Rechter Nawrocki wird Polens neuer Präsident - EU setzt auf Verständigung

Warschau (Reuters) - Der Sieg des rechtsnationalen Politikers Karol Nawrocki in der polnischen Präsidentschaftswahl hat in Europa unterschiedliche Reaktionen ausgelöst: Während sich die Bundesregierung und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorsichtig äußerten und den Willen zur guten Zusammenarbeit mit Nawrocki betonten, bejubelten nationalistische und euroskeptische Politiker den Wahlsieg Nawrockis.
Der umstrittene ungarische Ministerpräsident Viktor Orban sprach von einem "fantastischen Sieg". Der Wert der polnischen Aktien gab am Montag nach.
Der EU- und Deutschland-kritische Nawrocki kam bei der Wahl auf 50,89 Prozent der Stimmen. Auf den proeuropäischen Regierungskandidaten, den liberalen Warschauer Bürgermeister Rafal Trzaskowski, entfielen 49,11 Prozent. In Polen kann der Präsident Reformvorhaben der Regierung per Veto blockieren, weshalb etwa der Polen-Beauftragte der Bundesregierung, Knut Abraham, eine Lähmung der Reformpolitik des europafreundlichen Ministerpräsidenten Donald Tusk fürchtet. Nawrocki wurde auch von der rechtsnationalen Oppositionspartei PiS unterstützt. Er lag vor allem in den ländlichen Gebieten vorne, während Trzaskowski in den Großstädten mehr Stimmen bekam.
Der 42-jährige Nawrocki, ein Historiker, der ein nationales Gedenkinstitut leitete, versprach in seinem Wahlkampf, dass Polen gegenüber anderen Nationalitäten bevorzugt werden, einschließlich der Flüchtlinge aus der benachbarten Ukraine. EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen sprach am Montag dennoch davon, dass sie mit einer "sehr guten" Zusammenarbeit rechne. Die nationalkonservative PiS hatte in ihrer Regierungszeit bis 2023 mit umstrittenen Justiz- und Medienreformen dafür gesorgt, dass Polen im Dauerstreit mit der Kommission über EU-Rechtsstaatsstandards lag. Der bisherige polnische Präsident Andrzej Duda (PiS) hatte etliche Reformvorhaben von Ministerpräsident Tusk gestoppt.
Die Bundesregierung setzt dennoch auf ein weiter gutes Verhältnis zum östlichen Nachbarn. Deutschland und Polen seien enge Nachbarn und Verbündete in EU und Nato, sagte Regierungssprecher Stefan Kornelius Montag in Berlin. "In diesem Bewusstsein erwarten wir auch, (...) mit dem neuen polnischen Präsidenten künftig zusammenarbeiten können." Der Regierungssprecher betonte, dass die Bundesregierung "felsenfest" an dem Weimarer Dreieck, also der engen Zusammenarbeit Deutschlands, Frankreichs und Polens, festhalten wolle. "Wir hoffen, dass, wenn der Wahlkampf jetzt vorbei ist, auch wieder ein bisschen Gelassenheit und Vernunft einzieht und der Blick auf Deutschland wieder an Sachthemen gemessen wird."
Der Polen-Beauftragte Abraham verwies auf die Spaltung in der polnischen Wählerschaft. Innenpolitisch bedeute dies in Polen eine "sehr, sehr schwierige" Lage, sagte er im Radiosender rbb. Große Auswirkungen auf Deutschland erwartet Abraham aber nicht. Er verwies darauf, dass es bereits mit Duda einen deutschlandkritischen und auf Amerika fixierten Staatspräsidenten gegeben habe. Die Tonalität könnte etwas "unharmonischer" werden. "Die Hauptkoordinaten bleiben aber auch für Präsident Nawrocki klar: Polen wird fest in der Europäischen Union verankert bleiben, wird sich auf die Nato konzentrieren und auch die Ukraine weiter unterstützen."
Der CDU-Politiker Paul Ziemiak sagte im Deutschlandfunk, dass er einen nationalistischen Kurs Nawrockis erwarte. Sein Ziel sei wahrscheinlich, die abgewählte PiS möglicherweise durch vorgezogene Parlamentswahlen wieder an die Macht zu bringen. Die Linke warf Kanzler Friedrich Merz vor, dass er mit seiner Migrationspolitik und Zurückweisungen an den Grenzen selbst zum Wahlsieg Nawrockis beigetragen habe.
(Bericht von Barbara Erling, Anna Magdalena Lubowicka, Andreas Rinke, Nikhil Sharma; redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)