Human Rights Watch: Wasserentzug im Gazastreifen ist Akt des Völkermords

Den Haag (Reuters) - - Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) wirft Israel vor, Tausende Palästinenser im Gazastreifen von der Frischwasserversorgung abzuschneiden und damit einem Genozid immer näher zu kommen.
"Diese Politik stellt auch einen Akt des Völkermords im Sinne der Völkermordkonvention von 1948 dar", erklärte die Organisation am Donnerstag. Um mit Sicherheit von einem Genozid zu sprechen, müsse nachgewiesen werden, dass dieser von den Verantwortlichen in Israel beabsichtigt sei. HRW verwies auf Äußerungen hochrangiger Vertreter der israelischen Regierung, die darauf hindeuten, dass sie "die Palästinenser vernichten wollen".
Die israelische Regierung wies die Vorwürfe zurück. "Die Wahrheit ist das komplette Gegenteil der Lügen von HRW", schrieb das Außenministerium auf der Online-Plattform X. "Seit Beginn des Krieges hat Israel den kontinuierlichen Fluss von Wasser und humanitärer Hilfe in den Gazastreifen erleichtert, obwohl es unter ständigen Angriffen der Hamas-Terrororganisation stand", hieß es in der Erklärung.
In einem 184-seitigen HRW-Bericht heißt es dagegen, die israelische Regierung habe die Wasserzufuhr in den Gazastreifen gestoppt, die Stromversorgung gekappt und die Treibstoff-Lieferungen eingeschränkt. Als Folge könnten Wasser- und Sanitäreinrichtungen nicht genutzt werden. Deswegen hätten die Menschen im Gazastreifen in vielen Bereichen nur Zugang zu wenigen Litern Wasser pro Tag. Dieses liege weit unter dem Schwellenwert von 15 Litern pro Tag, der zum Überleben notwendig sei.
HRW ist die zweite große Menschenrechtsorganisation innerhalb eines Monats, die das Vorgehen Israels im Gazastreifen als Völkermord beschreibt. Auch Amnesty International hatte entsprechende Vorwürfe erhoben. Der Internationale Strafgerichtshof ermittelt gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und seinen ehemaligen Verteidigungsminister Joaw Gallant wegen des Vorwurfs von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Israel hat wiederholt den Vorwurf des Völkermordes zurückgewiesen und zeitgleich betont, dass die Verteidigung nach den Angriffen der radikal-islamischen Palästinenser-Organisation Hamas nach internationalem Recht legitim sei. Seit Beginn des Kriegs im Gazastreifen sind nach palästinensischen Angaben rund 45.100 Menschen in dem Gebiet getötet worden, über 107.000 wurden verletzt. Die meisten der rund 2,3 Millionen Einwohner des Gazastreifens wurden aus ihren Heimen vertrieben. Ein Großteil ihrer Siedlungen liegt in Trümmern.
Die Hamas hatte mit ihrem Überfall auf Israel am 7. Oktober 2023 den Krieg ausgelöst. Bei dem Überraschungsangriff starben nach israelischen Angaben 1200 Menschen, 250 weitere wurden demnach als Geiseln verschleppt. Einige Geiseln kamen inzwischen frei, einige wurden getötet. Noch etwa 100 Geiseln sollen im Gazastreifen sein.
(Bericht von Stephanie van den Berg und Howard Goller, geschrieben von Hans Busemann, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)