Russland-Ukraine-Gespräche nach knapp einer Stunde beendet

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Istanbul (Reuters) - Eine zweite Runde von Friedensgesprächen zwischen Russland und der Ukraine in Istanbul ist am Montag nach kaum einer Stunde zu Ende gegangen.
Dies teilten türkische Regierungsvertreter mit. Nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministers und Delegationsleiters Rustem Umerow vereinbarten beide Seiten einen weiteren Austausch von Kriegsgefangenen mit Fokus auf Schwerverletzte und junge Menschen.
Der Stabschef des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj teilte mit, die ukrainische Delegation habe während der Gespräche Russland eine Liste deportierter Kinder übergeben, um sie wieder in ihre Heimat bringen zu lassen. Ukrainischen Angaben zufolge wurden Hunderte von Kindern gewaltsam von russischen Streitkräften aus ukrainischem Gebiet verschleppt. Sie sollen im Rahmen eines Friedensabkommens zurückkehren. Moskau hingegen erklärt, die Kinder seien zum Schutz vor den Kämpfen umgesiedelt worden.
Die Gespräche in Istanbul begannen fast zwei Stunden später als geplant. Eine Erklärung für die Verzögerung gab es nicht. Das Treffen fand einen Tag nach einem massiven ukrainischen Drohnenangriff auf russische atomwaffenfähige Langstreckenbomber in Sibirien und anderen Regionen statt. Einflussreiche russische Kriegsblogger forderten die Regierung in Moskau zu einem harten Vergeltungsschlag auf. Die getroffenen Bomber sind ein Schlüsselfaktor im russischen nuklearen Arsenal. Öffentlich zugängliche Satellitenbilder zeigten, dass Russland erhebliche materielle Verluste erlitt.
"DIE AUGEN DER GANZEN WELT"
Vor Beginn der zweiten Gesprächsrunde sagte der türkische Außenminister Hakan Fidan als Gastgeber: "Die Augen der ganzen Welt sind auf die Kontakte hier gerichtet." Die russische und die ukrainische Delegation saßen sich im Ciragan-Palast am Bosporus gegenüber. Fidan erklärte, Ziel des Treffens sei es, die Bedingungen für einen Waffenstillstand zu bewerten und ein mögliches Treffen zwischen den Präsidenten zu besprechen. Weitere Details über die Gespräche vom Montag waren zunächst nicht verfügbar.
Aus ukrainischen Verhandlungskreisen verlautete, man sei bereit, echte Schritte zu einem Frieden zu unternehmen. Russland müsse aber Bereitschaft zu Fortschritten zeigen, "anstatt nur die gleichen früheren Ultimaten zu wiederholen". Die russische Delegation wird geleitet von dem Kreml-Berater Wladimir Medinski. Seinen Worten zufolge hat Russland vor den Gesprächen den ukrainischen Entwurf eines Memorandums für ein Friedensabkommen erhalten. Ob auch die Ukraine ein entsprechendes russisches Memorandum erhalten hat, blieb zunächst offen.
"DAS IST UNSER BEITRAG"
In Istanbul befanden sich zudem ranghohe Vertreter europäischer Staaten, darunter auch Deutschlands. "Die europäischen Partner sind ... auf der Ebene der außen- und sicherheitspolitischen Berater in Istanbul", sagte Regierungssprecher Stefan Kornelius in Berlin. Diese könnten sich in die Gespräche einbringen, wenn dies gewollt sei. "Und das ist unser Beitrag, auch um zu zeigen, dass es sich hier auch um den festen Willen Europas handelt, einen Waffenstillstand herbeizuführen."
Bei ihrer ersten Gesprächsrunde in Istanbul am 16. Mai hatten beide Seiten den größten Gefangenenaustausch des Krieges von jeweils 1000 vereinbart. In der Frage einer Waffenruhe gab es indes keine Annäherung. Beide Seiten legten lediglich ihre Ausgangspositionen für Verhandlungen dar. Die Regierung in Kiew wertet die bislang geäußerten Forderungen Russlands als eine inakzeptable Aufforderung zur Kapitulation.
(Bericht von Vladimir Soldatkin, Tom Balmforth und Huseyin Hayatsever, Mitarbeit Andreas Rinke; Bearbeitet von Alexander Ratz; Redigiert von Sabine Ehrhardt; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)