Regierung bremst Wadephul nach Ankündigung eines drastisch höheren Wehretat

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- von Andreas Rinke und Sabine Siebold

Berlin/Antalya (Reuters) - Außenminister Johann Wadephul (CDU) hat sich für eine Verteidigungsausgabenquote der Nato-Länder von fünf Prozent im Vergleich zur Wirtschaftsleistung ausgesprochen und damit in Berlin für Aufregung gesorgt.

"Es bleibt bei der Festlegung, dass die Bundesregierung eine Entscheidung über die Höhe der Verteidigungsausgaben nach dem Nato-Gipfel Ende Juni treffen wird", verlautete am Donnerstag aus Regierungskreisen. Auch Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) verwies darauf, dass man dies im Koalitionsvertrag so vereinbart habe. "Ich rate dazu, dass jetzt niemand vorprescht und über Zahlen spekuliert", sagte der SPD-Co-Chef dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Wadephul hatte sich vor einem Treffen der Nato-Außenminister im türkischen Antalya hinter die Vorschläge von US-Präsident Donald Trump und Nato-Generalsekretär Mark Rutte gestellt, dass die Bündnispartner künftig für Verteidigung fünf Prozent ausgeben sollen.

Man stehe voll hinter dem Vorschlag Ruttes, sagte Wadephul auf die Frage, ob man die Forderung nach 3,5 Prozent für direkte Verteidigungsausgaben und 1,5 Prozent für verteidigungsrelevante Infrastruktur bis 2032 unterstütze. Er glaube, dass dies mit der US-Seite abgestimmt sei, sagte der CDU-Politiker.

"Wir werden darüber heute natürlich noch einmal beraten, aber man sollte das Ergebnis sehen, und das Ergebnis sind in der Tat die fünf Prozent, die Präsident Trump gefordert hat", fügte Wadephul hinzu. "Wir folgen ihm da, und wir sehen darin ein klares Bekenntnis der Vereinigten Staaten von Amerika zu Artikel 5 (des Nato-Vertrages)", betonte der Minister in Anspielung auf die Beistandsverpflichtung, die in dem Artikel geregelt ist. Trump hatte zu Beginn seiner zweiten Amtszeit erneut Zweifel gestreut, ob die USA in der Nato bleiben würden und den Mitgliedstaaten vorgeworfen, zu wenig Geld für Verteidigung auszugeben. Die angedachten fünf Prozent erfüllt im Moment kein Nato-Land, auch nicht die USA.

Ob die anderen Nato-Partner den Vorschlag Ruttes mittragen, den dieser zahlreichen Regierungschefs vorgetragen hatte, ist offen. Einige Länder wie Polen haben bereits angekündigt, dass sie 2026 fünf Prozent für Verteidigung ausgeben wollen. Vielen Mitgliedstaaten ist diese Zahl aber zu hoch, zumal einige europäische Verbündete noch nicht die 2014 gesetzte Selbstverpflichtung umgesetzt haben, zwei Prozent auszugeben. Etliche Staaten gerade in Südeuropa haben bereits jetzt große Schuldenprobleme. Auch Kanzler Friedrich Merz hatte Rutte in Brüssel getroffen.

ÄNDERUNG DER SCHULDENBREMSE

Ruttes Vorschlag, die fünf Prozent aufzuteilen, kommt der Bundesregierung entgegen. Zum einen wird eine Anhebung auf 3,5 Prozent bis 2032 für realistisch gehalten, weil es durch die Reform der Schuldenbremse nach der Wahl praktisch keinen Deckel für Kredite für Verteidigungsausgaben mehr gibt. Der Verteidigungshaushalt betrug im vergangenen Jahr 52 Milliarden Euro - aber ohne das Sondervermögen Bundeswehr, das nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine aufgelegt wurde. 3,5 Prozent würden nach heutigem Stand einer Summe von etwa 150,5 Milliarden Euro entsprechen.

Zum anderen hatten Union, SPD und Grüne bei der Reform auch festgelegt, dass durch ein sogenanntes Sondervermögen die Möglichkeit für Kredite von 500 Milliarden Euro für Infrastruktur geschaffen wird. Das Geld fließt auch in die Erneuerung maroder Brücken, Straßen und Schienen, die auch vom Militär genutzt werden können.

Finanzminister Klingbeil verteidigt aber steigende Investitionen in die Bundeswehr. Man müsse jederzeit die Sicherheit Deutschlands gewährleisten können. "Wir dürfen nicht naiv sein gegenüber Russland. Putin bedroht mit dem brutalen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine auch Europa", mahnte Klingbeil. Deutschland müsse vorangehen, um Europas Sicherheit und damit unsere eigene Sicherheit zu stärken.

"Viel relevanter als eine erneute Diskussion um abstrakte Prozentquoten ist doch, dass Deutschland seine militärischen Verpflichtungen innerhalb der Nato erfüllt", sagte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Siemtje Möller zu Reuters. Die konkrete Ausgestaltung dieser Verpflichtungen werde beim Nato-Gipfel im kommenden Monat in Den Haag von den Staats- und Regierungschefs beschlossen. Dann werde Deutschland seinen militärischen Beitrag leisten "– und zwar vollumfänglich", fügte sie hinzu.

Der Grünen-Haushaltsexperte Sebastian Schäfer kritisierte den Kurs der Union in der Haushaltspolitik: "Atemberaubend, wie sie ihre Position verändert haben, obwohl die geopolitische Wirklichkeit sich nicht geändert hat", sagte er im Bundestag.

Wadephul betonte nach einem Gespräch mit US-Außenminister Marco Rubio, dass er "eine fast vollständige Übereinstimmung" in außenpolitischen Positionen zwischen den USA und Deutschland festgestellt habe. "Die Amerikaner sind sehr zufrieden mit dem, was Deutschland leistet", sagte er. "Ich habe gesagt, dass wir bereit sind, in eine Führungsrolle in Europa zu gehen, Vorbild zu sein und andere aufzufordern, uns zu folgen."

(Mitarbeit: Markus Wacket, Christian Krämer, redigiert von Sabine Ehrhardt)

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