Scholz und Merz wollen noch Gesetze durchbringen - aber jeweils andere

Reuters · Uhr
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Berlin (Reuters) - Sowohl Bundeskanzler Olaf Scholz als auch Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz haben sich dafür eingesetzt, im Bundestag vor Neuwahlen noch Gesetze durchzubringen.

Allerdings nannten sie dabei unterschiedliche Themen. Oppositionsführer Merz etwa drang am Mittwoch darauf, dass die rotgrüne Minderheitsregierung bis Jahresende noch das Lieferkettengesetz abschafft. Dies hätten sowohl Scholz als auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zugesagt. Scholz wiederum forderte am Abend vor mehreren hundert Wirtschaftsvertretern, dass der Bundestag noch Regelungen für flexibleres Arbeiten im Rentenalter beschließen sollte. Er habe mit dem DIHK und mit anderen Verbänden intensiv auf diese "wirklich wichtige Reform" hingearbeitet, sagt der SPD-Politiker.

Durch den plötzlichen Ampel-Bruch sind etliche Gesetzentwürfe von SPD, Grünen und FDP im Bundestag hängengeblieben sind. Auch Wirtschaftsverbände drängen Regierung und Opposition, etliche für sie wichtige Gesetzesvorhaben noch zu verabschieden. Das Bundeskabinett beschloss zudem am Mittwoch weitere Gesetzesvorhaben, für die die rotgrüne Minderheitsregierung nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Hebestreit nun im Bundestag noch Mehrheiten suchen will.

Dazu gehört beispielsweise ein Maßnahmenbündel, um den Finanzmarkt attraktiver für junge Unternehmen zu machen. Die FDP-Spitze teilte auf Anfrage mit, den Gesetzentwurf erst prüfen zu müssen. Dieser wurde maßgeblich von Ex-Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner erarbeitet, weswegen die Liberalen am Ende geneigt sein könnten, das Vorhaben mitzutragen. Ähnlich ist es mit der Abmilderung der Kalten Progression, die Beschäftige davor bewahren soll, durch eine inflationsbedingt Anhebung ihrer Löhne in eine höhere Steuerklasse zu rutschen. Sowohl FDP als auch Grüne hatten betont, dass sie diesem Projekt zusammen mit der Erhöhung des Kindergelds noch zustimmen könnten.

Eine Mehrheit für Gesetze könnten SPD und Grüne aber auch von der Union bekommen. Unions-Kanzlerkandidat Merz dämpfte aber die Erwartung, dass seine Fraktion noch vielen Gesetzentwürfen der rot-grünen Minderheitsregierung vor der Bundestagswahl am 23. Februar zustimmt. "Jetzt sozusagen last minute noch mal eben so schnell ein paar Dinge zu verabschieden, das wird nicht leicht. Ich will nur darauf hinweisen, wir haben keinen Bundeshaushalt für 2025", sagte Merz im Deutschlandfunk. Ohne diesen Haushalt gehe nicht viel. "Jedenfalls nicht so viel, dass es der deutschen Wirtschaft wirklich dauerhaft hilft."

Skeptisch äußerte sich Merz auch über Pläne von Scholz und Habeck, noch die Stromnetzentgelte für Firmen durch einen Bundeszuschuss zu begrenzen. "Also wir gucken uns das natürlich vorurteilsfrei an, aber ob das tatsächlich möglich ist, daran habe ich Zweifel."

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast, kritisierte den CDU-Chef. "Wo ein Wille ist, ist ein Weg", sagte sie zu Reuters. Merz laufe vor der Verantwortung weg. "Wir brauchen Wachstumsimpulse für Wirtschaft und Arbeit - vor der Bundestagswahl. Es ist schlicht falsch, dass politisch nichts mehr möglich ist. Sich diesen Schritten zu verweigern, ist unverantwortlich", fügte sie hinzu.

Kanzler Scholz wiederum appellierte an die Wirtschaft, sich für das Renten-Gesetz einzusetzen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ermöglichen soll, mit attraktiven Bedingungen auch dann noch weiterarbeiten können, wenn sie ihr Rentenalter erreicht haben. "Diese Maßnahmen der Wachstumsinitiative liegen jetzt im Bundestag. Sie finden breite Unterstützung aus der Wirtschaft, aus vielen Verbänden, aus dem DIHK", betonte der Kanzler. "Und deshalb meine ich, das kann und sollte dieser Bundestag in den kommenden Wochen vielleicht noch beschließen. Denn das ist gut für die Wirtschaft, das ist gut für unsere Unternehmen." Vor allem aber sei es gut für die Bürger, die mit Mitte 60 noch Kraft und Tatendrang hätten.

Ob sich dafür eine Mehrheit findet, ist aber zweifelhaft. Das gilt auch für das Tariftreuegesetz, das das Bundeskabinett am Mittwoch passierte. Danach sollen Unternehmen vom Bund oder von Bundesbehörden nur noch Aufträge bekommen, wenn sie Tariflöhne zahlen. Die Arbeitgeberlobby lehnt das Vorhaben kategorisch ab. Auch Lindner hatte in der Ampel-Regierung den bisherigen Entwurf blockiert.

(Bericht von Andreas Rinke, Christian Krämer, Holger Handen, redigiert von Birgit Mittwollen.)

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