NRW-SPD-Politiker lösen neue Debatte über Scholz als Kanzlerkandidat aus

Rio de Janeiro (Reuters) - Erstmals melden sich in der Debatte über eine Kanzlerkandidatur von Kanzler Olaf Scholz zwei führende SPD-Bundestagsabgeordnete aus Nordrhein-Westfalen mit Zweifeln zu Wort.
"Im Zentrum steht die Frage, was die beste politische Aufstellung jetzt für diese Bundeswahl ist. Dabei hören wir viel Zuspruch für Boris Pistorius", teilten die beiden Vorsitzenden der NRW-SPD-Landesgruppe im Bundestag, Dirk Wiese und Wiebke Esdar, mit und berichten von einer kritischen Debatte in den Wahlkreisen. Sie betonen zudem: "Das aktuelle Ansehen von Bundeskanzler Olaf Scholz ist stark mit der Ampel-Koalition verknüpft. Mit einigem Abstand werden seine Arbeit und seine Entscheidungen für unser Land mit Sicherheit weitaus positiver beurteilt werden." Klar sei, dass "letztlich die Parteigremien über die Frage der Kanzlerkandidatur entscheiden, das ist auch der richtige Ort dafür."
Das Statement ist brisant, weil Esdar Co-Vorsitzende der Gruppe der Parlamentarischen Linken und Wiese der Co-Vorsitzende des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD-Fraktion sind - und löste auch innerhalb der Landesgruppe Empörung aus. "Diese Statement der Vorsitzenden ist nicht in der NRW-Landesgruppe beschlossen worden", sagte der nordrhein-westfälische Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer der Nachrichtenagentur Reuters am Abend. "Es ist missverständlich, schwächt den Bundeskanzler und hat bei den SPD-Bundestagsabgeordneten keine Mehrheit. Ich habe sofort für morgen eine Sondersitzung der NRW-MdBs beantragt."
Zudem stehen die Äußerungen von Wiese und Esdar im Widerspruch zu den Äußerungen der SPD-Parteivorsitzenden, des ebenfalls aus NRW stammenden Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich, sowie des SPD-Generalsekretärs Matthias Miersch, die sich zuletzt alle klar für Scholz ausgesprochen und die Debatte für beendet erklärt hatten.
Ein formaler Nominierungsbeschluss etwa im SPD-Präsidium oder im SPD-Bundesvorstand für Scholz fehlt aber noch. Die Parteispitze wollte damit ursprünglich bis Ende November warten. Klingbeil hatte angedeutet, dass man dies auch vorziehen könne. Seit Tagen gibt es in der SPD sowohl Stimmen, die sich für Boris Pistorius aussprechen, weil sie glauben, dass die SPD mit dem Verteidigungsminister laut Umfragen bessere Chancen hätte. Andere SPD-Politiker sprechen sich dagegen für eine schnellere Nominierung von Scholz aus, um die parteiinterne Debatte zu beenden.
(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)