Über 100 Tote bei Israels Angriffen auf Libanon und Gazastreifen

Reuters · Uhr

Kairo/Beirut (Reuters) - Das israelische Militär hat in der Nacht zu Dienstag sowohl den Libanon als auch den Gazastreifen massiv angegriffen.

Nach Behördenangaben wurden insgesamt weit mehr als 100 Menschen getötet. Im Norden des Gazastreifens seien mindestens 93 Menschen ums Leben gekommen, teilte die palästinensische Gesundheitsbehörde mit. 150 Menschen seien verletzt worden. Unter den Toten sind Medizinern zufolge mindestens 20 Kinder. Ein Wohnhaus in der Stadt Beit Lahija sei getroffen worden. Bei Angriffen auf die Bekaa-Ebene im Osten des Libanons wurden nach Behördenangaben fast 70 Menschen getötet. Rund ein Dutzend Ortschaften seien beschossen worden. Von israelischer Seite gab es weder eine Stellungnahme zu den Angriffen im Libanon noch zu denen im Gazastreifen.

Videoaufnahmen aus Beit Lahija zeigten mehrere in Decken gehüllte Leichen, die vor einem bombardierten vierstöckigen Gebäude auf dem Boden lagen. Weitere Leichen und Überlebende wurden unter den Trümmern hervorgeholt. Nachbarn eilten zur Hilfe. "Es gibt Dutzende Märtyrer", sagte ein Helfer mit Blick auf die Toten. "Dutzende Vertriebene lebten in diesem Haus. Das Haus wurde ohne Vorwarnung bombardiert. Wie Sie sehen können, liegen hier und da Märtyrer, an den Wänden hängen Leichenteile."

Ärzte könnten die Verletzten nicht versorgen, weil sie gezwungen seien, das nahegelegene Kamal-Adwan-Krankenhaus zu evakuieren, erklärte die Gesundheitsbehörde. "Schwerverletzte werden ohne Behandlung ihrem Schicksal erliegen und sterben."

UN WARNEN VOR DRASTISCHEN FOLGEN VON UNRWA-EINSATZVERBOT

Mehr als ein Jahr nach Beginn des Krieges im Gazastreifen, der durch den Angriff der Hamas auf Israel am 07. Oktober 2023 ausgelöst wurde, wird die Lage für die Zivilbevölkerung in dem abgeriegelten Küstengebiet immer dramatischer. Zudem hat Israels Parlament, die Knesset, per Gesetz den Einsatz des UN-Hilfswerks für Palästinenser (UNRWA) auf seinem Territorium untersagt. Die Türkei wirft Israel vor, damit gegen das Völkerrecht zu verstoßen. Es sei das Ziel Israels, vertriebene Palästinenser an der Rückkehr zu hindern. UN-Generalsekretär Antonio Guterres warnte vor "verheerenden Folgen für palästinensische Flüchtlinge", sollte das Gesetz umgesetzt werden. Das wäre inakzeptabel, es gebe keine Alternative zum UNRWA.

Die Internationale Organisation für Migration (IOM) kann das UN-Hilfswerk nicht ersetzen. "Das UNRWA ist für die Menschen im Gazastreifen absolut unverzichtbar", sagte IOM-Generaldirektorin Amy Pope. "Und ich möchte nicht, dass bei irgendjemandem der falsche Eindruck entsteht, dass die IOM diese Rolle spielen kann, denn das können wir nicht." Das Kinderhilfswerk Unicef befürchtet, es könnten noch mehr Kinder sterben.

67 TOTE UND 120 VERLETZTE BEI ANGRIFF BEKAA-EBENE IM LIBANON

Bei den israelischen Angriffen auf die Bekaa-Ebene im Libanon seien 67 Menschen getötet und mehr als 120 verletzt worden, teilte Bezirksgouverneur Bachir Khodor mit. Das sei die höchste Anzahl an Todesopfern in den seit mehr als einem Jahr andauernden Feindseligkeiten. "Das sind nur die Menschen, die aus den Trümmern geborgen wurden, und wir haben noch keine endgültigen Angaben."

Israel hat im vergangenen Monat seine Luftangriffe auf den Libanon verstärkt und erklärt, es ziele auf die Hisbollah-Miliz. Libanesische Behörden, Menschenrechtsgruppen und Bewohner der betroffenen Orte halten dagegen, die Angriffe seien wahllos. Für keine der über Nacht beschossenen Städte wurden vom israelischen Militär Evakuierungsbefehle ausgegeben. Große Teile der Bekaa-Ebene sind Hochburgen der Hisbollah. Diese wählte am Dienstag mit Naim Qassem einen Anführer, der dem am 27. September bei einem israelischen Angriff getöteten Hassan Nasrallah nachfolgt.

Die Hisbollah hat sich solidarisch mit der Hamas erklärt, bei deren Angriff vor mehr als einem Jahr nach israelischen Angaben 1200 Menschen getötet und 250 als Geiseln verschleppt wurden. Noch immer sind rund 100 Menschen in der Gewalt der Hamas. Beide radikalen Organisationen gehören wie unter anderem die Huthi-Rebellen im Jemen zur sogenannten Achse des Widerstandes, die vom Iran geführt wird.

(Bericht von: Nidal Al-Mughrabi, Emma Farge, Maya Gebeily, Laila Bassam, geschrieben von Sabine Ehrhardt; Redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

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