollte zudem auch seine Telekom-Aktien verkaufen. Die Deutsche Telekom sei längst ein Anbieter unter vielen geworden. "Die gesetzgeberische Bevorzugung, die das Halten der Anteile logischerweise mit sich bringt, ist reine Wettbewerbsverzerrung", sagte Hoppe.
Unicredit, die in Deutschland mit ihrer Marke HypoVereinsbank bekannt ist, hatte vorige Woche überraschend bekanntgegeben, neun Prozent am zweitgrößten börsennotierten deutschen Geldinstitut erworben zu haben. Im Falle eines Zusammenschlusses könnte ein Bankriese entstehen, der einen Marktwert von fast 74 Milliarden Euro erreicht.